Siegen. 2024 feiert Siegen 800. Geburtstag. Volt findet: Vorträge zur Stadtgeschichte sind gut, aber es braucht auch gezielte Angebote für Leute unter 30
Mit einigem Aufwand bereitet die Stadt das Jubiläumsjahr vor: 800 Jahre Siegen wird 2024 gefeiert, erste Höhepunkte stellte die damit beauftragte Kulturverwaltung kürzlich vor (wir berichteten), weitere Projekte sind in Planung. Programm ist für das ganze Jahr geplant, als „Eckpfeiler“ dient dabei auch im Jubiläumsjahr das dreitägige Siegener Stadtfest im Spätsommer. Insgesamt rund 1,1 Millionen dürfte das Jubiläumsprogramm kosten. Im Rat erkundigte sich Samuel Wittenburg, Volt, als Vorsitzender der „jüngsten Fraktion“: „Was konkret wird für die U-30-Zielgruppe getan?“ Vorträge zur Stadtgeschichte seien schön, ganz unironisch, „aber sie haben eine bestimmte Zielgruppe. Gibt es auch andere Veranstaltungen mit anderen Zielgruppen?“
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Astrid Schneider, Leiterin der Kulturverwaltung, ist mit der Organisation des Jubiläumsjahrs betraut. Sie verwies insbesondere auf das Stadtfest, das zeitlich und räumlich gegenüber „normalen“ Jahren erweitert werde und bei dem der Freitag explizit als „Tag der Jugend“ vorgesehen sei – nicht unter diesem Namen freilich, hier suche man noch nach dem passenden Begriff „ohne DDR-Charme“, merkte Schneider an. Dieser Freitag werde mit und für junge Menschen gestaltet, die sich auf den Bühnen betätigen, an Ständen Infos ihrer Wahl anbieten könnten. Man sei bereits auf alle Schulen im Siegener Stadtgebiet zugegangen, um sie am Programm in der Innenstadt zu beteiligen – ebenso für einen Kunstwettbewerb für Kinder und Jugendliche, bei dem die Medien Film und Fotografie im Fokus stehen.
Zum Stadtjubiläum ist Studi-Festival geplant – diesmal auf dem Schlossplatz
Das Stadtfest richte sich ohnehin verstärkt an jüngere Leute, etwa mit dem Willer-Watz-Festival auf dem Schlossplatz, das auch 2024 wieder stattfinden soll. Daneben seien zahlreiche Veranstaltungen über das Jahr so ausgelegt, „dass Jüngere mit angesprochen“ seien, so Schneider – etwa der „Talk unterm Krönchen“ der evangelischen Lukas-Gemeinde in der Nikolaikirche. Dabei gehe es insgesamt nicht nur um Konsum, vielmehr wolle das Organisationsteam alle Altersgruppen dazu motivieren, „generationsübergreifend ins Gespräch zu kommen“. Bürgermeister Steffen Mues nannte zudem für die U30-Zielgruppe die Nacht der Musik, die Nacht der 1000 Lichter und die Silvesterparty auf dem Platz am Unteren Schloss.
Samuel Wittenburg zeigte sich eher mäßig überzeugt. Viele dieser Programmpunkte seien zwar auch bei jüngeren Leuten beliebt, aber auch nicht explizit Stadtjubiläum, sondern fänden jedes Jahr statt. „Wir sind Universitätsstadt“, so der Volt-Politiker – was in Sachen Programmplanung mit der Hochschule sei? „Wir wollen junge Leute in der Stadt halten, das wäre eine Möglichkeit.“ Mit der Uni Siegen gebe es eine Planungs-Partnerschaft, erwiderte Astrid Schneider, genauso wie mit vielen (Sport-)Vereinen und Unternehmen; hier werde derzeit noch vieles erarbeitet. Unter anderem solle es ein Studi-Festival auf dem Schlossplatz geben. „Man lässt sie am besten selbst planen – denn sie wissen, was am besten ankommt.“
Volt Siegen kritisiert teure virtuelle Rekonstruktion des Kölner Tors
Unstimmigkeiten gab es auch an anderer Stelle in Sachen Stadtjubiläum: Anders als bei der 750-Jahr-Feier soll es keine nachgebauten Stadttore geben, allerdings wird das Kölner Tor virtuell rekonstruiert – nicht vor Ort, sondern als dreidimensionales Bild zum Download. Die Sparkasse Siegen unterstützt das Projekt „großzügig“, heißt es in der Mitteilungsvorlage an den Rat. Das stößt Volt sauer auf – mit Blick auf die Kosten wurde ihr Antrag eines „Partnerstadt-Portals“ abgelehnt. Nach dem Vorbild der Städte Vilnius und Lublin hätte so eine visuelle Brücke in die Partnerstädte Siegens geschlagen werden sollen, so die Idee – eine Kamera/Monitor-Installation im öffentlichen Raum beider Städte überträgt per Videokonferenztechnologie Livebilder und ermöglicht es der Bevölkerung beider Städte, unkompliziert Einblick ins Leben der jeweils anderen Stadt zu nehmen, so die Volt-Fraktion, die damit auch die zuletzt eher mäßig intensiven städtepartnerschaftlichen Beziehungen wieder ankurbeln wollte.
Die Idee stieß auf weitgehend positive Resonanz, die Kosten von idealerweise gesponserten 100.000 Euro (für zwei Geräte, eins in Siegen, eins zöge von Partnerstadt zu Partnerstadt) führten aber zur Ablehnung. Für noch nicht angemeldete Stadtjubiläums-Projekte, Ideen aus der Bürgerschaft, stehe noch ein „kleiner vierstelliger Betrag“ zur Verfügung, mit dem man noch „erhebliche Projekte stemmen“ müsse, so der zuständige Dezernent Arne Fries. „Mir fehlt die Fantasie, wen wir noch ansprechen könnten, um Spenden zu sammeln.“ Zumal zu den 100.000 Euro Folgekosten kämen, von Vandalismusschäden an einem „Fernseher mit Kamera in der Innenstadt“ (CDU-Mann André Hähner) ganz zu schweigen. „Die Sache ist charmant – aber hat man mal in den Partnerstädten gefragt?“, erkundigte sich Bernd Mäckeler (Grüne). Wenn das Portal umzieht, „muss das ja auch einer machen. Das könnte theoretisch auch Geld kosten...“, kommentierte der Bürgermeister.
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Volt jedenfalls hatte eine Idee für die Kosten: Statt der virtuellen Rekonstruktion des Kölner Tors könne das Geld der Sparkasse auch für das Portal verwendet werden – das sei womöglich sinnvoller. Das „außerordentliche Engagement der Sparkasse Siegen“ sei hervorzuheben, schreibt die Verwaltung in ihrer Mitteilung – die Kosten fürs virtuelle Kölner Tor würden sich aber in „wesentlich kleineren Dimensionen“ bewegen, betonte Astrid Schneider.