Siegen. Alle im Rat finden den künftigen Kremer-Gartenmarkt gut. Über den Verlauf der Geschichte, die mit einem Möbelhaus-Krieg begann, ärgern sie sich.

Grünes Licht für das Naturgartencenter auf dem Heidenberg: Bei neun Gegenstimmen und drei Stimmenthaltungen hat der Rat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan und die Änderung des Flächennutzungsplans gefasst, um im bisherigen Gewerbegebiet an der Wallhausenstraße den Gartenmarkt zuzulassen.

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Grundstückskauf ohne Bauverpflichtung

„Das Konzept hat uns überzeugt“, sagte Joachim Boller (Grüne) – und begründete, warum seine Fraktion das Vorhaben trotzdem ablehnen werde: „Es geht nicht nur um einen Gartenmarkt.“ Ein täglich geöffnetes Restaurant werde Auswirkungen auf die Gastronomie in der Innenstadt haben, zumal sich das Naturgartencenter auch als Ausflugsziel anbiete, das sonntags geöffnet ist. Das Grundstück gehört dem benachbarten Möbelmarkt Ikea, für den das Gartencenter Kremer Wunschnachbar ist. Für eine laut Bebauungsplan vorgesehene Gewerbeansiedlung, so hatte Ikea durchblicken lassen, werde das Unternehmen die Fläche nicht abgeben. Joachim Boller: „Ikea maßt sich an, Entscheidungen zu treffen, die dem Rat der Stadt zustehen.“

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„Dann bleibt die Fläche immer unbebaut“, folgerte Bürgermeister Steffen Mues, „das kann es auch nicht sein.“ Das Gelände war bis 1994 Teil des belgischen Garnisonsstandorts. Fehler damals sei es gewesen, die Grundstücke ohne Bauverpflichtung zu verkaufen. „So etwas müssen wir in Zukunft vermeiden“ , forderte Markus Nüchtern (FDP), „aber Ikea ist auch nicht ganz fair mit der Stadt umgegangen“ – das Möbelhaus ist kleiner gebaut worden, als die Stadt Siegen es anscheinend zunächst erwartet hatte. „Siegen wollte Ikea unbedingt haben“, erinnerte Silke Schneider (Linke), „denen wurde jeder Wunsch von den Augen abgelesen.“ Dazu habe auch die Anbindung an den Autobahnzubringer gehört.

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Prozess gegen Konkurrenz aus Freudenberg

Bürgermeister Steffen Mues erinnerte schließlich daran, dass die Fläche erst „über Umwege“ in den Besitz von Ikea gelangt sei. Das Freudenberger Möbelhaus Zimmermann hatte sich das Grundstück gesichert, um vor der Zufahrt des neuen Konkurrenten im Mai 2005 mehrere Plakatwände aufzubauen, auf denen für das eigene Geschäft („Nur eine BAB-Abfahrt weiter“) geworben wurde. Ikea hatte darauf mit Humor reagiert und Werbe-Zeppeline über der Freudenberger Wilhelmshöhe kreisen lassen – zugleich aber auch gegen den Mitbewerber geklagt. Den Prozess verlor Ikea 2008 beim Oberlandesgericht Hamm. Ebenfalls 2008 hatte Möbel Sonneborn in Lüdenscheid Zimmermann übernommen, 2015 kam Sonneborn unter das Dach von XXXLutz.

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Das Grundstück in Siegen, auf dem der neue Gartenmarkt entstehen soll, hatte sich ursprünglich die Konkurrenz von Ikea gesichert.
Das Grundstück in Siegen, auf dem der neue Gartenmarkt entstehen soll, hatte sich ursprünglich die Konkurrenz von Ikea gesichert. © WP | Friedrich Lück

Grünes Ausflugsziel auf 7500 Quadratmetern

Der Gartenmarkt der Lennestädter Garten-Center Kremer GmbH soll eine Verkaufsfläche von 7.500 Quadratmetern haben, das Grundstück vor Ikea ist insgesamt 15.000 Quadratmeter groß. Der „Naturcampus Siegen“ soll, so die Vorlage der Verwaltung „zu einem Begegnungsort für Mensch und Natur werden“ und somit auch ein „grünes“ Ausflugsziel sein – das auch sonntags geöffnet ist. „Große Bäume, Naturgartenstauden und Gräser und eine Vielzahl an Blumenzwiebeln sollen ganzjährig das grüne Aushängeschild des Naturgartencenters ausmachen und die Gestaltung der Stellplatzfläche prägen“, heißt es in der Vorlage der Vorlage. Teile des Parkplatzes würde mit Photovoltaikanlagen versehen und überdacht. Erschlossen wird das Gelände mit Warm- und Kalthalle, Baumschule und Dachgarten von der Wallhausenstraße aus.

Der Naturcampus solle nachhaltige Inhalte vermitteln und attraktiv darstellen sowie die biologische Vielfalt und das ökologische Bewusstsein fördern, so die Vorlage der Verwaltung. „Zum Beispiel werden die Themen ‘Urbane Gärten’ insbesondere für die jüngere Generation oder der ‘Garten als Ort der Ruhe und Besinnung‘ für die ältere Generation aufgegriffen.“ Zum Nachhaltigkeitskonzept der Anlage gehören die Nutzung von Erdwärme, Photovoltaikanlagen, E-Ladesäulen und eine „Ausstellungs- und Mitmachfläche“ für Urban Gardening. 70 Arbeitsplätze sollen entstehen, davon 60 sozialversicherungspflichtig.

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