Kreuztal. Velocity Siegerland stellt seine neuen E-Lastenräder vor. Wir konnten bereits vorab das Lastenrad testen. Es fährt sich anders als gewohnt.

Das Start-up Velocity Siegerland treibt die Mobilitätswende in der Region voran. Nun bringt das Unternehmen außer E-Bikes auch neue E-Lastenräder auf den Markt. An 30 Ladestationen können sich Interessierte ab sofort mit den Vorzügen des neuen Fahrrads vertraut machen. Vor dem offiziellen Startschuss am Freitag durften wir zusammen mit Geschäftsführerin Yara Stahlschmidt die ersten Runden in der Produktionshalle drehen. Das sind die Eindrücke.

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Selbstversuch: So fährt sich das Lastenrad

Der erste Blick auf das neue E-Lastenrad ist vielversprechend. Ob belastungsfähige Bremsen, ein individuell verstellbarer Sattel, reichlich Platz im vorstehenden Korb oder ein starker Elektroantrieb – bei der Ausstattung fehlt es an nichts. Als absoluter Anfänger im Bereich der E-Mobilität taste ich mich langsam an die Sache heran. Auf dem Fahrrad fällt sofort auf, dass der Abstand zwischen Sitz und Lenker größer als gewöhnlich ist. Auch der Sattel sitzt noch deutlich zu tief, um die Pedale richtig durchtreten zu können. Behutsam trete ich auf das rechte Pedal und muss feststellen, dass das E-Lastenrad direkt nach links zieht und umzukippen droht. Auch bei den nächsten Trittversuchen habe ich trotz leichten Widerstands das Gefühl, bei einem weiteren Tritt direkt hinzufallen – mir fehlt jegliches Ausbalanciergefühl für den breit vorstehenden Korb. Dennoch entscheide ich mich, einmal richtig aufs Pedal zu treten. Und: Der Motor legt sofort los. Die Beschleunigung innerhalb weniger Meter ist wirklich beeindruckend. Vor der ersten Kurve ist dann aber direkt wieder Schluss. Letzter Ausweg: Vollbremsung.

Neues Lastenrad: Übung macht den Meister

Was für einen blutigen Anfänger wie mich schwierig erscheint, ist nach einigen Ausbalancierfahrten im Grunde relativ einfach. Das zeigt sich spätestens, als Geschäftsführerin Yara Stahlschmidt aufs Lastenrad steigt und einfach losfährt. Sie tritt nur einmal fest aufs Pedal und schon springt der Elektromotor an. Das Lastenrad beschleunigt überraschend schnell auf bis zu 25 Kilometer pro Stunde. Kurz vor der ersten Kurve bremst sie leicht ab und lenkt stark nach links – völlig problemlos bekommt sie die Kurve und beschleunigt dann binnen Sekunden auf volle Geschwindigkeit.

So sieht das E-Lastenrad von hinten aus - ein Blick auf den Sitz.
So sieht das E-Lastenrad von hinten aus - ein Blick auf den Sitz. © WP | Daniel Engeland

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Die 28-Jährige hat in den vergangenen Tagen die ein oder andere Testfahrt mit dem neuen Fahrzeug gemacht und fühlt sich mittlerweile auch in der Siegener Innenstadt auf dem Sitz pudelwohl. „Ich bin selbst die Kölner Straße mit dem E-Lastenrad lang gefahren. Durch die Schaltung ist es sehr angenehm“, erzählt sie.

Dennoch müsse auf die Besonderheiten des Lastenrads erst einmal geachtet werden. „Es ist vom Handling ganz anders als das E-Bike. Man lenkt, aber der Lenker ist einfach zwei Zentimeter weiter vorne“, beschreibt die gebürtige Freudenbergerin. Dazu bietet das Lastenrad im Vergleich zu den Pedelecs eine manuelle Schaltung und einen konstanten Widerstand beim Treten. Sie empfiehlt daher, sich zunächst mit beiden Füßen auf dem Boden fortzubewegen. So entstehe nach einigen Minuten ein gutes Gefühl für die richtigen Lenkbewegungen. Dazu gewöhne man sich relativ schnell an den verlängerten Abstand zum Lenker.

Wichtiger Tipp: Für Gleichgewicht im Korb sorgen

Gerade wenn Einkäufe im Korb liegen, müsse vorab geschaut werden, an welchen Stellen die Gegenstände platziert werden, um ein Ungleichgewicht zwischen linker und rechter Seite zu vermeiden. Ist das der Fall, könnten Nutzer ihre Waren auch problemlos ohne großen Kraftaufwand über Hügel transportieren – dafür sorgt der starke Elektroantrieb, so Yara Stahlschmidt.

Mit dem E-Lastenrad soll nun eine ernsthafte Alternative für Einkaufsfahrten geschaffen werden. „Mit dem Pedelec wollen wir die Mobilität erleichtern – mit dem Lastenrad wollen wir dem Nutzer eine Entlastung im Alltag bieten“, fasst die Siegenerin ihre Pläne zusammen.

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Das Unternehmen erhofft sich einen ähnlichen Boom wie bei den Pedelecs. Nach kurzer Anlaufzeit wurden die E-Bikes immer besser angenommen – fast täglich kommen neue Abonnenten dazu –, mehr als 2800 registrierte Nutzer und mehr als 10.000 Fahrten belegen die hohe Nachfrage. „Wir hatten eine sehr gute Auslastung. Die Erwartung wurde übertroffen. Nun wird sich zeigen, ob diese Zahlen auch auf das Lastenrad anwendbar sind.“

Mobilitätsentwicklung noch lange nicht beendet

Auch nach der Bereitstellung des E-Lastenrads soll die Mobilitätsentwicklung durch Velocity Siegerland noch lange nicht enden. Aktuell bestehen im Siegener Umland 30 eigene Ladesäulen, an denen die E-Fahrräder jederzeit abgeholt und abgegeben werden können. Während ein Großteil der Ladesäulen in der Siegener Innenstadt steht, gibt es im ländlichen Umkreis noch einige Lücken. Deshalb sind weitere 20 Ladesäulen in verbindlicher Planung. „Wir ergeben nur dann Sinn, wenn wir ein sehr dichtes Netz haben. Unser Ziel ist es, dass man sich sicher sein kann – hier ist eine Station“, betont die Geschäftsführerin.

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