Siegen/Grund. . Die Electronic Music Night beginnt schon am Siegener ZOB: Mit einem VWS-Gelenkbus, der mit Licht- und Tonanlage samt DJ Klavus ausgerüstet wird.
Das Partyvolk kann sich benehmen. Noch bevor der Bus am Siegener ZOB vorgefahren ist, geht die erste Flasche zu Bruch. Die Scherben werden aufgesammelt und entsorgt, wie es sich gehört. „Willer Watz“, die „Electronic Music Night“ hat nach dem Erfolg beim Siegener Stadtfest den Sprung auf den Giller gemacht; am Freitagabend, 18. Mai, legen die DJs „Phil2“, „Mokult“ und „Klavus“ bis spät in die Nacht im kleinen Zelttheater auf. Damit die Tanzbegeisterten angemessen zur Ginsberger Heide kutschiert werden, wurde ein Partybus der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) mit Ton- und Lichtanlage ausgerüstet – damit schon während der Anfahrt gefeiert werden kann.
Der Busfahrer
Als VWS-Betriebsleiter fährt Gerhard Bettermann nur selten Bus. Dabei liebt er das. „Wenn’s irgendwo haarig ist – Gerhard kommt da durch“, sagt seine Frau, die als „Assistentin“ ganz vorn sitzt. „Hat sich so ergeben“, sagt Bettermann, dem das fröhliche Grinsen auf keinem Kilometer zwischen Siegen und Giller aus dem Gesicht weicht: Sonderfahrten zu besonderen Ereignissen – wenn die Sportfreunde Siegen wichtige Gäste haben, zum Beispiel – übernimmt er immer gern.
Wie er die Musik findet? „Ich bin gespannt“, sagt Bettermann. Auf den Plätzen gleich hinter ihm fährt ein befreundetes Ehepaar mit, sie steht auf elektronische Tanzmusik. Bettermann selbst hört gerne mal eine „schöne Operette“, Helene Fischer, auch mal die Techno-Schreihälse Scooter. „Das ist hier genau das richtige, um mich auf elektronische Musik einzulassen“, findet er.
Der Partybus
90 Minuten vor Abfahrt wird der Gelenkbus auf dem VWS-Betriebsgelände ausgerüstet: DJ-Pulte, Verstärker, Boxen, Lichtanlage. Die Bordelektronik wird nicht benötigt und würde auch wenig ausrichten gegen die Beats von DJ Klavus. Wobei: Im hinteren Teil des Fahrgastraums könnte die Musik durchaus noch lauter sein. Aber ein Bus ist eben kein Club.
Die Fahrgäste
Zehn Minuten, der Bus ist noch nicht in Netphen, da muss der erste aufs Klo. „Wie lange fahren wir denn?“, wundert er sich, dass man immer noch nicht da ist. „Eine Stunde insgesamt“, sagt Bettermann – es dauert halt, bis man in the middle of nowhere, mitten im Nirgendwo, angekommen ist, das wusste schon Bob Geldof. Die „Schreckensnachricht“ verbreitet sich nach dem Stille-Post-Prinzip durchs Fahrzeug, unter Kultur Pur-Anfängern wird das Für und Wider eines Großraumtaxis diskutiert. Keine Sorge: Busse fahren auch zurück.
Friedliche, tanzwütige Gäste
Auch die Veranstalter vom Kreiskulturbüro sind begeistert: „Anstrengend, aber geil“, sagt Mitarbeiterin Judith Huwer, die im Bus mitfuhr. Pressesprecher Andreas Schmidt spricht von einer tollen Erfahrung, ebenso friedlichen wie tanzwütigen Gästen, die, untypisch für die Szene, bereits ab 3.15 Uhr begannen, das Zelt zu verlassen. Elektro-Partys können durchaus bis mittags dauern...
Die mit den schwachen Blasen haben Glück: Einer Gruppe Mädchen geht es nicht gut, sie steigen in Netphen aus. Die Pinkelpause wird genutzt, die nächsten Blasen fordern schon kurz vor Eschenbach ihren Tribut. Die Zeit drängt, es ist nicht mehr weit bis zum Giller, Gerhard Bettermann kann mit seiner grundgelassenen Art beruhigen.
Die Stimmung ist gelöst, es wird, so weit das halt geht in einem vollen Bus, getanzt, irgendwo im Gewühlt aus Körpern steckt Klavus und sorgt dafür dass zumindest die Köpfe weiter nicken. Lorenz und Christian sind aus Köln gekommen, Dimitri, der in Siegen studiert, hat sie auf die Veranstaltung hingewiesen. „Wir dachten, das ist näher“, sagt Lorenz und grinst. Willer Watz kennen sie vom Stadtfest, die DJs seien gut und die Karte kostet nur acht Euro – gut für den Studentengeldbeutel. Vom Veranstaltungsort haben sie viel gehört – jetzt wollen sie sich überraschen lassen.
Kurz warten vor der Baustellenampel, nochmal vor der Einfahrt zum Gelände, dann scheinen die Zelte durch die Bäume. Applaus, Rufe: „Boooah, geiiiil“, „Hier ist das? Abgefahren!“ Dann stürmen alle raus, am immer noch bestens gelaunten Gerhard Bettermann vorbei und in den Wald, Druck ablassen. Willer Watz erschließt ganz neue Zielgruppen für Kultur Pur.
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