Hilchenbach. Hilchenbach setzt das Engagement gegen Rechtsextremismus auch über das Wochenende hinaus fort – die Stadt hat darin jahrzehntelange Erfahrung.

Bürgermeister Kyrillos Kaiogidis erinnert in seiner Rede auf dem Marktplatz an den Besuch von Alt-Bundespräsident Joachim Gauck in Hilchenbach: Unsere Demokratie müsse „leider auch Rechtsextremismus aushalten“, habe er dort gesagt. „Mein persönlicher Zusatz dazu: Das stimmt. Auch wenn ich mir wünschen würde, dass solche Parteien verboten werden.“ Die Regenbogenflagge, die die Stadt neben dem Rathaus gehisst habe, werde wieder abgehängt. Aber, so der Bürgermeister: „Die Botschaft für Vielfalt wird von uns allen tagtäglich gelebt.“ Bereits 2020 hatte sich die Stadt der bundesweiten Kampagne „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ angeschlossen – was durch eine Tafel am Rathauseingang dokumentiert wird.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Empörung über Galgen vor dem Rathaus

Am Freitagabend hatte der „3. Weg“, dessen „Tag der Heimattreue“ am Samstag Anlass für eine Demonstration, Kundgebungen und ein Fest „Hilchenbach feiert Vielfalt“ war, sich vor dem Rathaus versammelt. In einem Redebeitrag wurde dem Bürgermeister die Verletzung seiner Neutralitätspflicht vorgeworfen. Ein Galgen wurde aufgestellt, eine Regenbogenfahne auf den Boden gemalt und weggeputzt, eine Regenbogenfahne als Putzlappen verwendet, um zuvor auf die Rathaustreppe geschriebene Begriffe wie „Vielfalt“, „Genderwahn“ und „Homo-Ehe“ wegzuwischen.

Nach der Demo- Hilchenbach feiert Vielfalt

1/23

Die Stadtverwaltung hatte darauf reagiert, indem sie das Rathaus in Regenbogenfarben leuchten ließ. „Der aufgestellte Galgen zeigt auf eine unglaubliche Art und Weise die ganze Abneigung unserer demokratisch, freiheitlichen Grundordnung“!, sagte dazu stellvertretender Landrat André Jung am Samstag. Die Rechtsextremisten „sind nicht Teil unserer Stadtgesellschaft und werden es auch nie sein. Sie sind nicht willkommen – und das werden wir ihnen immer wieder sagen und demonstrieren.“

Bündnis für Toleranz und Zivilcourage seit über 20 Jahren

„Wir wollen nicht Zuschauerinnen bleiben, während unsere schöne Stadt von rechten Kräften gefressen wird“, sagt Julia Kurz, die für das Frauen-Bündnis „Alles außer Rechts“ auf die Bühne geht – neben „Hilchenbach gegen Rechts“ eine neue Initiative, die in diesem Jahr nach der Etablierung des „3. Weg"-Büros in der Dammstraße entstanden ist. Das mittlerweile mehr als 400 Mitglieder starke „Hilchenbacher Bündnis für Toleranz und Zivilcourage“ hat dagegen eine Geschichte, die schon auf das Jahr 2000 zurückgeht. „Auch im nördlichen Siegerland, auch in unserer Heimatstadt Hilchenbach ist es in jüngster Vergangenheit wieder zu gewaltsamen Übergriffen gekommen, werden Menschen, die offensichtlich rechtsradikalen Skinheads nicht passen oder einer Minderheit angehören, angepöbelt, bedroht, beleidigt oder sogar geschlagen“, hieß es damals in einer Erklärung des Rates, mit der die Stadt Mitgründer des Bündnisses wurde. 2009 richtete das Bündnis erstmals ein Bürgerfest aus – als Gegendemonstration zu einer von der NPD veranstalteten Kundgebung, die von der Polizei allerdings auf den Bernhard-Weiss-Platz im benachbarten Dahlbruch verlegt wurde.

Hilchenbach steht auf gegen den 3.Weg

1/37

Auch an diesem Wochenende feierte Hilchenbach nach der Demonstration und den Kundgebungen gegen den rechtsextremen „3. Weg“ Vielfalt. Auf der Bühne auf dem oberen Marktplatz wurde Musik gespielt. Der Posaunenchor des CVJM Hilchenbach, die The Rogues from County Hell mit Irish Folk Punk, die Belle Four Coverband und Phonophil mit Elektro-Sound spielten bis in den Samstagabend hinein. Auf dem Platz vor der evangelischen Kirche waren Stände aufgebaut, es gab internationale Spezialitäten und Waffeln nach Omas Rezept. Auf dem Gelände der benachbarten Klimawelten im Kirchweg warteten eine Hüpfburg, das Spielmobil der Stadt Hilchenbach, das Rockmobil des Mobilen Musiktreffs, Kinderschminken und weitere Angebote auf die kleineren Besucher.

+++ Kommentar: Hilchenbacher stehen auf gegen Rechts: Das macht Mut +++

Aktive junge Menschen

Das Kinder- und Jugendbüro der Stadt hat in den letzten Jahren verstärkt auf Projekte gesetzt, die junge Menschen integrieren und für Vielfalt sensibilisieren. Da waren das Beteiligungsprojekt „Bitte deinen Senf dazu“, das sich an gefährdete Jugendliche richtende Präventionsprojekt „Legalize Freundeskreis“, und da sind aktuell „YOUbeYOU“ als sicherer Raum für queere Jugendliche und der neue Jungstreff „Boys only“, nachdem im vorigen Jahr mit „Be(You)tiful – Sei einfach du selbst!“ Mädchen angesprochen wurden. „Klar ist: Wir alle müssen jeden Tag Haltung zeigen und uns gegen Rassismus positionieren“, erklärte das Jugendforum, die Selbstorganisation von Hilchenbacher Jugendlichen, im März – fast zur gleichen Zeit, als die Niederlassung des „3.Wegs“ in Hilchenbach öffentlich bekannt wurde. Die Antwort ließ nicht auf sich warten: „Hilchenbach gegen Rechts“ .

Mehr über die Demonstrationen und Kundgebungen am Samstag in Hilchenbach gibt es hier.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++