Siegerland. Das Gesundheitsministerium verspricht viele Vorteile beim E-Rezept, Apotheker aus Siegen berichten verschiedenes. Ältere Menschen haben Probleme.

Eine Stunde wartet die Frau am Montagmorgen in der Siegener Engel-Apotheke warten, bis sie ihr E-Rezept einlösen darf. Sie ist nicht die einzige, die seit der Einführung des elektronischen Rezepts, seit Anfang Januar, lange auf ihre Medikamente warten muss oder ganz leer ausgeht. Besonders ältere Patienten haben Schwierigkeiten mit der digitalen Umstellung und stoßen auf Hürden und Unverständnis. „Ich kann mir vorstellen, dass der Anfang holprig ist. Bei mir privat gab es bislang keine Probleme“, sagt der erste Vorsitzende des Seniorenbeirats Siegen, Armin Maxeiner.

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Das Bundesgesundheitsministerium verspricht auf seiner Homepage viele Vorteile und Komfort für Versicherte, zum Beispiel weniger Wege in die Arztpraxis oder vereinfachte Möglichkeiten bei der Rezepteinlösung. Auf Rückfrage dieser Zeitung haben einige Apotheker aus Siegen die Lage der elektronischen Rezepte bewertet. Es hat sich herausgestellt, dass kleinere Abweichungen in Praxisabläufen große Auswirkungen auf die Bereitstellung der Medikamente für die Patienten haben können.

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Nachdem man sich einen PIN-Code bei seiner Krankenkasse eingerichtet hat, kann man seine digitale Medikamentenverschreibung per App verwalten und an seine gewünschte Apotheke weiterleiten. Was einerseits sehr einfach und vorteilhaft klingt, bringt auf der anderen Seite auch einige Probleme mit sich, wie einige Apotheker aus dem Siegerland berichten.

Praxen verschieden organisiert

„Man muss sagen, dass wir anfangs einige Startschwierigkeiten verzeichnet haben, eine Katastrophe war es aber nicht“, berichtet Dr. Gero von Fircks, der Apothekensprecher in Siegen-Wittgenstein. Eins der Probleme sei die Signatur der Rezepte innerhalb einiger Praxen. Meist geschehe dies sofort, sodass die Patienten unmittelbar nach dem Arztbesuch ihre Medikamente in der Apotheke abholen können. Zahlreich würden Praxen dem aber nur alle paar Stunden oder am Abend nachkommen, sodass Erkrankte beim Apothekenbesuch leer ausgehen. Die Organisation seitens der Praxen müsse angepasst werden.

Apothekerin Siwar Bitro steckt die Gesundheitskarte in der Engel-Apotheke ein, um Medikamente an Patienten in Siegen herausgeben zu können.
Apothekerin Siwar Bitro steckt die Gesundheitskarte in der Engel-Apotheke ein, um Medikamente an Patienten in Siegen herausgeben zu können. © Siegen | Jan Weber

„Momentan ist alles noch etwas gewöhnungsbedürftig, vor allem für ältere Patienten. Es entsteht Unklarheit, weil man nicht mehr wie früher auf dem Ausdruck sehen kann, welche Medikamente abgeholt werden, sondern dies erst in der Apotheke sieht“, weiß Dr. Gero von Fircks, „dabei kommt es vor, dass manche Arzneimittel nicht mehr unter derselben Nummer im System laufen und vorerst nicht abrechenbar sind.“ Die Folge: Auch diese Patienten verlassen die Apotheke erst einmal mit leeren Händen.

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Testphase im Siegerland

Es gebe bei den Patienten auch viel Verunsicherung im Hinblick auf das E-Rezept, da sie die abzuholenden Medikamente vor dem Besuch der Apotheke nicht mehr kontrollieren können. Alles in allem sieht er einen holprigen Start, der sich mit der Zeit in einen effizienteren und komfortableren Prozess entwickeln wird. Über 250 Arztpraxen im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) haben das elektronische Rezept seit knapp anderthalb Jahren getestet, darunter auch viele aus dem Siegerland.

Man muss sagen, dass wir anfangs einige Startschwierigkeiten verzeichnet haben, eine Katastrophe war es aber nicht.
Dr. Gero von Fricks

„Wir haben zu Beginn mehrfach beobachtet, dass wir unseren Kunden zeitweise nichts herausgeben dürfen. Es wird aber immer besser. Für ältere Patienten ist die Umstellung auf die Gesundheitskarte aber noch echt schwierig“, sagt Anette Miss, pharmazeutisch-technische Assistentin in der Engel-Apotheke am Siegener Bahnhof. Für Senioren sei die Umstellung von Papierscheinen aufs Digitale besonders ungewöhnlich. Die Mitarbeiter der Apotheke bieten an, bei der Umstellung zu helfen. Neben dem Nutzen der elektronischen Gesundheitskarte lässt sich auch die E-Rezept-App nutzen oder es kann auf einen Ausdruck mit QR-Code zurückgegriffen werden.

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Es soll einfacher werden

„Abläufe und Anwendungen im Zusammenspiel von Arztpraxen, Apotheken und Versicherten müssen sich mancherorts noch einspielen. Die Technik muss funktionieren und das E-Rezept sollte möglichst direkt in den Arztpraxen digital signiert werden“, sagt Stefan Kuster, Pressesprecher der KVWL. Wünschenswert sei zukünftig ein niedrigschwelligeres Angebot für alle, eine lückenlose Verfügbarkeit von technischen Diensten, um Störungen schnellstmöglich an Praxen- und Apothekensysteme kommunizieren zu können sowie eine Informationsoffensive der Krankenkassen, die möglichst alle Versicherten erreicht. Bundesweit wurden bislang über 68 Millionen E-Rezepte eingelöst, davon alleine im Januar 34 Millionen Stück. Damit die Handhabung in Zukunft noch einfacher wird, soll das E-Rezept in die Apps der Krankenkassen integriert werden.

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