Kaan-Marienborn. Vor zwölf Jahren sollte die Weißtalhalle in Kaan-Marienborn verkauft oder abgerissen werden. Heute ist sie runderneuert und meistens ausgebucht.

Montag und Dienstag Parteiveranstaltungen, Donnerstag und Freitag Feuerwehr-Versammlungen, Samstag ein Markt, Montag und Dienstag Feiern von Firmen, Freitag bis Sonntag Tanzschulen. Johannes Tigges, Vorsitzender des Fördervereins Weißtalhalle, kommt kaum zum Atmen, wenn er aufzählt, wer alles die Weißtalhalle für Feiern oder Veranstaltungen aller Art gebucht hat. Nach 138 Buchungen im Jahr 2022 sind es 2023 insgesamt 143 gewesen. Ein absoluter Rekord.

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Mit dabei: Hochzeiten, Freisprechungsfeiern, Klausuren der IHK, Tagungen, Vereinsversammlungen, aber auch Konzerte, Partys und Discos. Selbst im Corona-Jahr war die Halle fast jeden Tag in Betrieb: Für Impfungen und Chorproben, denn hier konnten die Choristen in den vorgeschriebenen Abständen singen. Warum die Weißtalhalle so beliebt ist? Johannes Tigges, gebürtiger Sauerländer, seit über 40 Jahren in Kaan-Marienborn zu Hause, mehrmals bei Kommunalwahlen mit einem Direkt-Mandat in den Stadtrat gewählt und seit 22 Jahren Bezirksausschuss-Vorsitzender, hat eine Erklärung: „Die Weißtalhalle hat eine perfekte Größe. Die flexible Bestuhlung und Aufstellung der Tische macht sie zu einem idealen Ort für Feiern ab 80 Personen. Bei Reihenbestuhlung finden bis zu 400 Besucher Platz.“ Bei großen Partys oder dem Oktoberfest des TuS Kaan-Marienborn sind nur Stehtische aufgestellt und können sogar bis zu 600 „Feierbiester“ hereingelassen werden.

Auf der Kippe

Dabei sah es bis vor einigen Jahren so gar nicht gut für die Zukunft der Halle aus. Der Pachtvertrag mit dem damaligen Betreiber war ausgelaufen, ein neuer Pächter nicht in Sicht. Vielleicht auch abgeschreckt dadurch, dass Technik, Optik, Heizung, Dämmung in die Jahre gekommen waren und die Halle für Besucher alles andere als einladend wirkte. Maximal 10 Veranstaltungen waren es, die damals mehr schlecht als recht über die Bühne gingen.

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Dabei war die Weißtalhalle vor vielen Jahren durchaus einmal „erste Adresse“ der heimischen Kultur und Gastronomie. 1957 nach Plänen des Siegerländer Architekten Wilhelm Schröder, besser bekannt als „Koa-Wilhelm“, gebaut, nannten die Käner Kommunalpolitiker den Bau zunächst „Kulturhalle“. Und tatsächlich fanden hier, organisiert vom neu gegründeten „Kulturkreis Weißtal“, bemerkenswerte Veranstaltungen statt: Bunte Abende, Konzerte, Theaterstücke und einmal sogar eine Quiz-Show, die direkt vom damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk übertragen wurde. „Beim Aufräumen im Keller unter der Bühne habe ich neulich einen völlig verstaubten Souffleurkasten aus dieser längst vergangenen Gründerzeit gefunden“, weiß Arno Hawlitzky, der Stellvertreter von Johannes Tigges, zu berichten.

Im Regie-Raum: Johannes Tigges  und Arno Havlitzky.
Im Regie-Raum: Johannes Tigges  und Arno Havlitzky. © Wolfgang Leipold | Wolfgang Leipold

An Geld war damals offensichtlich kein Mangel, denn Kaan-Marienborn gehörte bis zur Eingemeindung nach Siegen im Jahr 1966 dank seiner vielen Industriebetriebe zu den reichsten Gemeinden in NRW, hatte seinen Bürgern schon ein Freibad, einen neuen Sportplatz und eine Schützenhalle gegönnt. Nachdem 1961 die Siegerlandhalle in Betrieb genommen wurde, benannten die Käner Gemeindeväter ihre Kulturhalle in „Weißtalhalle“ um, die dann später dem Hallenamt der Stadt Siegen unterstellt war. 1981 gab es wesentliche Verbesserungen durch die Einrichtung von zwei Kegelbahnen im Keller der Halle und den Anbau des Bürgersaals. Familie Bergatt, bis dahin Betreiber des Restaurants „Kochs Ecke“, übernahm die Gastronomie und machte die Weißtalhalle zu einer ersten Adresse für gehobene gutbürgerliche Küche. Bis dann der schon erwähnte Niedergang kam.

Die Wende

Die Wende kam 2012 durch eine Bürgerversammlung, aus der der „Förderverein Weißtalhalle“ hervorging. Mann der ersten Stunde: Johannes Tigges. Auch von Anfang an als Beisitzer und Berater dabei: Ulf Stötzel, ehemaliger Bürgermeister Siegens. Von den nun fließenden Mieteinnahmen und Sponsorengeldern wurden die ersten Modernisierungsmaßnahmen finanziert. Im Laufe der Jahre konnten die Elektroinstallation erneuert, eine zeitgemäße Bühnen- und Beschallungstechnik und ein modernes Heizungssystem inklusiv Raumdämmung installiert, eine neue Bestuhlung und Tische samt Geschirr, Gläsern und Besteck angeschafft werden. Alle Fenster und Türen wurden erneuert, ebenso die sanitären Anlagen. Inzwischen wirkt der gesamte Saal durch eine frische neue Farbgestaltung einladend hell. „Der Grundgedanke des Fördervereins, allen hiesigen Vereinen für ihre Veranstaltungen und Feste eine Heimat zu geben, ist schon lange erfüllt. Die Weißtalhalle hat längst weit über die Ortsgrenzen hinaus einen exzellenten Ruf“, sagen die beiden Vorsitzenden. Das liegt nicht nur am günstigen Mietpreis, sondern auch daran, dass immer nur die Halle selbst vermietet wird. So sind etwa die Getränkekosten oder das Catering deutlich günstiger als woanders, denn der Mieter kann alles selbst mitbringen oder im Getränkegroßhandel bestellen. Der Förderverein kann auch Spezialisten vermitteln, um die Bühnenbeleuchtung und die Beschallungstechnik zu bedienen. In anderen Hallen meist ein großer Kostenfaktor, machen das eigene Leute für deutlich kleineres Geld.

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Und doch, oder gerade deswegen, wandern dabei schöne Summen in die Kassen des Vereins. „70 Prozent unserer Einnahmen investieren wir in die Halle, 20 Prozent benötigen wir für die Unterhaltung und 10 Prozent brauchen wir für Rücklagen“, sagen Johannes Tigges und Arno Hawlitzky, um nicht ohne Stolz hinzuzufügen: „Im letzten Jahr konnten wir 60 000 Euro investieren.“ Damit kann der geneigte, der Prozentrechnung mächtige Leser selbst ausrechnen, welche Mieteinnahmen da zusammengekommen sind.

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