Siegen. Kurz vor 15 Uhr läuten am Samstag alle Kirchenglocken in Siegen: Zum ersten Mal wird die Stadt am 16. Dezemnber 1944 bombardiert.

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, darunter auch Zeitzeugen, sind am Samstagnachmittag zum Dicken Turm beim Unteren Schloss gekommen, um zum Jahrestag der Zerstörung Siegens am 16. Dezember 1944 in einem stillen Gedenken innezuhalten. Um 14.55 Uhr läuteten stadtweit die Kirchenglocken. Ein Trompeter blies das Lied „In allen meinen Taten“ von Johann Sebastian Bach. Bürgermeister Steffen Mues und seine beiden Stellvertreter Jens Kamieth und Angela Jung legten einen Kranz nieder.

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„Lassen Sie uns alle gemeinsam ein Zeichen der Mahnung und der Hoffnung setzen, indem wir die Schrecken des Zweiten Weltkrieges gedenken und unsere Überzeugung zum Ausdruck bringen: Ein solcher Tag darf sich nie wiederholen“, sagte Bürgermeister Steffen Mues.

Zahlreiche Siegener Bürgerinnen und Bürger nehmen an der Gedenkfeier teil.
Zahlreiche Siegener Bürgerinnen und Bürger nehmen an der Gedenkfeier teil. © Jürgen Schade | Jürgen Schade

Am 16. Dezember 1944 erfolgt der erste große Luftangriff der Alliierten auf Siegen. Bei dem nur wenige Minuten andauernden Bombardement wurde die Siegener Altstadt beinahe völlig zerstört. 348 Menschen kamen ums Leben, darunter 32 ausländische Gefangene, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten. Ohne die umfangreichen Luftschutzmaßnahmen wäre die Zahl der Toten und Verletzten vermutlich weit höher ausgefallen.

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In wenigen Minuten wird die Stadt Siegen zerstört

Um 14.45 Uhr war an jenem Tag der Fliegeralarm ausgelöst worden – das Heulen der Sirenen war für die Bevölkerung im mittlerweile sechsten Kriegsjahr schon längst Teil des Alltags. Weil die alliierten Bomberverbände Siegen bisher verschont hatten, versäumten viele es zunächst, Schutz zu suchen. Als um 14.53 Uhr akute Luftgefahr gemeldet wurde, bestand kein Zweifel mehr, dass ein Angriff bevorstand. Kurz nach 15 Uhr erreichte der englische Verband aus 92 viermotorigen Bombern vom Typ Lancaster Siegen und lud seine Bomben ab. Das Bombardement dauerte nur wenige Minuten, verursachte jedoch enorme Schäden in der bislang weitgehend unzerstörten Stadt.

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Der 16. Dezember stellte den Beginn für eine Reihe weiterer Luftangriffe dar. Der zweite Großangriff ereignete sich am 1. Februar 1945. 282 Flugzeuge griffen die Region an, wobei sowohl Siegen als auch die Ortschaften Kaan-Marienborn, Flammersbach und Gernsdorf schwer getroffen wurden. 176 Menschen kamen ums Leben. Wenige Wochen vor der Befreiung Siegens durch amerikanische Truppen, am 12. März, folgte schließlich der dritte und letzte schwere Luftangriff mit 69 Todesopfern.

Ein Trompeter spielt Johann Sebastian Bachs „In allen meinen Taten“.
Ein Trompeter spielt Johann Sebastian Bachs „In allen meinen Taten“. © Jürgen Schade | Jürgen Schade

Bombardements fordern 715 Todesopfer

Zwischen Januar und März 1945 wurde Siegen insgesamt sechsmal bombardiert, daneben kam es zu zahllosen Vorfällen, bei denen einzelne Flugzeuge Bomben abwarfen oder die Stadt Siegen mit Bordwaffen beschossen. Am Ende des Kriegs wiesen über 4000 Gebäude in Siegen Bombenschäden auf, die Stadt lag fast vollständig in Trümmern. Insgesamt forderten die alliierten Luftangriffe auf Siegen 715 Todesopfer. Rund 50.000 Bomben waren abgeworfen worden.

Nicht nur die Stadt Siegen begeht den 16. Dezember 1944 als Gedenktag. Auch das Siegener Bündnis für Demokratie begeht den Tag mit einem „Gehdenken“. Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, Jugendverbände und weitere gesellschaftlichen Gruppen haben sich zusammengeschlossen, seit rechtsextreme Gruppierungen versuchten, den Gedenktag in ihrem Sinne zu vereinnehmen.

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