Netphen. Ein weiterer Schuldenberg wird angehäuft, nicht nur in Netphen. Trotzdem droht eine drastische Grundsteuererhöhung.
Das Hallenbad in Netphen bleibt offen – solange es Gas für die Heizung gibt. Am Geld wird der Betrieb jedenfalls nicht scheitern. Im Rat hat Kämmerer Hans-Georg Rosemann Perspektiven eröffnet, die eine Diskussion über den „Notfallplan Energieversorgung“ nicht mehr nötig scheinen ließen. Darin war die Schließung des Bades als mögliche Maßnahme genannt worden, um Energiekosten zu sparen. Ein Großteil der Belegschaft der Freizeitpark Obernautal GmbH (FON) hatte sich daraufhin zur Sitzung des Hauptausschusses im Ratssaal eingefunden, um die Debatte darüber zu verfolgen – die aber auch dort nicht stattfand, sondern dem Rat überlassen wurde.
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Die Stadtfinanzen: Energiekosten werden „isoliert“
Die Städte und Gemeinden werden ihre Mehrbelastungen, die mit dem Ukraine-Krieg zu tun haben, nicht in ihren Haushaltsplänen berücksichtigen müssen – die neuen Riesen-Defizite wegen erhöhten Energiepreisen und womöglich auch wegen explodierender Baukosten sollen „isoliert“ werden, berichtete Kämmerer Hans-Georg Rosemann von dem Vorhaben des Kommunalministeriums. Die auflaufenden Beträge wären dann als Schulden später zu tilgen. Dasselbe Verfahren wurde bereits für die finanziellen Belastungen durch die Corona-Pandemie gewählt. Beide „isolierten“ Schuldenberge sollen ab 2027 getilgt werden – damit bekommen auch die Corona-Schulden zwei Jahre mehr Zeit. Rosemann: „Dann hat man bis zur nächsten Landtagswahl Ruhe.“
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Abgewendet wird damit in Netphen eine Mehrbelastung von geschätzt 3,4 Millionen Euro, die den Haushalt in die roten Zahlen getrieben hätte: 1,4 Millionen Euro mehr fürs Gas, das die Stadt 24 Cent pro Kilowattstunde ab 2023 kosten wird statt bisher 6,5 Cent. Und 1,96 Millionen Euro mehr für den Strom, dessen Preis sich von 25 Cent pro Kilowattstunde auf 65 Cent fast verdreifacht. „Wir schieben so hohe Beträge in die Zukunft“, sagte Hans-Georg Rosemann.
Stadt Netphen muss Abwassergebühren zurückerstatten
„Wir kommen in diesem Jahr mit einem blauen Auge davon“, folgerte Manfred Heinz (SPD) aus dem Zahlen des Kämmerers. In diesem Jahr werden aktuell 13.1 Millionen Euro an Gewerbesteuern erwartet, 4,2 Millionen Euro mehr als geplant. „Das kann sich auch sehr schnell wieder ändern“, sagte Hans-Georg Rosemann allerdings auch. Dass im Dezember trotzdem die deutliche Erhöhung der Grundsteuer beschlossen werden soll, hat einen anderen Grund: Die Stadt wird den Gebührenzahlern rund 900.000 Euro Abwassergebühren zurückerstatten müssen. Das kommt daher, weil die Darlehen der Stadt für Kanäle und Klärwerke mit fünf Prozent verzinst worden sind – statt mit 0,5 Prozent, wie es das Oberverwaltungsgericht NRW hält.
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Die fehlende Einnahme aus der Abwassergebühr wird sich die Stadt nun auf andere Weise besorgen: durch eine Erhöhung der Grundsteuer von 565 auf 665 Prozent. Dabei muss es nicht bleiben. Verkraften muss die Stadt nämlich auch 750.000 Euro weniger Schlüsselzuweisungen und – wenn der Kreis seinen Hebesatz nicht senkt – 1,6 Millionen Euro mehr Kreisumlage, beides wegen der besseren Gewerbesteuereinnahmen. „Das wird sicher ein interessanter Dezember, in dem wir den Tatsachen ins Auge blicken müssen“, sagte Manfred Heinz (SPD) voraus.
Der Freizeitpark: Streit über den künftigen Kurs
Die Gesellschafterversammlung der FON, in der die fünf Ratsfraktionen und der Bürgermeister vertreten, haben Sparmaßnahmen im Freizeitbad beschlossen: Temperaturabsenkung (Wasser 26, Luft 27 Grad), Schließung des Thermalbeckens und – an Werktagen – der Wasserrutsche, Einschränkungen bei der Außensauna.
Jörg Roth (UWG) war das zu wenig. Die FON sei in einer „mehr als schwierigen Situation“. Dass die stadteigene Gesellschaft neben dem Bad auch Gastronomie, Fitnessstudios und weitere „Peripheriebetriebe“ betreibe und subventioniere, benachteilige die privatwirtschaftliche Konkurrenz und sei eine „ordnungspolitische Freveltat“. Roth erinnerte daran, dass die Stadt einzige Gesellschafterin der FON ist und ihre Vertreter an Weisungen des Rates gebunden sein. Über einen „Restrukturierungskurs“ müsse im Rat „allerschnellstens“ beraten werden: „Lasst uns das Ruder schnellstens herumreißen.“
Lothar Kämpfer (SPD) bezeichnete Jörg Roths Äußerungen als „widerlich“ und warf ihm „Ignoranz“ vor. Die Gesellschafterversammlung habe die erforderlichen Beschlüsse zur Kosteneinsparung gefasst. „Sie haben anscheinend keine Empathie für die Mitarbeiter des Bades, die Existenznöte haben.“
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