Kreuztal/Hilchenbach. Die Erklärungen, was die Länge des Schulweges mit dem Deutschlandticket zu tun hat, sind in der Regel wortreich – aber überzeugen nicht.

Dass ein Teil der Schülerinnen und Schüler für das Upgrade ihre Schülertickets zum „Deutschlandticket Schule“ 29 Euro pro Monat draufzahlen muss, der andere Teil aber nicht, stößt in den politischen Gremien der Städte und Gemeinden zunehmend auf Unverständnis. Während bei der Beratung in Siegen noch der Ärger darüber überwog, dass das Deutschlandticket Schülern erst zu den Herbstferien und teilweise erst ab Februar zur Verfügung gestellt werden soll, ging es in Kreuztal und Hilchenbach vor allem um die Art der Kostenverteilung.

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Erklärung „erhellend, aber nicht erfreulich“

In Siegen-Wittgenstein bekommen alle Schülerinnen und Schüler das Schülerticket kostenlos, die „Freifahrtberechtigten“, für die Kommunen am Ort der Schule sowieso den vollen Fahrpreis für die Fahrt von der Wohnung zur Schule bezahlen müssen, und die „Nicht-Freifahrtberechtigten“, für die der Kreis ein verbilligtes Ticket bei den Verkehrsunternehmen kauft und dann kostenlos abgibt. Für alle legt der Kreis dann noch Geld drauf, um Fahrten in der Freizeit und über den Schulweg hinaus zu ermöglichen.

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Beim Deutschlandticket Schule macht nun das Land NRW einen Unterschied. Sein „Solidarmodell“ sieht vor, dass die Freifahrtberechtigten das Schülerticket umsonst bekommen – bei ihnen sparen die Städte sowieso viel Geld, weil sie für die Monatskarte höchstens noch 49 Euro bezahlen. Deshalb sollen sie vom Ersparten 20 Euro für die Nicht-Freifahrtberechtigten drauflegen, damit die das Deutschlandticket vergünstigt kaufen können.

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Freifahrt- oder Nicht-Freifahrtberechtigung hängen davon ab, wie weit entfernt der Schüler oder die Schülerin von der Schule entfernt wohnen. Was das mit dem Anspruch auf die Netzkarte für ganz Deutschland zu tun hat, erkennt Anna Wetz (Grüne) im Kreuztaler Hauptausschuss nicht: Das sei eine „Ungerechtigkeit“. Zumindest, wie Heike zur Nieden (SPD) beipflichtet, „nicht ganz glücklich“. Die Erklärung, warum das so sei, nennt Philipp Krause (CDU) „erhellend, aber nicht erfreulich“.

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Schülerticket steht auf dem Spiel

Bürgermeister Walter Kiß warnt: „Ich mag mir nicht ausmalen, was passiert, wenn einzelne Kommunen ausscheren.“ Das würde dann tatsächlich nicht nur das „Deutschlandticket Schule“ treffen, sondern das besondere Siegen-Wittgensteiner Schülerticket-Modell insgesamt: Die Städte und Gemeinden würden dann für ihre freifahrtberechtigten Schülerinnen und Schüler reguläre Deutschlandtickets kaufen – die anderen hätten gar nichts mehr. Kíß weist aber auch darauf hin, dass das Deutschladticket schon nächstes Jahr wieder Geschichte sein könnte, wenn Bund und Länder sich nicht über die Finanzierung einigen. Der Beschluss in Siegen-Wittgenstein hätte dann „eventuell eine sehr kurze Halbwertzeit“.

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800.000 Euro sind im Kreuztaler Haushalt für die Schülerbeförderung eingeplant. 83.000 Euro spart sie durch das Deutschlandticket ein. Davon bleiben am Ende 53.000 Euro übrig, wenn 20 Prozent der Nicht-Freifahrtberechtigten monatlich den 20-Euro-Zuschuss in Anspruch nehmen und selbst 29 Euro zuzahlen.

„Falsche“ Schulwahl kostet nun Geld

Ähnlich verläuft die Diskussion in Hilchenbach. 45.000 Euro spart die Stadt, davon wird sie mit monatlich 1200 Euro die Nicht-Freifahrtberechtigten unterstützen. „Seltsam“ findet das Carsten Irle (CDU) im Schulausschuss, die Entfernung zwischen Wohnung und Schule habe dich „mit dem Deutschlandticket reichlich wenig zu tun“. Sinnvoller sei es, jeden Schüler einen gleichen Beitrag für das Upgrade entrichten zu lassen. Das sei „nicht gewollt“, muss Kämmerer Christoph Ermert antworten und versucht eine Rechtfertigung: Die Nicht-Freifahrtberechtigten hätten ja von dem kostenlosen Schülerticket „jahrelang profitiert“,

„Mir erschließt sich das ganze System nicht“, sagt Peter Kraus (UWG). Zumal sich nun auch schon die Entscheidung für die „falsche“ Schule rächen könne: Wer zum Beispiel aus Hilchenbach das Gymnasium in Kreuztal besucht und nicht das nächstgelegene in Stift Keppel, verliere den Freifahrtanspruch – was beim Schülerticket keine Rolle spielte, jetzt aber Geld kosten kann.

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