Siegen-Wittgenstein. Der Alleingang von drei Wittgensteiner Dörfern sorgt für böses Blut im Siegerland – durften sie überhaupt? Fragt die CDU.

Vor allem die Bewohner von Oberfischbach und des Siegener Stadtteils Achenbach dürften sich am Montag die Augen gerieben haben: Berichtet wurde in den Medien über die Silbermedaille, die der Bad Berleburger Stadtteil Arfeld beim Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ errungen hat. Denn den beiden Siegerländer Dörfern war die Teilnahme verwehrt worden.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Auch der Landrat in Siegen ist überrascht

„Sicher ein großer Tag für Arfeld“, beeilt sich Bernd Bran­demann (CDU) im Kultur- und Tourismusausschuss des Kreistags zu versichern, „das haben die wirklich verdient.“ Nur über die „Vorgehensweise“, die „landesweit Aufsehen erregt“ habe, „wird noch zu sprechen sein“. Gemeint ist, dass drei Wittgensteiner Kommunen an einem von der Landwirtschaftskammer organisierten „Bezirksentscheid“ teilnahmen und sich so für den Landeswettbewerb qualifizierten, nachdem der Kreis Siegen-Wittgenstein den eigentlich vorgelagerten Kreisentscheid wegen der Corona-Pandemie erst verschoben und dann ganz abgesagt hatte.

+++ Lesen Sie auch: Siegen: Dörfer sauer – Dorfwettbewerb findet ohne sie statt +++

„Selbst die Jurymitglieder haben davon nichts mitbekommen“, berichtet Bernd Brandemann. Auch er habe von dem Bezirksentscheid nichts gewusst, gesteht Landrat Andreas Müller - bis er von der Stadt Bad Berleburg eingeladen worden sei, an der Bereisung der Bezirkskommission teilzunehmen. Die Initiative zu dem Vorgehen sei wohl „seitens der Kommune“ erfolgt, deutet der Landrat an, „das können wir nicht ändern.“

Interesse nimmt ab

853 Ortschaften haben 2014 in Nordrhein-Westfalen am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft" teilgenommen, 2018 waren es noch 579, 2022 nur 415.

Die Dörfer im Kreis Siegen-Wittgenstein haben seit 1975 in den Landeswettbewerben vier Gold-, 28 Silber- und 23 Bronzeplaketten errungen.

Mit fast 70 zum Kreiswettbewerb angemeldeten Ortschaften wurde 2014 in Siegen-Wittgenstein die bisher stärkste Beteiligung erreicht. 2017 waren nur noch fünf Dörfer dabei.

Verstoß gegen Regeln?

Deutlich wird Ausschussvorsitzender Hermann-Josef Droege (CDU): „Kann denn hier jeder auf eigene Kappe Wettbewerbsteilnahmen organisieren?“ Zumindest, so findet Droege, „hätte man den anderen auch den Tipp geben können“. Wobei Bernd Brandemann das Vorgehen grundsätzlich irregulär findet: Nach den Regularien des Wettbewerbs sei der Bezirksentscheid möglich, wenn aus einem Kreis weniger als fünf Ortschaften teilnehmen und daher keine Kreisentscheidung möglich sei Mit Arfeld, Achenbach, Oberfischbach, Hemschlar und Wingeshausen seien aber genau fünf Dörfer angemeldet gewesen und die Bedingung für einen Bezirksentscheid somit nicht erfüllt. Der Freudenberger fordert Konsequenzen: Es sei zu prüfen, ob die Landwirtschaftskammer „der richtige Träger für den Wettbewerb ist“ – oder ob der Wettbewerb nicht beim Kommunalministerium besser angesiedelt sei.

+++ Lesen Sie auch: Siegen sagt Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ ab +++

Landrat Andreas Müller erinnert daran, dass auch der Heimatbund Siegerland-Wittgenstein „schweren Herzens“ der Absage des Kreiswettbewerbs zugestimmt habe. Allen fünf Dorfgemeinschaften habe der Kreis zum Ausgleich den Betrag von je 2500 Euro für Dorfentwicklungsprojekte zugewendet. „Ich bin in jedem Dorf gewesen.“ Dass die Arbeitsgemeinschaft der Freudenberger Heimatvereine den Konflikt aber nach zwei Diskussionen im Kulturausschuss mit einem offenen Brief „öffentlich breitgetreten“ habe, irritiere ihn ebenfalls,.

+++ Lesen Sie auch: Siegen: Dorfwettbewerb abgesagt – „Missachtung des Ehrenamts“ +++

Nächster Anlauf: Kreiswettbewerb Siegen-Wittgenstein 2024

Guido Müller (FDP) zählt anders: Sogar vier Mal – drei Mal im Kulturausschuss, einmal im Kreistag – sei der Wettbewerb Thema gewesen. Vorsitzender Hermann-Josef Droege (CDU) bekennt sich dazu, den Ausschuss „zum x-ten Mal“ (Guido Müller) zu befassen. Bevor 2024 der nächste Kreiswettbewerb beginnt. Mit einer „frühzeitig“ zu bildenden Arbeitsgruppe, „zur Steigerung der Attraktivität und intensiveren Einbindung der Verantwortlichen“, wie Steffen Löhr als Leiter des Landrats-Referats in seiner Vorlage formuliert.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++