Siegen. Die Feuerwehr sucht Nachwuchs. Der Job ist nicht ohne, die Ausbildung auch nicht. Zwei Anwärter erzählen, warum sie nichts lieber machen würden.

Die Arbeit bei der Feuerwehr kann hart sein, aber sie ist ein Traumberuf. Finden nicht nur Jan Klauke und Christoph Monseur, die vor ihrer Abschlussprüfung zum Brandmeister stehen. Das finden wohl alle Berufsfeuerwehrleute, in Siegen und weit darüber hinaus: Wohl kaum eine Arbeit ist so vielfältig und abwechslungsreich, bietet so viel Möglichkeiten, anderen Menschen zu helfen. Und die Feuerwehr wird zu einer Art zweiten Familie: Zwei Tage am Stück Dienst, das schweißt zusammen – und das muss es auch. In Notsituationen müssen sie sich aufeinander verlassen können, hundertprozentig.

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Alle zwei Jahre startet bei der Feuerwehr Siegen ein neuer Lehrgang für Brandmeister-Anwärter*innen. Bei der vergangenen Auswahlrunde war es schon knapp geworden: Fast 180 Bewerber gab es zu Anfang, sie durchliefen Online- und Sporttest, am Ende blieben noch 14 übrig – für zehn Stellen. Der Personalmarkt ist ohnehin knapp: Wer Brandmeister werden will, muss eine abgeschlossene Berufsausbildung mitbringen (siehe Infobox). Mit dem zusätzlichen Nachteil, nach dieser Lehre nochmal neu anfangen zu müssen, als Auszubildende eben. 18 Monate dauert die Ausbildung, sagt Ingo Gutsch, der bei der Feuerwehr Siegen für die Grundausbildungslehrgänge zuständig ist. Pressesprecher Sven Kosch wirbt auf allen Kanälen für den Feuerwehrberuf. Aber die Vorteile überwiegen bei Weitem, sagen Jan Klauke und Christoph Monseur.

Als Familienvater nochmal beruflich neu anfangen – als Azubi bei der Feuerwehr Siegen

Jan Klauke wusste genau, worauf er sich einlässt. Der gelernte Industriemechaniker ist schon lange in der Freiwilligen Feuerwehr, durch ein Gespräch mit zwei Kameraden der hauptamtlichen Wache reifte in ihm der Wunsch, das Hobby zum Beruf zu machen. Als sein Unternehmen in die Kurzarbeit ging, alle Azubis nach der Lehre nicht übernommen wurden, war für ihn klar: Jetzt oder nie. Im Unterschied zur Freiwilligen Feuerwehr besteht ein großer Anteil auf der hauptamtlichen Wache im Rettungsdienst. Viel in Kontakt mit Menschen zu sein, ihnen zu helfen, generell etwas Gutes zu tun – das motivierte ihn, sagt der 22-Jährige. Und die Kameradschaft. Der Umgang miteinander – völlig anders als in der Industrie. Da reiche es oft, einfach nur zu funktionieren. Die persönliche Wertschätzung sei in der Feuerwehr-Familie wesentlich anders. Klar, wer mit 16 die Realschule abschließe, „braucht auch mal einen auf den Deckel“, sagt der Meiswinkeler grinsend.

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Christoph Monseur ist einer, der sich mitten im Berufsleben entschied, noch einmal von vorne anzufangen. Auch der Alchener ist seit der Jugend Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Nach Ausbildung und Wehrdienst wollte er Berufsfeuerwehrmann werden, aber es gab seinerzeit kaum Stellen. Also suchte er sich einen Job in der Industrie, heiratete, wurde Vater einer Tochter. Aber der Traumberuf blieb. Irgendwann dachte sich Monseur: Versuch’s doch wenigstens. „Wenn ich es nicht wenigstens probiert hätte, hätte ich mich immer geärgert“, sagt er. Und es klappte.

Schichtdienst bei der Feuerwehr Siegen gut für das Familienleben

Mit Familie ist der Schritt größer als für Junggesellen, aber Christoph Monseur hat ihn nicht bereut. „Vorher war ich Pendler“, sagt der 41-Jährige, war viel von zuhause weg. Jetzt arbeitet er zwei Tage, hat zwei Tage frei. „Ein riesiger Vorteil“, findet er – als er sich bewarb, war seine Frau grade in Elternzeit, da muss so ein Schritt gut überlegt sein. Aber unter dem Strich gewinne er auch sehr viel Zeit für Haus und Familie. „Ohne meine Frau, die mir den Rücken freigehalten hat, wäre es nicht gegangen“, sagt Monseur. Und die Besoldung sei gerade bei seinem Familienstatus auch deutlich attraktiver: Für verheiratete Väter gibt es nämlich Zulagen, erklärt Ingo Gutsch.

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Auch Monseur schätzt die Atmosphäre in der Wache. „Ich war lange in der Industrie – ich hatte auch da gute Freunde, aber hier ist der Umgang nochmal ganz anders.“ Neben der Technik liebt auch er es, Menschen in Not zu helfen, etwas Gutes zu tun. „Und wer würde nicht gerne mit einem großen roten Auto durch die Stadt fahren“, sagt er augenzwinkernd.

HINTERGRUND: So läuft die Bewerbung bei der Feuerwehr Siegen ab

Die Feuerwehr Siegen sucht wieder Brandmeister: Bewerbungsschluss ist Freitag, 30. September, los geht es am 1. Juli 2023.

Bewerberinnen und Bewerber für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst benötigen mindestens einen Hauptschulabschluss und eine berufliche Ausbildung in einem handwerklich oder medizinisch geprägten Beruf. Vor der Einstellung werden die Bewerberinnen und Bewerber in einem intensiven Eignungstest auf ihre körperliche und geistige Eignung geprüft.

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Schriftlicher (Online-)Eignungstest: Allgemeinwissen, Kenntnisse in Deutsch und Mathematik und Wissen über die Feuerwehr im Allgemeinen.

Sportlicher Einstellungstest: Fitness ist eine wichtige Voraussetzung, geprüft werden Kraft, Kondition und Koordination. 3000-Meter-Lauf, Drehleitersteigen und die Schwimmdisziplin sind Ausschlusskriterien, erläutert Ingo Gutsch, alle anderen Leistungen werden benotet, schlechtere können durch bessere ausgeglichen werden.

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Situationsverhalten: Eine Herausforderung für die Persönlichkeit – wie reagieren in bestimmten, herausfordernden Lagen? Bei Christoph Monseur war das zum Beispiel eine ältere Frau, die auf einer Landstraße eine Reifenpanne hatte: „Da ging es nicht um die handwerkliche Arbeit, sondern wie ich als Mensch handle.“

Bewerbungsgespräch und Ärztliche Untersuchung gehören ebenfalls dazu.