Siegen. Drei Mal ausverkauft: Die Philharmonie spielt Filmmusik im Apollo – bei Hitchcocks „Rebecca“ wird es richtig gruselig.

Die Musik in Filmen und die Bässe in Chören verbindet etwas: Beide spielen eine eher begleitende Rolle. Wenn sie aber nicht dabei sind, fehlt etwas. Seit Jahren gehört die Gala der Filmmusik im Apollo zusammen mit den Neujahrskonzerten zu den angesagtesten Programmen. Auch in diesem Jahr sind die drei Konzerte der heimischen Philharmonie ausverkauft. Die Musikfreunde wissen: Bei der Filmmusik tritt das Orchester mit „voller Kapelle“ auf und engagiert sogar noch Gastmusiker, um die gefühlstrunkenen Klänge zu erzeugen, die diese Gattung der Musik ausmachen.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Fulminanter Einstieg mit Ohrwürmern

Sie beginnen mit einem Medley von Ohrwürmern, die jeder im Saal kennt: Die bekannte Fanfare der Filmgesellschaft „Metro Goldwyn Mayer“ (die mit dem brüllenden Löwen), mit der Titelmelodie aus „Casablanca“ und aus „Titanic“. Mancher Konzertbesucher fragt sich: „Was soll jetzt noch kommen?“ und Dirigent Markus Huber verkündet schmunzelnd: „Was jetzt kommt, ist der Zugabenteil“. Doch der dauert, nur unterbrochen von einer Pause, noch einmal fast zwei Stunden und hält manche Überraschung bereit. Und das Schöne nach diesem fulminanten musikalischen Einstieg ist: Sowohl die Musiker auf der Bühne wie auch die Zuhörer im Theatersaal sind auf Betriebstemperatur.

+++ Lesen Sie auch: Stadthalle abgebrannt: Kreuztal muss noch Jahre ohne leben +++

„Robin Hood“ und „Rebecca“: Geschichten hinter dem Titel

Zum Beispiel bei „Robin Hood“, nicht in der Walt-Disney-Zeichentrickversion, sondern in der Urfassung mit Errol Flynn aus dem Jahr 1938. Die Filmmusik schrieb Erich Korngold, ein Wiener Komponist der späten Romantik, der in der Nazizeit als Jude verfolgt wurde, rechtzeitig nach Amerika auswanderte und sich in Hollywood zu einem der Stars der Filmmusik entwickelte: Ein Klanggemälde, mit bombastischen Ausbrüchen und dann wieder zart, zerbrechlich.

Eine Filmmusik hat es Dirigent Markus Huber ganz besonders angetan: Die des Alfred Hitchcock-Psychothrillers „Rebecca“, komponiert von Franz Waxman, der ein ähnliches Emigrantenschicksal wie Erich Korngold hatte. „Das Orchester kann es auswendig, und doch lasse ich sie in Proben immer wieder spielen - weil ich das Stück abgöttisch liebe“, gesteht Huber. Und tatsächlich: Die Musik zu einer gruseligen Mordszene ist so wirklichkeitsnah, dass der Gänsehaut-Faktor im Saal nach oben ausschlägt, auch wenn die Allermeisten den Film noch nie gesehen haben.

+++ Lesen Sie auch: Siegen: Wasserschaden im Neubau – Orchester kann nicht rein +++

Höhepunkte: Sängerin Lesley Jost und Schlagwerker David Friedrich

Ganz im Gegensatz zu „Titanic“. Bei dem dramatischen Titelsong kommt ein Überraschungsgast auf die Bühne: Die aus Siegen stammende Lesley Jost, die vor einigen Monaten schon einmal mit ihrem Adele-Programm das Publikum in der Kreuztaler Otto-Flick-Halle zu Ovationen hinriss. Mit „My Heart will go on“ steigt sie in die wahrlich großen Schuhe von Céline Dion, die mit diesem Lied alle Verkaufsrekorde gebrochen hat. Doch Lesley Jost singt diese Ballade, als hätte sie nie etwas anderes gemacht: Dem Inhalt des Lieds dienlich und auch mit der notwendigen herzzerreißenden, schmachtenden Dramatik am Ende.

Das Publikum ist aus dem Häuschen. Ebenso beim Auftritt von David Friedrich, einem der fünf Schlagwerker des Orchesters, die an diesem Abend für den nötigen Rhythmus sorgen. Bei der musikalischen Reise in die Schwarz-Weiß-Stummfilm-Zeit kommt man an Charly Chaplin nie vorbei: Dieser Alleskönner, Darsteller, Autor, Regisseur, Schnittmeister und Produzent seiner Werke hat auch die jeweilige Filmmusik geschrieben. Und beim „A Tribute to Charlie Chaplin“ wird David Friedrich zu Charly: Als Stepptänzer, mit dem typischen Hut und dem Spazierstock. Großartig.

+++ Lesen Sie auch: Apollo Siegen: „Pubertier“-Theaterstück ist kein „Must-have“ +++

Philharmonie Südwestfalen Freitag in der Elbphilharmonie Hamburg

Die Breite der Filmmusik an diesem Abend ist groß: „Forrest Gump“ mit den Anklängen an Rock, Pop und Country, „Dschungelbuch“, „Star Treck“ oder „Harry Potter“. Die Musiker der Philharmonie Südwestfalen, von denen viele an diesem Abend auch ihre solistische Kunst zeigen können, haben dem Publikum einen unvergesslichen Abend geschenkt. Und gezeigt, dass sie in Bestform sind für den sicherlich bedeutendsten Auftritt der Orchestergeschichte: Freitag Abend in der weltberühmten Elbphilharmonie in Hamburg.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++