Siegen. Keine Resignation: Die Realschule Am Oberen Schloss bietet eine Berufsmesse an, die Achenbacher Hauptschule befasst sich mit dem Nazi-Terror

Übernächste Woche stimmen Siegener Bürgerinnen und Bürger darüber an, ob Haupt-. und Realschulen in der Stadt erhalten bleiben sollen. Beide haben gerade beim Anmeldeverfahren für das nächste Schuljahr Nackenschläge erlitten: Im Windschatten der neuen Gesamtschule Am Rosterberg reichen die Anmeldezahlen nicht mehr aus. In den Schulen wird dennoch unverdrossen weitergearbeitet: Die Achenbacher Hauptschule befasst sich mit den Bücherverbrennungen der Nazis vor 90 Jahren, die Realschule Am Oberen Schloss stellt mit ihrer Berufsmesse die Vorbereitung auf das Arbeitsleben in den Vordergrund.

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Hauptschule: Vor 90 Jahren wurden auch in Siegen Bücher verbrannt

„Wenn ihr euch nicht an diese Dinge erinnert, wird es keiner tun“, sagte Dr. Jens Aspelmeier vom Aktiven Museum Südwestfalen. Diese Dinge sind in dem Fall die Verbrechen der Nationalsozialisten. Im Buch „Ede und Unku“ geht es um die Freundschaft eines deutschen Jungens zu einem Mädchen der Sinti und Roma. Grund genug für die Nationalsozialisten das Buch bei der Bücherverbrennung in 1933 zu vernichten.

Aber warum haben die Nationalsozialisten vor 90 Jahren überhaupt Bücher verbrannt? „Weil sie von jüdischen Schriftstellern waren“, sagte ein Zehntklässler. Werke die der Ideologie der Nationalsozialisten nicht entsprachen, wurden auf Scheiterhaufen verbrannt. Damit wurden nicht nur Bücher zerstört, sondern auch die Leben der Autoren und Autorinnen. Einige konnten flüchten, andere wurden verhaftet und in Konzentrationslager gebracht.

Zum Gedenken an die Bücherverbrennung haben das Aktive Museum Südwestfalen und die Uni Siegen eine Reihe an Lesungen in Schulen organisiert. Gelesen werden genau die Bücher, die damals verbrannt wurden. Die Achenbacher Schule war der zweite Stopp, bis zum 10. Mai folgen weitere Lesungen. Arne Fries, Dezernent für Kultur, Sport und Ordnung, las Ausschnitte der Geschichte von „Ede und Unku“. „Ich liebe Bücher - Bücher entfalten einen wahnsinnigen Raum in meinem Kopf“, so Fries.

Schule besucht Buchenwald-Gedenkstätte

„Ede und Unku“ von Alex Wedding erzählt die Geschichte von Ede, der mit Unku, einem Sinti und Roma Mädchen, befreundet ist. Trotz der unterschiedlichen Lebensverhältnisse – - Unku lebt mir ihrer Großfamilie in einem Wagen und zieht umher - verstehen sich die beiden Kinder bestens. Das Besondere: Unku ist eine reale Person, die nach Auschwitz gebracht wurde und nicht überlebte.

Gedenken an die Bücherverbrennung: Stadtrat Arne Fries liest in der Achenbacher Hauptschule..
Gedenken an die Bücherverbrennung: Stadtrat Arne Fries liest in der Achenbacher Hauptschule.. © WP | Annelie Manche

Die Autorin Alex Wedding wurde als Margarete Bernheim geboren und war Jüdin und aktive Kommunistin. Ihr Pseudonym leitet sich vom Namen des Alexanderplatzes und dem Bezirk Wedding in Berlin her. Sie setzte sich vor allem für die Kinder- und Jugendliteratur ein. „Kinder in Armut haben auch ein Recht auf Geschichten“, erklärte Dr. Jana Mikota von der Uni Siegen die Überzeugung der Schriftstellerin. Wegen der positiven Darstellung der Lebensweise der Sinti und Roma und der Freundschaft der beiden Kinder wurde das Buch 1933 von den Nationalsozialisten verbrannt. In den 1950er Jahren war „Ede und Unku“ Pflichtlektüre an allen Schulen der damaligen DDR.

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„Alles was stattgefunden hat, hat auch in Siegen stattgefunden“, erklärte Dr. Jens Aspelmeier. So wurden nach Augenzeugenberichten auch Bücher auf dem Schulhof Hainer Schule in Siegen verbrannt. Die Zehntklässler waren interessiert und aktiv am Gespräch beteiligt und berichteten auch von ihrem Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Buchenwald vor den Weihnachtsferien.

Realschule: Berufsmesse mit 18 Betrieben

Die Realschule Am Oberen Schloss zeigt ihr starkes Engagement für die Berufsorientierung für ihre Schülerinnen und Schüler. Unter dem Motto „Be my Valentine” konnten die Jugendlichen der Jahrgangsstufen 8 bis 10 am Dienstagnachmittag die Vertreter verschiedenster Branchen kennenlernen.

„Unser Augenmerk liegt als Realschule natürlich stark auf der Ausbildung, auch wenn immer mehr Schülerinnen und Schüler in Richtung Abitur gehen”, so Schulleiter Joachim Steinebach. Neben größeren Veranstaltungen wie der Berufsmesse organisiert die Schule regelmäßig Orientierungstage. Für die Schülerinnen und Schüler der achten Klassen ist die Berufsvorbereitung sogar ein fester Bestandteil des Stundenplans: „Einmal pro Woche für eine Stunde werden sie auf die Ausbildung oder eine weitere Schulbildung vorbereitet. Früher klärte einen das Elternhaus über Berufe auf. Mittlerweile wird das mehr und mehr von den Schulen übernommen”, erklärt Joachim Steinebach. „Die Aufklärung ist sehr wichtig und wird auch gut angenommen”, ergänzt der Schulleiter.

Am Valentinstag besuchten 18 Firmen die Realschule, darunter VW Schneider, die Bauunternehmung Hundhausen, die Kinderklinik und die AWO. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich drei Wochen vor der Veranstaltung für vier Unternehmen entscheiden. Die Jugendlichen besuchten die Präsentationen der ausgewählten Firmen dann am Dienstag für 30 Minuten in den jeweiligen Räumen.

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Manchmal werden auch Ausbildungsplätze gewonnen

„Die Berufsgruppen waren alle abgedeckt, es war sehr breit gefächert“, so Joachim Steinebach. Der direkte Kontakt zu den Unternehmen auf eigenem Terrain sei für die Jugendlichen auch ein Vorteil: „Dadurch, dass wir auf unserem Schulgelände sind, sinkt die Hemmschwelle der Schülerinnen und Schüler.” Durch die Berufsmesse seien auch in der Vergangenheit viele Praktikumsplätze, wenn auch selten, Ausbildungsplätze gewonnen worden. „Es ist eine Win-Win-Situation für die Unternehmen und die Schülerinnen und Schüler”, sagt der Schulleiter Steinebach.

Die Berufsmesse ist ein Teil des Konzepts der Talentschule am Oberen Schloss. Im Rahmen des landesweiten Pilotprojekts werden der Schule mehr Fachkräfte zugewiesen – somit sei es möglich, in kleineren Gruppen zu arbeiten. „Wir können mit Doppelbesetzungen unterrichten und Kleingruppen mit fünf bis sechs Schülern pro Lehrkraft bilden.“

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