Siegen. Mit Ovationen gefeiert wird die Dance Company des Theaters Osnabrück im Apollo Siegen für ihr „Portrait of an Artist“.

Unter dem Motto „Breathless“ präsentierte die Dance Company des Theaters Osnabrück ihr Programm „Portrait of an Artist“ und startete damit die Tanztheater-Reihe im Apollo.

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Atemlos sind am Ende alle. Die sechs Tänzerinnen und sechs Tänzer, die in knapp einer Stunde Bilder von großartiger Ästhetik, Schönheit und Anmut gezaubert haben. Aber auch das Publikum im Apollo, das atemlos all diese so schnell wechselnden Bilder und Szenen genießen darf, aber keine Chance hat, dazwischen Luft zu holen und Beifall zu klatschen. Es hätte nämlich das nächste Bild verpassen können. Dass dann die Ovationen Orkanstärke erreichen, hat auch etwas mit Psychologie zu tun: Denn all die inzwischen aufgestauten Gefühle des grenzenlosen Staunens müssen sich irgendwie Luft verschaffen.

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Alles fängt so harmlos an

Dabei fängt alles so harmlos an. In der hinteren Ecke eines Gevierts von 12 mal 12 Metern, die sich als Spielfläche des gesamten Stückes zeigen wird, sitzt jemand an einem Tisch und scheint Blätter zu sortieren. Dass dieser Jemand schon dort platziert ist, als das Publikum den Saal betritt, ist in der Theaterszene nicht so ganz neu. Eher seine Kommentare in englischer Sprache, die ins Deutsche mit „Kann das sein?“ und „Ich erinnere mich nicht“ übersetzt werden können.

Sie scheinen sich auf die Tänzerinnen und Tänzer zu beziehen, die nach und nach auf der Spielfläche erscheinen. Mal zu zweit, zu dritt oder auch in größeren Formationen, dann und wann zum Stakkato-Rhythmus der Musik marschierend oder auch in geschmeidigen oder hektischen Bewegungen. Wichtig jedoch ist: Der Mann am Tisch merkt, dass niemand ihn beachtet. Er muss sich vorkommen wie ein General ohne Soldaten oder ein Fußballtrainer ohne Spieler, denn die Tänzerinnen und Tänzer machen ohnehin, was sie fühlen und ausdrücken wollen. Er knuddelt all die Papiere zusammen, wirft sie weg, schmeißt den Tisch um und reiht sich in das tanzbegeisterte Ensemble ein.

Musik von Steve Reich: Elektonisch bis martialisch

So weit so gut. Nun kann jede und jeder zeigen, was er kann, in kürzeren oder längeren Sequenzen. Mal solistisch, mal im Duett, mal in größeren Formationen. Natürlich gibt es, ganz wie im klassischen Ballett, auch eine Ballerina und einen männlichen Star. Am stärksten jedoch wirken die Bilder, wenn alle 12 auf der Bühne agieren, sich zu einem Gesamtbild formieren oder auch in den Vordergrund tanzen. Zu diesem Gesamtbild gehört die schon erwähnte quadratische Spielfläche, die mit Leuchtstäben markiert ist, die volles Licht anbieten, oft aber das Tanzgeschehen ins Halbdunkel tauchen. Tanztheater ohne Musik ist wie Steak ohne Salz. Steve Reichs Kompositionen wechseln von elektronisch erzeugten Rhythmen bis zu Orchestermusik mit großem Besteck, das zum Ende hin einen dramatisch-martialischen Klang eines Richard Wagners der Gegenwart erzeugt. Manchmal knapp unterhalb der Schmerzgrenze, aber immer der Aufführung dienlich.

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„Siegen tanzt zu neuen Ufern“

„Portrait of an Artist“ wurde choreografiert von Iratxe Ansa und Igor Bacovich, einer Baskin und einem in Italien geborenen Tänzer. Ansa erhielt eine Ausbildung unter anderem an der renommierten Schule der Tanztheater-Ikone John Cranko in Stuttgart. Sie tanzte in den besten Tanz-Companys Europas, darunter auch beim Nederlands Dans Theater. Igor Bacovich trat nach seinem Studium in Rotterdam mit verschiedenen europäischen Tanz- Formationen auf, bevor er acht Jahre lang als Sozialarbeiter tätig war. Seit zehn Jahren entwickeln sie gemeinsam Choreografien. Das auf der Apollo-Bühne gezeigte Stück, vor wenigen Tagen in Osnabrück uraufgeführt, „beschreibt das, was bei uns allen künstlerisch Arbeitenden im Kopf passiert, egal ob Maler, Komponist oder Choreograf“, sagen Ansa und Bacovich.

Der Abend im Apollo ist der perfekte Auftakt der Reihe „Siegen tanzt zu neuen Ufern“, die am 17. Februar mit dem Stück „Eastwest“ fortgesetzt wird und in die auch Schülerinnen und Schüler der drei Siegener Tanzschulen eingebunden werden.

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