Hilchenbach. Ab April werden die ersten Trekkingplätze am Rothaarsteig gebucht werden können. Nicht alle Vorhaben der Touristiker sind so durchschaubar.

„Ein gutes halbes Dutzend“ Trekkingplätze entlang des Rothaarsteigs in Siegen-Wittgenstein werden Wanderer ab April 2024 buchen können – insgesamt 15 Anlagen sind geplant: Viereinhalb mal dreieinhalb Meter große Holzplateaus für zwei Zelte mit angehängter Tisch-Sitz-Garnitur und Komposttoilette in Reichweite. Das hat Thorsten Engels, stellvertretender Geschäftsführer des Touristikverbandes Siegerland-Wittgenstein, im Kultur- und Tourismusausschuss des Kreistags angekündigt.

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Die Vorgeschichte ist lang, sie beginnt mit einem Antrag der FDP-Fraktion im Oktober 2020. „Die größte Herausforderung ist die Standortwahl“, berichtet Thorsten Engels: Die Plätze, die wildes Campen vermeiden helfen sollen und Wanderern eine Möglichkeit bieten sollen, ihre Zelte aufzuschlagen, dürfen nicht in Naturschutzgebieten und nicht zu nah an Bachläufen liegen. Sie sollen nicht direkt vom Rothaarsteig aus einsehbar sein – zugleich aber auch eine angenehme Aussicht bieten. Wobei freie Sicht auch immer zwei Seiten hat. „Meine erste Frage ist dann immer: Wo ist der nächste Hochsitz?“ Wenn am Ende die Eigentümer des in Betracht gezogenen Standorts kontaktiert werden, fragen die auch immer ihre Jagdpächter. Zu viel Unruhe schreckt das Wild auf.

Ginsburg und Kölner Dom

Der Kreis beteiligt sich mit 10.000 Euro an der Dachsanierung des Gewerkenhauses

an der Ginsburg, sofern die Stadt Hilchenbach dieselbe Summe ebenfalls aufbringt. Das hat der Kulturausschuss beschlossen. Insgesamt werden rund 80.000 Euro gebraucht. 33.000 Euro kommen aus Denkmalpflegemitteln.

Einen laufenden Zuschuss von 5000 Euro im Jahr wird es aber nicht geben. Der Verein zur Erhaltung der Ginsburg, so der Wunsch, soll dem Ausschuss über den Stand des Millionenprojekts „Barrierefreie Höhenburg“ berichten. Vorsitzender Hermann-Josef Droege (CDU): „Es kann nicht über Jahrhunderte wie am Kölner Dom gebaut werden.“

Von 38 Standorten für Trekkingplätze bleiben 15

38 Standorte sind von den Städten und Gemeinden vorgeschlagen worden, in der Regel mit ziemlich grobmaschigen Angaben. Um die 30 hat Thorsten Engels bisher aufgesucht, davon seien 15 „noch im Spiel“, berichtet Engels. Für alle müssen, weil sie im Landschaftsschutzgebiet liegen, Genehmigungen der Naturschutzbehörde eingeholt werden, für alle müssen Vereinbarungen mit den jeweiligen Waldbesitzern geschlossen werden. Die Trekkingplätze sollen in den drei Wittgensteiner Kommunen, Hilchenbach und Burbach angelegt werden, möglicherweise auch noch in Wilnsdorf. Die Investition von rund 9000 Euro je Platz bezahlt der Kreis, um die Unterhaltung im laufenden Betrieb sollen sich die Eigentümer oder Kommunen kümmern, denen im Gegenzug dann auch die Einnahmen der übernachtenden Wanderer zufließen.

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Nur die Wanderer sollen erfahren, wo genau die Plattformen liegen; ihnen werden die Koordinaten mit der Buchungsbestätigung übermittelt. Vom 1. April bis 31. Oktober werden Zelte aufgeschlagen werden dürfen, in den anderen Monaten soll die Natur Ruhe bekommen. Wenn sich dann keine Windräder in der Nähe drehen, wendet Cornelia Bouandel (WB) ein: „In der Nähe so einer Anlage ist das nicht so prickelnd.“ Windräder könnten zwar am Horizont zu sehen sein, sie stünden aber nirgends in unmittelbarer Nachbarschaft zu den gewählten Standorten, erwidert Thorsten Engels. Er könne allerdings nicht garantieren, „dass das langfristig so bleibt.“

„Smartes Tourismuslabor“

So greifbar das Trekkingplätze-Projekt ist, so undurchschaubar erscheinen dem Ausschuss zwei Projekte, mit denen sich der Touristikverband um Fördermittel aus dem Landesprogramm „Erlebnis NRW“ bewirbt. Im „smarten Tourismuslabor“ sollen eine „Touristikinformation für die Hosentasche“ und eine digitale Gästemappe entstehen, Projektpartner ist der Sauerland-Tourismus. Gerechnet wird mit einem 80-Prozent-Zuschuss zu den Gesamtkosten von knapp 390.000 Euro in drei Jahren; etwa 60 Prozent der Mittel werden für eine Personalstelle verwendet.

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Das andere Projekt heißt „Grenzenlos“: Die Daten zur touristischen Infrastruktur sollen einheitlich aufbereitet und verfügbar macht werden. „Die Nutzung des Systems soll langfristig die flächendeckende infrastrukturelle Qualität der Produkte und Angebote sicherstellen und die Basis für die strategische Weiterentwicklung der Naturräume zu Erholungszwecken darstellen“, heißt es in der Vorlage. Träger ist der Naturpark Sauerland Rothaargebirge, Partner sind Naturarena und Naturpark Bergisches Land, Sauerland Tourismus und SGV. Der Kreis wird an den Gesamtkosten von 1,2 Millionen Euro mit knapp 20.000 Euro beteiligt.

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Keine Zustimmung zu „überkandidelten“ Projekten

Der für Tourismus zuständige Ausschuss verweigert am Ende mit großer Mehrheit seine Zustimmung – die Touristiker sollen versuchen, ihr Vorhaben dem Kreistag verständlich zu machen. Er sei „etwas ratlos“, sagt Bernd Brandemann (CDU). „Das muss man mit dem Wörterbuch lesen“, ärgert sich Wolfgang Suttner (CDU) über Begrifflichkeiten wie „Use Cases“ (für Anwendungsfälle) und „Customer Journey“ (etwa: „Phase des Reiseerlebnisses“). Eine Aussage wie „Deutschlands inspirierende Outdoorregion wird nachhaltig und klimaresilient“ werde wohl kaum Gäste in die Region locken, vermutet Wolfgang Suttner, der die ganze Vorlage als „entsetzlich“ qualifiziert. „Undurchsichtig“ sei das alles, sagt Bernd Mäckeler (Grüne). „Das geht so gar nicht“, findet Regine Stephan (AfD): Das Ganze sei Ausdruck einer „aufgeblähten Verwaltung, die sich in überkandidelter Ausdrucksweise niederschlägt“.

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