Siegen. Vernachlässigte, misshandelte und gebrechliche Tiere wohnen auf dem Siegener Lebenshof – wie lange sie dort noch bleiben können, ist unklar.

Um alte, gebrechliche und misshandelte Tiere kümmert sich der „Lebenshof Pino & Freunde“ in Siegen – nun müssen sie um ihr Zuhause bangen. Die Sache ist kompliziert: Streitigkeiten mit Nachbarn, Probleme mit Baugenehmigungen und vor allem: Es gibt keinen Pachtvertrag.

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Schwierige Ausgangslage für den Siegener Gnadenhof

Übernommen hat der „Lebenshof Pino & Freunde“ das städtische Gelände samt einiger Tiere bereits vor anderthalb Jahren vom Tierschutzverein Alchetal. Doch ein Pachtvertrag mit der Stadt ist noch immer nicht geschlossen worden. Bereits zum Einzug, so berichten die Betreiber und Betreiberinnen des Gnadenhofes, sei ihnen ein solcher versprochen worden. „Unser Bürgermeister hat sich vor Ort einmal dafür ausgesprochen“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann. Dies sei aber kein Versprechen gewesen. Vor allem habe Steffen Mues zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Details gekannt, erklärt Henrik Schumann.

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In einer Petition haben sich die Beteiligten vom Lebenshof bereits vor rund einem Monat direkt an Stadt und Bürgermeister gewandt, um für den Erhalt des Lebenshofes in der Numbachstraße zu werben. Denn ein Umzug sei schwierig, sagt Kathrin Isken. Sie leitet den Lebenshof gemeinsam mit Till Droge. „Es sind hier Tiere, die noch nie verladen worden sind“, erläutert sie das Problem der teils traumatisierten Tiere.

Wenn es zu einem Umzug auf ein anderes städtisches Gelände käme, werde es einen Pachtvertrag geben, sagt Henrik Schumann. „Das ist der absolute Ausnahmefall, dass es da keinen Pachtvertrag gibt und sie dort nur geduldet werden“, betont er. Für das aktuelle Gelände könne aufgrund der baurechtlichen Situation jedoch keiner geschlossen werden.

Der Siegener Gnadenhof
Der Siegener Gnadenhof "Lebenshof Pino & Freunde" ist nicht nur für viele gebrechliche Tiere, sondern auch für viele Menschen zu einem Zufluchtsort geworden. © WP | Antonia Flieder

Siegener Lebenshof: Probleme mit Baugenehmigungen

„Jetzt versuchen wir, eine Lösung zu finden, wir haben schon mehrere Szenarien durchgespielt“, erklärt er. Ein Alternativ-Gelände sei wahrscheinlich die beste Möglichkeit. Die Petition suggeriere, dass die Situation einfach sei, dies sei jedoch nicht der Fall: „Das ist ein bisschen kompliziert.“ Das Problem liege bei den Baugenehmigungen der Stallungen. „Ein Teil der Gebäude ist genehmigt, ein Teil ist geduldet, ein Teil ist neu dazugekommen“, erläutert der Stadtbaurat. Wegen der Festsetzung des Geländes als öffentliche Grünfläche ließen sich die neuen Gebäude nicht genehmigen und eine Änderung des Bebauungsplans sei nicht so leicht möglich. „Bisher waren wir auch sehr wohlwollend, weil die Nachbarn damit einverstanden waren“, erklärt Henrik Schumann: „In der letzten Zeit ist das eben anders.“ Einige Nachbarn hätten sich nun über die Bebauungen auf der öffentlichen Grünfläche beschwert. Warum die Nachbarn gerade jetzt und nicht schon bei den vorherigen Besitzern, bei denen die Verhältnisse deutlich ungeordneter waren, gegen die Situation vorgingen, kann sich der Stadtbaurat nur anhand der gestiegenen Anzahl von Tieren erklären.

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Auch Bürgermeister Steffen Mues hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Er berichtet, dass die Stadt wegen einer Vielzahl von Beschwerden aus der Nachbarschaft und einem bereits eingesetzten Anwalt die rechtliche Situation des Lebenshofes überprüft habe. Die Beschwerden seien berechtigt: „Also Bebauungsplantechnisch ist dort ein solcher Lebenshof nicht zulässig. Und genauso auch die Gebäude, die sind alle ohne Genehmigung errichtet“, erklärt der Bürgermeister in einem Video vom 29. September in der Folge 17 des Videoformates „Frag den Bürgermeister“.

Der Bürgermeister habe dort etwas angegeben, das so nicht richtig sei, sagt der ehrenamtliche Helfer Thimmo Dombrowski: „Wir möchten das richtig stellen.“

Auf dem Gelände des Siegener Gnadenhofes leben unterschiedliche Tiere zusammen.
Auf dem Gelände des Siegener Gnadenhofes leben unterschiedliche Tiere zusammen. © WP | Antonia Flieder

Lebenshof von Nachbarschaftsstreitigkeiten betroffen

Für den Lebenshof gibt es noch ein weiteres Problem: Größtenteils stehe die Nachbarschaft hinter ihnen, betonen die Betreiber und Betreiberinnen des Lebenshofes. Doch mit einzelnen Leuten hätten sich massive Probleme ergeben, berichten auch sie. Einen Einsatz wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten am Nachmittag des 30. Septembers kann Polizeisprecherin Lena Rickmann-Althaus bestätigen. „Es ist zu keinen Straftaten gekommen“, sagt sie, und daher sei die Polizei dort nicht tätig geworden. Das Ordnungsamt teilt auf Anfrage mit, dass es in der Vergangenheit eine Reihe von Beschwerden aufgrund von Lärm, Gestank und ähnlichen Wahrnehmungen und Belästigungen gegeben habe. Diesen sei auch vor Ort nachgegangen worden, es habe sich jedoch kein konkreter Handlungsbedarf ergeben.

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Was in Zukunft auf dem Gelände des Siegener Gnadenhofes in der Numbach sein wird, ist noch nicht entschieden.
Was in Zukunft auf dem Gelände des Siegener Gnadenhofes in der Numbach sein wird, ist noch nicht entschieden. © WP | Antonia Flieder

Zukunft des Siegener Geländes in der Numbach

Ob der Gnadenhof in der Numbachstraße bleiben kann, wird die Zukunft zeigen. Andere Pläne für das Gelände gebe es jedoch noch nicht, erklärt Henrik Schumann. Vor der Übernahme des Lebenshofes durch die neuen Betreiber habe es die Überlegung gegeben, die Fläche dem THW zur Verfügung zu stellen. „Mittlerweile haben wir aber auch seit Monaten von denen nichts mehr gehört“, berichtet Henrik Schumann.

Der Lebenshof sei nicht nur für die Tiere wichtig, erklärt Kathrin Isken: „Es ist auch ein Zufluchtsort für Menschen geworden.“ Menschen mit körperlichen oder seelischen Einschränkungen seien an vielen Orten in der Gesellschaft unwillkommen. „Eine erwachsene Frau hatte keinen anderen Wunsch, als ihren Geburtstag hier zu verbringen“, erzählt Kathrin Isken. „Klar, die Tiere haben alle ihre Geschichte und wir Menschen ja auch“, ergänzt Till Droge.

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