Siegen. Ein Dirigent, der auch Entertainer ist, eine Philharmonie, die am Ende zur Rockband wird: Musik aus Filmen bietet alles.

„Filmmusik? Da müsste mir das Wasser bis zum Hals stehen“, soll Dimitri Schostakowitsch einst gesagt haben, als er gefragt wurde, ob er nicht mit dem Klavier Stummfilme untermalen könnte. Doch das ist hundert Jahre her. Wenn dieser große russische Komponist erlebt hätte, wie lebendig, unterhaltsam und mitreißend die heimische Philharmonie und ihr Dirigent Johannes Klumpp diese inzwischen zur Kunstform gewordene Musik in Siegens guter Stube, dem Apollo-Theater, zelebrieren: Dieser Satz wäre nie über seine Lippen gekommen. Und ganz nebenbei: Schostakowitsch selbst hat später Filmmusik geschaffen und der große Regisseur Stanley Kubrick den Walzer Nr. 2 des Komponisten zum Leitmotiv für sein filmisches Meisterwerk „Eyes Wide Shut“ ausgewählt.

Der mit dem Orchester tanzt

Trommelwirbel, Fanfarenklänge, Marschmusik. „Meuterei auf der Bounty“, in dem Marlon Brando einst den aufmüpfigen, weil verliebten Matrosen darstellt, haben sicherlich die wenigsten Besucher schon aus Altersgründen - der Film wurde 1962 veröffentlicht - auf der Kinoleinwand gesehen. Aber die Musik, mitreißend vorgestellt vom Dirigenten Johannes Klumpp, hilft ihnen, ihr Kopfkino einzuschalten. Zumal die Philharmoniker auch beim sechsten Konzert innerhalb von sieben Tagen noch so taufrisch wirken wie beim ersten Mal.

Kevin Costner und ich waren Freunde, bis der mir Whitney Houston wegschnappte.
Johannes Klumpp, Dirigent

„Die fünf Konzerte vorher waren für uns nur das Warmspielen für den heutigen letzten Abend“, erklärt Klumpp schmunzelnd. Andere Filme wie „Die glorreichen Sieben“ oder „Der mit dem Wolf tanzt“ sind da schon bekannter, weil neueren Datums. „Kevin Costner und ich waren Freunde, bis der mir Whitney Houston wegschnappte“, gesteht der Dirigent, der dann selbst erstmals seiner Bewegungsfreude freien Lauf lässt und mit seinem Orchester tanzt.

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Ennio Morricone und John Williams, Leonardo di Caprio und Tom Hanks

Wer Filmmusik zelebriert, kommt an zwei der ganz Großen der Filmkomponisten nicht vorbei: John Williams, auch mit inzwischen 92 Jahren noch tonschöpferisch aktiv. „Star Treck“ gehört zu seinen ganz bekannten musikalischen Aushängeschildern. Seine Musik zu „Catch me, if you can“, in dem Leonardo Di Caprio und Tom Hanks ein unvergessliches komödiantisches Katz- und Maus-Spiel hinlegen, wird zu einem der absoluten Höhepunkte des Abends. Ein Jazz-Trio, bestehend aus Vibrafon, Saxofon und Bass, spielt die erste Geige und die Philharmoniker zeigen, dass sie auch einen zarten Klangteppich für diese großartigen Solisten leben können: Für diese „Leise-Stärke“ hat das Orchester drei Sterne verdient. Und kann voller Stolz noch viele ihrer Musiker als Solisten präsentieren: Am Klavier, Oboe, Klarinette, Flöte, Geige … und schön, dass diese Musikerinnen und Musiker auch optisch hervorgehoben werden.

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Die Lichttechnik trägt zum überragenden Gesamtbild des Abends bei. Im Reigen der Film-Komponisten darf natürlich Ennio Morricone nicht fehlen, der nahezu alle Filme seines Schulfreundes Sergio Leone mit seiner Musik veredelt hat: Ob „Für eine Handvoll Dollar“, „Zwei glorreiche Halunken“, oder „Spiel mir das Lied vom Tod“: Filmische Ohrwürmer in knapp zehn Minuten zusammengefasst, einschließlich des wiehernden Pferdes.

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Winnetou und Fluch der Karibik

Sind da noch Steigerungen möglich? Klar: Bei den Zugaben ändert sich noch mal alles: „Winnetou“-Kitsch, den Johannes Klumpp perfekt persifliert, „Fluch der Karibik“, bei dem die Philharmonie zur Big Band wird und als absoluter Knaller: „Everybody needs somebody“ aus dem Film „Blues Brothers“. Da verwandelt sich der Dirigent singend und tanzend in John Belushi und Dan Akroyd und die Philharmonie Südwestfalen erstmals in ihrer glorreichen Geschichte zu einer Rockband. Der Saal tobt.

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