Siegen. Per Mail wird ein Amoklauf in Siegen angekündigt. Es soll die Stadtverwaltung treffen. Das steckt dahinter.
In der Siegener Stadtverwaltung ist eine Amokdrohung eingegangen, bei der auch die umstrittene Polizei-Software „Palantir“ eine Rolle spielt. Das Programm hat laut NRW-Innenministerium erheblichen Anteil daran, den verdächtigen schnell ausgemacht zu haben.
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Die Person habe im Oktober per E-Mail einen Amoklauf wegen der bundesweit beachteten „Oben-ohne-Erlaubnis“ für Siegener Schwimmbäder angekündigt. Die E-Mail-Adresse habe via „Palantir“ in Sekundenbruchteilen die verdächtige Person enthüllt, hieß es aus dem Innenministerium.
Die Meldung über die Änderung der Badeordnung war Mitte Oktober noch einmal deutschlandweit verbreitet worden. Mit dem Satz: „Dabei muss die Badebekleidung die primären Geschlechtsmerkmale vollständig bedecken“ hatte der Rat das Bedecken der Brüste für alle Geschlechter freigestellt. Schon im September hatte Bürgermeister Steffen Mues im Rat von „übermäßig beleidigenden Reaktionen“ berichtet: „Es war wirklich schrecklich.“
Und dann die Amokdrohung: Über „Palentir“, das neue Programm für Datenbankübergreifende Recherche und Analyse (DAR), habe die E-Mail-Adresse „explizit einer polizeibekannten Person zugeordnet werden können“, erklärte Patrick Rohmann, Sprecher des NRW-Innenministeriums, dieser Zeitung auf Anfrage. Der Verdächtige wohnt in Köln, der dortige´Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen übernommen.
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Schießerei unter Duisburger Clanmitgliedern
Auch in anderen Fällen kam die Software zum Einsatz: Im August habe das Programm zudem für Datenbankübergreifende Recherche und Analyse (DAR) – so die offizielle Bezeichnung – von einem Einbrecher zu einer ganzen Bande geführt. Ebenfalls im August habe die Software nur über einen Spitznamen und eine Telefonnummer mit gefälschten Besitzerdaten die Identität eines Mannes gelüftet, der ein 13-jähriges Mädchen missbraucht haben soll.
Bisher unbekannt war auch die Rolle von „Palantir“ nach einer Schießerei mit zahlreichen Clan-Mitgliedern in Duisburg. Wie ein Duisburger Ermittler sagte, konnte man schnell 51 der rund 100 Beteiligten identifizieren. „49 davon konnten miteinander verfeindeten Gruppierungen zugeordnet werden.“ Die Zusammenstellung der verfügbaren Informationen habe pro Person rund 20 Minuten gedauert.
Die Fälle belegen aus Sicht des Innenministeriums den Wert der US-Software, die von der Opposition aus Datenschutz- und Kostengründen immer wieder ins Visier genommen wird. Im Innenausschuss des Landtags hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag, 27. Oktober, betont, das DAR-System sei keine „Datenkrake“. Das Programm verknüpfe schlicht Einträge aus dem Waffenregister, aus Einwohnermeldedaten, dem polizei-internen Vorgangsbearbeitungssystem oder dem Fahndungsportal.
Preiswert ist das nicht. Seit Vertragsabschluss 2019 bis zum Lizenzende 2025 werden die Kosten laut Ministerium rund 39 Millionen Euro betragen.
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