Siegen. Die Folgen einer Endometriose-Erkrankung reichen oft bis in die persönlichsten und intimsten Bereiche. Die Auswirkungen sind erschütternd.

Endometriose wirkt sich auf vielfache negative Weise auf das Leben aus. Starke Menstruationsschmerzen sind ein sehr häufiges Symptom. Die Erkrankung kann aber im ganzen Körper Schmerzen verursachen. Selbst nach den Wechseljahren können die Endometriose-Beschwerden weiterbestehen oder nach einer Schwangerschaft gerade erst entstehen. Da die Erkrankung so unterschiedlich verläuft, gibt es kein „Patentrezept“, was allen hilft. Viele Beschwerden und Auswirkungen reichen bis in die intimsten und persönlichsten Bereiche:

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Ungewollte Kinderlosigkeit: Eine der Auswirkungen der Endometriose kann eine ungewollte Kinderlosigkeit sein, teilt die Endometriose-Vereinigung Deutschland mit. „Mir wurde gesagt, ich kann keine Kinder kriegen – wenn, dann nur mit einer künstlichen Befruchtung“, erzählt eine Betroffene. Ein Teil der Endometriose-Erkrankten kann auf natürlichem Weg schwanger werden und ein Baby bekommen, ein anderer Teil muss sich medizinische Hilfe suchen. Bei vielen Frauen bleibt der Kinderwunsch allerdings unerfüllt.

+++ Lesen Sie auch: Endometriose: „Als wenn ICE durch meinen Unterleib fährt“ +++

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr: Sexualität wird von Endometriose-Erkrankten häufig als schmerzhaft empfunden, Lust kann sich auf diese Weise nicht einstellen, erklärt die Endometriose-Vereinigung. „Mit 15 Jahren hatte ich mein erstes Mal. Ich hatte so schlimme Schmerzen wie noch nie in meinem Leben“, erzählt eine Betroffene und beginnt zu weinen. „Ich dachte, das wäre normal. Ich konnte nach dem Sex nicht mehr laufen.“

+++ Lesen Sie auch: Warten auf die Diagnose: Endometriose wird oft nicht erkannt ++

Eingeschränkte Berufstätigkeit und Finanznöte: Bei einem Teil der Endometriose-Betroffenen sind die gesundheitlichen Beschwerden so erheblich, dass sie nicht mehr Vollzeit arbeiten können, auf 520-Euro-Jobs sowie Beschäftigungen in Teilzeit oder auf Stundenbasis ausweichen müssen. Stress verschlimmert in der Regel die Symptome. „Schmerzen werden in der Arbeitswelt nicht toleriert“, beklagt eine Betroffene. Wird keine Lösung mit dem Arbeitgeber gefunden, drohen Existenznöte und Altersarmut. „Man zahlt ganz viel aus eigener Kasse“, sagt eine Betroffene auch über Kosten für Medikamente oder andere Hilfsmittel. „Es gibt auch Erkrankte, die sitzen durch die Endometriose im Rollstuhl.“

Hilfe und Austausch in der Selbsthilfegruppe

Die Teilnehmerinnen der Siegener Selbsthilfegruppe sind davon überzeugt, dass die Erkrankung besser erforscht und bekannter wäre, wenn es eine typische Männer-Krankheit wären. „Endometriose ist nicht tödlich“, sagt Viktoria Gummenscheimer. Auch das ist aus ihrer Sicht ein Grund, warum die Erkrankung öffentlich nur wenig wahrgenommen wird. Außerdem würden immer noch viele Gynäkologinnen und Gynäkologen die Erkrankung nicht kennen.

Seit 2018 gibt es in Siegen die Selbsthilfegruppe für Endometriose-Erkrankte. Gegründet wurde sie von Nicole Scherzberg. Für viele Betroffene aus der Region und darüber hinaus ist das Treffen an jedem dritten Dienstag im Monat zu einer festen Institution geworden. Dort können sie Hilfe finden und offen über ihre Probleme sprechen.

Wer an Endometriose erkrankt ist, es vermutet oder Fragen zu dem Thema hat, kann sich an die Siegener Selbsthilfegruppe und Nicole Scherzberg unter endometriose-siegen@web.de wenden. Eine Absprache per Mail vor dem ersten Selbsthilfegruppenbesuch ist nötig. Mehr Infos zu der Erkrankung, den Ansprechpersonen und weiteren Hilfen gibt es auch im Netz unter www.endometriose-vereinigung.de.

Weniger soziale Kontakte: Der Freundes- und Bekanntenkreis bei Endometriose-Erkrankten verkleinert sich häufig. „Es gab viel Unverständnis im Freundeskreis“, sagt eine Betroffene. Die Krankheit schränkt nicht nur im Beruf und der Beziehung ein, sondern im gesamten Alltag. „Wir können uns z. B. auf einen Geburtstag freuen und am Tag des Geburtstages kommen wir kaum aus dem Bett, durch Schmerzen oder extreme Erschöpfung, und müssen absagen“, so eine Betroffene. Damit könnten viele Menschen nicht umgehen.

+++ Lesen Sie auch: Leben mit Mukoviszidose: 53-Jährige über Leid und Freude +++

Weitere Erkrankungen:Endometriose-Erkrankte klagen häufig über immense Erschöpfung (Fatigue) und Müdigkeit, die durch Schlaf nicht zu beheben ist. Auch hierfür fehlt oft das Verständnis. Typisch für die Erkrankung ist, dass Betroffene aufgrund der chronisch-entzündlichen Beschwerden anfälliger für andere Krankheiten (z. B. an Niere, Blase, Venen, usw.) sind. Auch die psychischen Beeinträchtigungen durch Endometriose sind meist erheblich, gerade weil Erkrankte oft mit fehlender Akzeptanz, Isolation, Angst und Erschöpfung umgehen müssen. Einen Grad der Behinderung (GdB, Schwerbehinderung) anerkannt zu bekommen, „der der Erkrankung gerecht wird, ist ein harter Kampf, der leider oft nicht belohnt wird“, betonen die Betroffenen.

Mehr zum Thema Endometriose:

- Schmerzen und Unfruchtbarkeit: „Wie ICE in meinem Unterleib“

- Warten auf Diagnose: Endometriose wird oft nicht erkannt

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++

+++Täglich wissen, was in Siegen und dem Siegerland passiert: Hier kostenlos für den Newsletter anmelden!+++