Wilnsdorf. Unternehmen aus Wilnsdorf kämpft gegen Tabu: Ihr Tampon- und Bindenspender „tabi“ soll Frauen in der Not helfen und die Periode normalisieren.

Tampon oder Binde vergessen und plötzlich setzt die Periode ein. Fast jede Frau kennt das Szenario. Und nicht immer ist das passende Hygieneprodukt in greifbarer Nähe. Dieses unangenehme Problem möchte die „Wilhelm Klein GmbH“ lösen und Menstruationsartikel mithilfe ihres „tabi-Spenders“ auf öffentlichen Toiletten kostenlos zur Verfügung stellen.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

„Der tabi-Spender passt perfekt in den Zeitgeist und in unser Sortiment“, sagt Jessica Moos, Teamleitung Marketing. „Solch ein Spender sollte in jedem vernünftig ausgestatteten Waschraum zu finden sein, um alle Bedürfnisse abzudecken.“ Das Großhandelsunternehmen aus Wilnsdorf vertreibt schon seit über 50 Jahren Hygieneartikel und Reinigungsmittel und erweitert ihr Sortiment regelmäßig mit Eigenmarken wie dem tabi Tampon- und Bindenspender.

So leiden die Frauen unter der aktuellen Situation

„Wir wollten einen Spender entwickeln, mit dessen Hilfe Tampons und Binden auf der Toilette frei zugänglich werden. Als Lösung für ein riesiges Problem vieler Frauen“, sagt Dominik Daub, Teamleitung Vertrieb. Aufgrund der anhaltenden Diskussion in einigen europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, die Mehrwertsteuer auf Menstruationsartikel zu senken oder diese den Frauen sogar kostenlos zur Verfügung zu stellen, sei das Unternehmen 2020 auf das Thema aufmerksam geworden. „Es gibt viele Frauen in Deutschland, die von Periodenarmut betroffen sind“, weiß Jessica Moos. „Manche Frauen müssen sich am Ende des Monats entweder für teure, aber notwendige Menstruationsartikel oder aber für Lebensmittel entscheiden.“

+++Lesen Sie auch: Periode: Für jede vierte Frau sind Hygieneartikel zu teuer+++

Die Mehrwertsteuer auf Menstruationsprodukte wurde zwar mittlerweile in Deutschland gesenkt, aber leider blieben Tampons und Binden sehr kostspielig. Es gebe genügend Menschen, die auf die Tafel oder andere soziale Einrichtungen angewiesen sind, die zum Teil auch Hygieneprodukte verteilen würden. „Da sollte es doch eine Kleinigkeit sein, solche grundlegenden Produkte für Frauen kostenlos anzubieten.“, so Jessica Moos.

Jessica Moos und Dominik Daub der „Wilhelm Klein GmbH“ in Wilnsdorf stellen ihren Tampon- und Binderspender
Jessica Moos und Dominik Daub der „Wilhelm Klein GmbH“ in Wilnsdorf stellen ihren Tampon- und Binderspender "tabi" vor. Beide sind begeistert von dem Produkt.   © Verena SchlüteR

So einfach ist die Bedienung des tabi-Spenders

Der Name tabi ist eine Zusammensetzung der Wörter Tampon und Binde. „Manchmal ist simpel einfach gut! Der Name bleibt hängen und auch die Befüllung und Entnahme der Produkte ist selbsterklärend“, sagt Jessica Moos. Viele Kunden finden die Idee spannend und innovativ, einige befürchten jedoch, dass der tabi-Spender demoliert werden könnte oder die Produkte in großen Mengen gehortet werden. Die Sorge, dass das Angebot missbraucht werden könnte, sehen die Entwickler nicht. „Der Spender ist aus robustem Edelstahl gefertigt worden, zudem schützt ein Schloss vor einer übermäßigen Füllentnahme“, so Dominik Daub.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++

So wird die Menstruation von der Gesellschaft tabuisiert

Umso mehr öffentliche Einrichtungen einen tabi-Spender nutzen, desto präsenter werden frei zugängliche Periodenartikel im Alltag. Das langfristige Ziel des Unternehmens ist es daher, dass der Spender in jeder Toilette zum Standard wird: „Wir wollen mit dem tabi-Spender in allen öffentlichen Bereichen sichtbar werden und Periodenprodukte normalisieren“, erklärt Dominik Daub. Wenn Frauen wissen, dass es den tabi auf jeder öffentlichen Toilette gibt, entstehe für sie auch gar nicht erst die Not, die Produkte an einem Standort komplett zu entnehmen, um sie zu horten.

Der „tabi-Spender“

Im Herbst 2022 ist der „tabi“ nach zwei Jahren Entwicklung auf den Markt gekommen. Der Spender hat zwei verschieden große Fächer, aus denen die Frauen die Produkte entnehmen können.

In den tabi-Spender passen insgesamt 40 Binden und 160 Tampons. Er ist nicht an einen bestimmten Hersteller gebunden und kann mit Binden oder Tampons unterschiedlicher Firmen befüllt werden. „Wir beziehen die Artikel von verschiedenen Produzenten aus Deutschland“, betont auch Dominik Daub.

Gesellschaftlich sei die Menstruation nach wie vor ein Tabuthema. Frauen sind Meister darin, Produkte für ihre Menstruation unsichtbar auf die Toilette zu schmuggeln, ohne dass es irgendwer mitbekommt. „Wir wollen das ändern“, so Jessica Moos. Der tabi soll dazu beitragen, indem er öffentlich sichtbar macht, dass Tampons und Binden ganz normale Dinge sind, auf die alle Frauen angewiesen sind und so Damen-Hygieneartikel enttabuisieren. „Wir müssen aufhören, uns für unsere Menstruation zu schämen. Periodenartikel sollten wie Toilettenpapier für alle Frauen überall frei zugänglich sein“, so Jessica Moos.

Bis dahin sei es aber noch ein langer Weg. Viele Männer haben nach wie vor nur wenig Verständnis für die Nöte der Frauen, da es sie nicht betrifft. Gerade für junge Mädchen, bei denen die Periode noch sehr unregelmäßig einsetzt und denen es noch unangenehmer ist, darüber zu sprechen, sei die Normalisierung und Sichtbarkeit von Periodenprodukten wichtig. Das Unternehmen sieht daher vor allem an Schulen dringenden Handlungsbedarf. Die Stadt Siegen hat bereits angekündigt, Hygieneartikel für die Periode an Schulen kostenlos anzubieten.

+++Lesen Sie auch: Grüne fordern kostenlose Tampons und Binden+++

Die Frauen können die Hygieneartikel ganz leicht aus den Öffnungen des Spenders entnehmen. 
Die Frauen können die Hygieneartikel ganz leicht aus den Öffnungen des Spenders entnehmen.  © Wilhelm Klein GmbH

So möchte das Unternehmen aus Wilnsdorf weiter vorgehen

Das Unternehmen bekomme viel positives Feedback von den Kunden, die die Spender bereits angebracht haben. Umso mehr Eigentümer von öffentlichen Toiletten auf den tabi aufmerksam werden, desto präsenter wird er in der Gesellschaft. Die Eigenmarke tabi sei für die Wilhelm Klein GmbH mehr als „nur“ ein Produkt, da es entscheidend zur Normalisierung der Periode beitrage. Die Firma aus Wilnsdorf will mit dem tabi-Spender zu einem Wandel beitragen.

Es habe sich über die Jahre zwar schon viel verändert, die Enttabuisierung der Periode müsse dennoch weiter vorangetrieben werden. „Wir leisten nach wie vor viel Überzeugungsarbeit, um die Leute mit all ihren Fragen abzuholen“, erklärt Dominik Daub. Das gelinge nur, wenn man komplett hinter dem Produkt stehe. Bei der Beratung rege der tabi-Spender immer neue kontroverse Diskussionen an: „Das zeigt uns, wie interessant der neue Spender ist.“

+++Täglich wissen, was in Siegen und dem Siegerland passiert: Hier kostenlos für den Newsletter anmelden!+++

Wilhelm Klein GmbH: Ein vielseitiges Sortiment

Die Wilhelm Klein GmbH ist ein Familienbetrieb mit einer langen Geschichte. Das Unternehmen wurde 1958 als Ein-Mann-Betrieb im Siegener Raum gegründet und ist seitdem stetig gewachsen. Damals übernahm Wilhelm Klein das Geschäft von seinem Vater Fritz Klein und verkaufte aus einem Bulli heraus technische Öle, Fette, Schmierseife. Zur Jahrtausendwende übergab er die zu einem Großhandel ausgebaute Firma an seinen Sohn Tilmann Klein. In Wilnsdorf sind aktuell 200 Mitarbeiter tätig. Das Sortiment ist stetig erweitert worden und umfasst eine große Bandbreite an Hygieneprodukten und Reinigungsartikel.

Darunter verschiedene Hygienepapiere, Inkontinenzprodukte für Erwachsene, Reinigungsmaschinen, Produkte zum medizinischen Bedarf und unterschiedliche Spender für Seifen, Handtüchern oder Desinfektionsmittel wie ihre mobile Desinfektionssäule „Desitower“. Zu den Kunden des Unternehmens zählen unter anderem Krankenhäuser, Altenheime, Gebäudereiniger und verschiedene öffentliche Einrichtungen. „Wir sind bereits sehr stark im Bereich Waschraum-Ausstattung und entwickeln kluge Lösungen für die jeweiligen Kundenbedürfnisse“, erklärt Dominik Daub, Vertriebsleiter.

+++Lesen Sie auch: Erzquell-Party-Night in Wilnsdorf+++

Die Wilhelm Klein GmbH bietet Beratung für Betroffene von Inkontinenz und Vertreter der stationären Bereiche (Krankenhäusern oder Wohnheime) an. In den nächsten Jahren will das Unternehmen auf ihrem Firmengebäude in Wilnsdorf ein Kompetenzzentrum einrichten. „Genauso wie bei der Menstruation möchten wir so dazu beitragen, dass das Thema Inkontinenz enttabuisiert wird und Betroffene sich ernst genommen fühlen“, erklärt Jessica Moos.

Inkontinenz betreffe nicht nur alte Menschen, sondern auch viele Jüngere. Nach einer Schwangerschaft habe eine Vielzahl an Frauen mit diesem Problem zu kämpfen. Auch für ihre Reinigungsmittel und Reinigungsmaschinen bietet das Großhandelsunternehmen Beratungsmöglichkeiten. Die verschiedenen Putzmaschinen können von Kunden gemietet werden. Das Unternehmen beschäftigt ein Team von Technikern, das die Maschinen wartet, repariert und ausliefert.