Siegen. Für viele Menschen in Siegen und Umland ist die neue Fahrkarte durch ganz Deutschland billiger als jetzt die Monatskarte zum Arbeitsplatz.

Eigentlich sollen auch zum 1. August 2023 die Fahrpreise erhöht werden, wie in jedem Jahr zum 1. August. Diesmal sollte die Veränderung sogar etwas größer sein: „Wir diskutieren darüber, das Ticketsortiment zurückzuführen“, berichtet Thomas Ohleff, der beim Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) für Tariffragen zuständig ist, von Überlegungen der im Westfalentarif zusammengeschlossenen Zweckverbände. Das erledigt nun zu einem großen Teil das 49-Euro-Ticket. Alle Fahrscheine, die jetzt schon teurer sind, sind damit abgeschafft.

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Ticket lohnt schon beim Pendeln in der eigenen Stadt

Wer spart auf jeden Fall?

Jeder, der jetzt eine Monatskarte von Preisstufe 2 aufwärts bezahlt, also über die eigene Stadtgrenze hinaus zum Arbeiten in den Nachbarort pendelt. Da kostet nämlich sogar das 9-Uhr-Monatsticket im Abo jetzt schon 60,30 Euro, und wer im Berufsverkehr früher fahren muss, bezahlt sogar 86,20 Euro. Selbst in der Preisstufe 1, also innerhalb eines Stadtgebietes, sparen Fahrgäste, die heute ein 30-Tage-Ticket oder ein reguläres Monats-Ticket im Abo haben: Auch ihre Fahrkarten kosten jetzt schon mehr als 49 Euro. Über größere Distanzen, ab Preisstufe 4, ist sogar das jetzige 7-Tage-Ticket (53 Euro) teurer.

Was ist mit Schüler-, Job-, Azubi- und Semester-Ticket?

Da wird zunächst einmal neu gerechnet werden müssen, glaubt Stephan Boch, Prokurist und Sprecher der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS). Das Schülerticket wird von den Kreisen bezahlt, das Semesterticket ist in den Semesterbeitrag der Studierenden eingerechnet. Das billigste Jobticket, das nur innerhalb eines Stadtgebietes gilt, kostet schon 49 Euro. Außer Konkurrenz bleibt die Mobilitätscard für Menschen, die Sozialleistungen beziehen – sie kostet jetzt als Netzkarte für Siegen-Wittgenstein und Olpe 29,90 Euro.

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Im ländlichen Raum passt das Angebot nicht

Wer wird das 49-Euro-Ticket kaufen?

Jede und jeder, die und der heute im Alltag mehr als 49 Euro für seinen Fahrschein ausgibt. Darüber hinaus aber auch die, die jetzt Einzel- oder Vier-Fahrten-Tickets kaufen, aber auch gelegentlich einmal weiter weg wollen. Immerhin kostet schon das NRW-Pauschalticket für einen Tag 30,60 Euro und die einfache Fahrt von Siegen nach Frankfurt 23,10 Euro. Und natürlich funktionieren für 49 Euro auch all die Urlaubsabenteuer mit dem Nahverkehr quer durch die Republik, die im Sommer schon mit dem 9-Euro-Ticket gefeiert wurden. Thomas Ohleff vom ZWS glaubt allerdings, dass „vermutlich nicht so eine große Zielgruppe“ wie mit dem 9-Euro-Ticket erreicht wird. 49 Euro sind halt mehr – und dann ist da noch die technische Hürde: „In erster Linie wird das ein digitales Abo.“ Das man nicht am Automaten buchen kann.

Und wer nicht?

Außer denen, die jetzt schon billiger (oder gar nicht) fahren, auch die, die mit ihrem 49-Euro-Ticket auf der Strecke bleiben. „Eher im städtischen Raum“, schätzt Stephan Boch von den VWS, wird das neue Angebot seine Nutzer finden, nicht auf dem Land mit dem dünneren Fahrplan. Stephan Boch ist skeptisch, was die Erwartungen von besserem Nahverkehrsangebot bei steigender Nachfrage angeht: „Es wird eher weniger als mehr.“ Denn auch den Busunternehmen geht das Personal aus.

Das Ende des Tarif-Dschungels im Siegener Dreiländereck

Was bedeutet das 49-Euro-Ticket für das Busunternehmen?

„Ein guter Ansatz“, sagt VWS-Sprecher Stephan Boch, „eine gute Chance, Hürden, den ÖPNV zu nutzen, etwas niedriger zu legen.“ Denn außer dem Preis punktet das Ticket damit, dass sich niemand mehr mit Automaten, Tarifzonen und ähnlichem auseinandersetzen muss – was gerade im Dreiländereck eine Wissenschaft für sich ist. Die sich übrigens für den, der sie beherrscht und der die Kniffe bei den einzelnen Verkehrsverbünden kennt, durchaus auszahlt. Auf der anderen Seite: „Sportlich“ sei das schon, bis zum 1. Januar einen fälschungssicheren und prüfbaren digitalen Fahrschein entwickeln zu wollen. Und: „Möglichst zeitnah“ müsse den Verkehrsunternehmen auch ihr Einnahmenausfall ausgeglichen werden – die Rechnung für das 9-Euro-Ticket sei bisher jedenfalls nicht bezahlt.

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Ist ab 1. Januar wieder mit überfüllten Bussen und Bahnen zu rechnen?

„Beim Bus haben die Kapazitäten gut hingehauen“, erinnert Thomas Ohleff an die Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket, „die Probleme gab es eher bei der Bahn.“

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