Netphen. „Netphi“, viel Grün und keine Autos. Master-Studierende stellen ihre Entwürfe für die Netphener Innenstadt zur Diskussion. Bürger sind gefragt.

Jeder Entwurf hat gute Ideen.
Ilka Rosenthal, Stadtplanerin

Eine Eisbahn vom Hufeisenplatz bis an die Sieg? Große Seen auf dem Hufeisenplatz und dem Rathausplatz? Holzglaskästen mit Tisch und Stuhl als Arbeitsplatz mitten in der Stadt? Angehende Städtebauer haben ihre Phantasie spielen lassen. „Das ist nicht alles umsetzbar“, beruhigt Beigeordneter Andreas Fresen. „Aber jeder Entwurf hat gute Ideen“, findet Stadtplanerin Ilka Rosenthal. Sieben Entwürfe von Siegener Master-Studierenden, die den Innenstadt-Rahmenplan konkreter machen sollen, hat eine Jury unter Vorsitz von Prof. Thorsten Erl begutachtet. Nun sind die Bürgerinnen und Bürger an der Reihe: Unter dem Motto „Netphen mittendrin“ sind Pläne und Modelle bis 8. März im kleinen Sitzungssaal des Rathauses ausgestellt. Stifte, Zettel und Klebepunkte liegen bereit – Kommentierungen sind ausdrücklich erwünscht.

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Das sind die Entwürfe

Erster Preis – Cross Unit: „Innerstädtische Verknüpfungen“ sind das Thema dieses Entwurfs, dessen Verfasser und Verfasserinnen wie bei allen anderen Entwürfen anonym bleiben – bis zur Sitzung des Hauptausschusses am 16. April, bei der die Sieger geehrt werden. Erkennungsmerkmal sollen ein einheitlicher Bodenbelag und „Netphi“ sein, ein Sitzmöbel mit unverwechselbarer Formgebung, das sich überall im Innenstadtbereich wiederfindet. Autos werden weitgehend verbannt, fast alle Entwürfe machen die Bahnhofstraße zur Sackgasse und ziehen den Hufeisenpark bis an die Sieg heran. Aus der Lahnstraße wird die „Lahnallee“ mit Schnellradweg. Das Parkhaus bekommt ein „Joy Roof“ auf dem dritten Deck, einen Spiel- und Sportplatz. das Ganze heißt dann „Park‘n‘Play“. Der Rathausplatz wird Klimagarten mit Freilichtbühne. Im Hufeisenpark sind Forschungsgarten und – in den beiden nicht abgerissenen Wohnhäusern – Reallabore und Arbeitsplätze angesiedelt. Gefallen finden die Lichterketten über der Talstraße, eine gefühlte Überdachung, „die nicht viel kostet“, sagt Andreas Fresen. Am Abbruch der beiden Häuser werde die Stadt allerdings festhalten, auch am Rathausplatz als Parkplatz und einer weiterhin befahrbaren Bahnhofstraße. Andreas Fresen: „Man kann den Fußgängern Vorrang einräumen.“

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Erster Preis –Wildes Netphen: Das wilde Netphen ist vor allem grün, lässt den an den Hufeisenpark anschließenden Bereich Richtung Siegufer in eine „Stadtwildnis“ übergehen. „Animal Aided Design“ meint, dass auch für Tiere Lebensraum geschaffen wird. Es gibt Treffpunkte mit Gastronomie, es gibt kleine Wäldchen und Gartenforen für Begegnungen und zum Gemeinschaftsgärtnern. Zumindest eines der beiden inzwischen leer stehenden Wohnhäuser im Hufeisenpark bleibt stehen, wie in einigen anderen Entwürfen auch.

Green Center: Der Entwurf zeichnet sich durch Seen auf den Plätzen und ein Rasendach auf dem Parkhaus aus. 
Green Center: Der Entwurf zeichnet sich durch Seen auf den Plätzen und ein Rasendach auf dem Parkhaus aus.  © WP | Steffen Schwab

Anerkennung – Netphen grün vernetzt: Besonderheit ist die unterirdische Zisterne unter einem Brunnen auf dem Hufeisenplatz, das das viele Wasser vom Dauerregen speichert und in den langen Trockenzeiten wieder abgibt. Auf dem Dach des Parkdecks entsteht ein Park mit Pavillons zum Unterstellen. „Ein attraktiver Ort für Menschen, die Ruhe und den Ausblick genießen wollen“, heißt es in der Beschreibung. Die grüne und autofreie Innenstadt, beobachtet Ilka Rosenthal, „zieht sich durch alle Entwürfe“. Von einem „Blick ins Übermorgen“ habe denn auch Juryvorsitzender Thorsten Erl gesprochen.

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Netphen im Wandel: Dieser Entwurf lässt Pflanzen sprechen: Der Hufeisenplatz wird „Frühlingsraum“, der Rathausplatz „Sommerraum“, der Hufeisenpark „Herbstraum“ und der Netto-Parkplatz „Winterraum“. Jede Jahreszeit hat so ihre Blütezeit, immer an anderen Stellen im Zentrum, auf den Plätzen und auf den zugehörigen Fassaden.

"Grün vernetzt" bekommt einen Anerkennungspreis: Unter dem Hufeisenplatz-Brunnen soll eine Zisterne Wasser speichern. © WP | Steffen Schwab

Social Netphen: Ein Café an der Sieg, eine Baumallee an der Amtsstraße, ein grüner Hufeisenplatz mit Spielplatz, das obere Rewe-Parkdeck als Freizeitbereich mit Skaterpark – „ein Ort der Begegnung, an dem Jung und Alt zusammenkommen können“. Glas-Kuben auf dem Hufeisenplatz beherbergen (öffentliche) Arbeitsplätze.

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The Green Center: Kleine Seen auf dem Hufeisen- und Rathausplatz, eine „Eventwiese“ mit Bühne an der Sieg – „ein grünes, klimafreundliches und ruhigeres Zentrum für alle Generationen“.

"Auf und Ab" verbindet die Plätze und die Sieg mit Wasserwegen, die - im Winter zugefroren - Spielfläche für Eishockey werden, © WP | Steffen Schwab

Auf und Ab durch Netphen: Wasserwege zur Sieg, im Winter Eishockey-Pisten, durchziehen das Zentrum, ein Wasserfall plätschert von der Rewe-Fassade herunter. Auf dem Rathausplatz befinden sich Arbeits- statt Parkplätze: Holzboxen mit Stromanschluss über das Photovoltaikdach. Der Wochenmarkt wandert auf den Parkplatz zwischen Tedi und Netto. „Zu viel Wasser“, findet Andreas Fresen.

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So geht es weiter

Im Dezember 2022 hat der Rat den Rahmenplan für die Stadtmitte verabschiedet. Darauf baut das „integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept“ (ISEK) auf, das 24 Maßnahmen für sechs Bereiche vorsieht: Innenstadt, Freizeitpark, Niedernetphen (mit Petersplatz und Weylandstift), „Schulberg“ (Gymnasium und vielleicht neue Grundschule), Obernetphen und Georg-Heimann-Halle. In dieser Reihenfolge will die Stadt ihr ISEK umsetzen; dafür hat sie vom ersten Förderjahr an zehn Jahre Zeit, nach jetzigem Stand also bis 2035. Beginnen will die Stadt mit dem Bereich Innenstadt, zu dem Hufeisenplatz, der künftige Hufeisenpark zwischen Tal- und Bahnhofstraße, Rathausplatz, die „Keilergasse“ zwischen Lahnstraße und Hufeisenplatz, Siegufer und Talstraßen-Allee gehören. Für diesen Bereich hat die Stadt den Studierendenwettbewerb ausgeschrieben.

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Der Hufeisenpark, heute noch mit zwei leer stehenden Wohnhäusern bebaut, verbindet Hufeisenplatz und Siegufer.
Der Hufeisenpark, heute noch mit zwei leer stehenden Wohnhäusern bebaut, verbindet Hufeisenplatz und Siegufer. © WP | Steffen Schwab

Eigentlich wollte die Stadt schon weiter sein, am 31. Oktober 2023 den Antrag auf Städtebauförderungsmittel gestellt haben und in diesem Jahr loslegen. „Wir hätten das geschafft – aber dann kam der Cyberangriff“, berichtet Ilka Rosenthal. Die Verlängerung der Antragsfrist bis zum 31. Januar nützte der Stadt nicht viel. Zu viele andere Kommunen hatten sich mit ihren Projekten ebenfalls ins Rennen begeben. Neue Zielmarke ist der 30. September 2024. Bis dahin soll der Innenstadt-Plan stehen.

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