Fellinghausen. Daniel Ridder aus Gerlingen ist ein echter Star. Mit seiner Tuba ist er weltweit erfolgreich. Er redet über ein unterschätztes Instrument.

Die ersten Töne auf der Tuba, die die kleine Hundedame Lotte in ihrem noch jungen Leben gehört hat, hätten den acht Wochen alten Welpen schon etwas irritiert, erzählt Herrchen Daniel Ridder. Der putzige, kleine Langhaardackel gehört noch nicht lange zur Familie. Ihren Vorgänger, erzählt der Musiker, hätten er und seine Frau Sonja im November leider einschläfern müssen. Lotte tapst über den Boden des Wohnzimmers, erkundet ihr neues Zuhause und auch die Besucherin wird beschnuppert. Eine Piccoloflöte würde eher zu dem süßen Hündchen passen, aber das Herrchen spielt nun einmal die Tuba – und das ausgezeichnet.

Ausgezeichnet wurde auch die Tuba, nämlich als Instrument des Jahres 2024. Daniel Ridder, gebürtiger Sauerländer aus Gerlingen, ist weit über das Sauer- und Siegerland – er wohnt seit sieben Jahren in einem Eigenheim in Fellinghausen – ein bekannter und gefragter Tubist. Außerdem ist er ein leidenschaftlicher Sammler seines Instruments und kennt sich auch mit dessen Geschichte bestens aus. Wer, wenn nicht der Berufsmusiker der Bundeswehr, könnte eine Lanze für die Tuba brechen, die ansonsten eher unauffällig und wenig beachtet ihr Dasein in einem Ensemble fristet.

Was der Bass ist für eine Band, ist die Tuba für ein Blasorchester – „wir legen den Teppich“, sagt Ridder. Dass seinem Instrument eher selten der rote Teppich ausgerollt wird und meist die Trompeter mit Soli glänzen – das stört den 41-Jährigen nicht sonderlich. Zumal er alle Register zieht, um die Tuba einem breiteren Publikum bekannt zu machen und zu zeigen, was mit diesem unterschätzten Instrument alles möglich ist. Er hat eine CD – Tuba und Harfe – schon veröffentlicht, in Kürze folgt die zweite, Tuba und Orchester, mit Stücken, die Komponisten rund um den Globus, wie beispielsweise der heimische Komponist Alexander Reuber aus Olpe, eigens für ihn und „sein“ Instrument geschrieben haben. „Tuba total, das ist mein Motto“, sagt er. Denn auf der Tuba könne man alles spielen, Klassik, Jazz, alles sei möglich, auch virtuelle Stellen, die kaum einer diesem so behäbig oder, wie es Ridder formuliert, eher träge erscheinenden Instrument zutraue. „Man muss es halt können“, sagt er.

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Und er kann es, davon zeugt seine Vita. Denn wer Einladungen aus aller Welt erhält, um solistisch aufzutreten, in Orchestern mitzuspielen oder zu unterrichten, der muss schon ein Meister seines Fachs sein. Bei Jugend musiziert hat er einen Preis gewonnen und auch den Bestpreis beim Abschluss des Ausbildungsmusikkorps. Zuletzt war er auf Einladung in Monaco, er war in Spanien, in Brasilien, er tritt auf, hält Workshops ab, unterrichtet als Dozent Meisterkurse an der Musikhochschule in L‘ Aquila, in den italienischen Abruzzen. Demnächst reist Ridder in die USA, wo im Bundesstaat Oklahoma eine Konferenz für Tuba und Euphonium stattfindet. „Das Netzwerk der Tubisten ist sehr eng und sehr gut“, sagt er.

Auf Erfolge und Anerkennung bildet er sich nichts ein, Ridder ist ein bescheidener und sachlicher Typ, ausgeglichen, auch in dieser Hinsicht ein typischer Tubist. Eine Konzertreise nach Norwegen wird er mit einem Urlaub mit Ehefrau Sonja (36) verbinden. In seiner Freizeit geht der Musiker spazieren oder auch mal laufen. Sein beruflicher Alltag gehört der Militärmusik. Im Rang eines Stabfeldwebels spielt Ridder im Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg, ein interessanter und abwechslungsreicher Beruf. Das Orchester springt schon mal für die Kollegen aus Berlin ein, wenn es darum geht, beispielsweise bei Staatsempfängen Politiker aus dem Ausland mit, wie es immer im Fernsehen so schön heißt, militärischen Ehren zu empfangen. Zuletzt war das für den Sauerländer und seine Kollegen beim Empfang des neuen französischen Premierministers der Fall. Musik hat für Ridder schon immer eine große Rolle gespielt.

Angefangen hat die Leidenschaft im Musikverein in seinem Heimatort Gerlingen, wo er als Jugendlicher zuerst Posaune lernte. „Danach“, erzählt er, „begann der Abstieg“, sagt er und fügt lachend hinzu: „Schreiben Sie das genauso.“ Der „Abstieg“ zur Tuba – als dem tatsächlich tiefsten Blasinstrument. Es seien genau diese tiefen Töne gewesen, die ihm am Musizieren mit der Tuba gefallen haben, erzählt er – „wir sind im Orchester für das gesamte Bassfundament zuständig, das fand ich interessant.“ So interessant, dass er, angeregt durch das Spielen im Musikverein und dem Unterricht in der Musikschule, mit dem Musikstudium beginnt, zunächst Bass-Posaune, dann wechselt er zur Tuba.

Während des Studiums an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf habe sich ihm „die große Welt der Musik eröffnet und dadurch wurde es immer interessanter.“ Schon während des Studiums spielt er „seine“ Tuba in Konzerten mit sinfonischen Orchestern – „das war super“. 2009 macht er sein Diplom. Für sein Instrument braucht er im wahren Sinn des Wortes einen langen Atem – „das Rohr ist größer als bei einer Trompete, fast einen Zentimeter“, sagt er und deutet es mit gespreizten Fingern an. Dadurch sei es mit dem Instrument möglich, extrem tiefe Lagen zu spielen – „wie es der Organist an der Orgel mit den Pedalen macht.“

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Musik auf diesem Niveau sei „Spitzensport“, setze tägliches Üben voraus, mit der Bass-Tuba und der Kontrabass-Tuba. Lotte wird sich an das tägliche Training ihres Herrchens gewöhnen müssen. Das Wohnzimmer aber ist bewusst eine „freie Zone“, betont Ridder, keine Instrumente, keine Noten, nur Spielzeug für den Hund, denn der Welpe will beschäftigt werden. Über die Treppe geht es deshalb nach unten, in den Keller, ins Musikzimmer – ein Abstieg, um zu üben. Und um zu staunen, denn dort stehen die gesammelten Tuba-Instrumente in Reih und Glied, 120 an der Zahl, aus Messing mit unterschiedlichem Kupferanteil, sodass manche Tuben rötlich erscheinen.

Es ist ein beeindruckendes Bild, Ridder übt inmitten seiner Sammlung und genau das ist ein starkes Symbol für seine Leidenschaft für die Musik. Und beeindruckend ist auch, was der Sauerländer alles über sein Instrument zu erzählen weiß. „Die Tuba ist ein vergleichbar noch junges Instrument, 1835 entwickelt, aus der praktischen Idee heraus, dass man ein Bassinstrument für die Blasmusik, sprich Militärmusik, braucht“, plaudert Ridder aus dem Nähkästchen. Ein besonderes Stück seiner Sammlung ist ein Vorläufer der Tuba, eine Ophikleide aus dem Jahr 1817. Es gebe nicht viel Fachliteratur über die Tuba, sagt der Herr der Tuben, so hat er selbst viel recherchiert.

Lernt Tuba, geht in die Musikschulen und nehmt Unterricht.
Daniel Ridder

Der Berufsmusiker gibt sein Wissen und seine Erfahrung gerne weiter, in Übungsheften, aber auch als, wie er es salopp formuliert, als „Hobby-Dirigent“, derzeit als Leiter des Siegener Blasorchesters, mit dem er auch bei der 800-Jahrfeier der Stadt Siegen mitwirken wird. Wer ihn vorab Tuba spielen hören möchte, kann dies in den sozialen Medien und auch über einen eigenen YouTube-Kanal. Wie beispielsweise ein Tischtennisspieler eine bestimmte Schlägermarke bevorzugt, so ist auch Ridder Repräsentant einer bestimmten Marke, nämlich des US-Herstellers Andreas Eastman. Dass die Tuba Instrument des Jahres 2024, darin sieht der Profi durchaus eine Chance, sein Instrument noch stärker repräsentieren zu können. Sein Appell an junge Leute lautet: „Lernt Tuba, geht in die Musikschulen und nehmt Unterricht.“ Wenn er ein Werk aussuchen sollte, um eine verblüffende Reaktion auf die Tuba zu erzeugen, würde er sich für das Stück „Fnugg“ des Norwegers Øystein Baadsvik entscheiden – „weil hier Didgeriddo ähnliche Töne erzeugt werden.“ Wie Lotte das wohl finden würde.