Siegen-Wittgenstein. Die Stimmung ist zuversichtlich. Aber: Nach Corona steigt der Bedarf am Sozialarbeit. Zum Beispiel wegen Schulängsten.

248.000 Euro im Jahr mehr wird der Kreis Siegen-Wittgenstein für Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit aufwenden. Das ist eine Konsequenz aus dem neuen Kinder- und Jugendförderplan bis 2025, den der Kreistag verabschiedet hat.

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Das wollen Jugendliche

Bei den Beteiligungskonferenzen „siwi4you“ und einer Jugendbefragung im Jahr 2021 wurden Jugendliche nach ihren Wünschen gefragt. Sichere Orte, interessante Sport- und Freizeitmöglichkeiten, bessere Ausstattung der in der Schule, Digitalisierung in der Schule, schnelles Internet, mehr Plätze für Jugendliche zum Treffen und Chillen) wurden von 80 bis 95 Prozent als vordringlich genannt. 75 Prozent wünschen mehr Mitwirkungsmöglichkeiten bei Entscheidungen an ihrem Wohnort. Fast jede:r zweite Jugendliche wünscht sich mehr Beratung und Unterstützung beider Berufswahl (49 Prozent). Darüber hinaus spielt die Unterstützung bei den Themen„Geld/ Schulden“ (42 Prozent), „Ernährung“ (41 Prozent) und „Gesundheit“ (38 Prozent) eine wichtige Rolle.

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So geht es Jugendlichen

Musik hören, Social Media nutzen und Netflix schauen wurden im Pandemiejahr als häufigste Freizeitbeschäftigungen genannt. Etwa ein Drittel der Befragten ist Mitglied in einem Verein, zwölf Prozent besuchen Jugendtreffs oder -zentren. „Von ihrer zukünftigen Arbeit erhoffen sich die jungen Menschen, dass sie in erster Linie Spaß macht (98 Prozent) und sie wünschen sich einen sicheren Arbeitsplatz (95 Prozent)“, heißt es in dem Bericht. „Viel Geld zu verdienen“ sei einem großen Anteil der Befragten ebenfalls wichtig (81 Prozent). Karriere zu machen, spiele bei 70 Prozent eine wichtige oder sehr wichtige Rolle.

62 Prozent der befragten jungen Menschen gaben an, heiraten zu wollen, während 64 Prozent planen, in der Zukunft Kinder zu bekommen. Im Vordergrund steht mit 84 Prozent zunächst das Gründen einer Lebensgemeinschaft. 39 Prozent sorgen sich sehr stark, langfristig eine schwere Krankheit wie Krebs oder Aids zu bekommen.

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Die Jugendlichen fühlen sich mehrheitlich gesund und wohl (63 Prozent) sowie voller Energie. (51 Prozent). Auf der anderen Seite empfindet ein Großteil häufig Stress, Müdigkeit und Erschöpfung (62 Prozent) Der überwiegende Teil (62 Prozent) steht der eigenen Zukunft positiv gegenüber. Rund jeder vierte befragte Jugendliche ist unentschieden, während fünf Prozent eher eine pessimistische Einstellung der eigenen Zukunft gegenüber vertreten.

Das wünschen Fachkräfte

Ganz oben steht die Forderung nach mehr Personal und verlässlicher Finanzierung. Angeregt wird, auch Skateranlagen und Dirt-Bike-Parks als offene Jugendeinrichtungen zu fördern. Gewünscht wird Schulung im Umgang mit sozialen Medien und eine verstärkte Zusammenarbeit mit Schulen.

Das wünschen Vereine

Den Vereinen fehlt Nachwuchs. Zwei Drittel der Vereine räumen Schwierigkeiten ein, Jugendliche zu erreichen. Sie sehen sich in Konkurrenz zu verstärkter Mediennutzung und der Schule, die länger dauert als früher. Beklagt werden bürokratische Anforderungen von Behörden und Geldgebern. Besonders schwer tun sich freie Träger von Jugendarbeit damit, junge Menschen mit Behinderung oder mit Migrationshintergrund zu erreichen. 66 Prozent der Befragten hielten besonders die Förderung von jungen Menschen aus finanziell schwachen Familien für „wichtig“ und weitere 28 Prozent für „eher wichtig“. Ebenfalls wurde der stärkeren Förderung von Ehrenamtlichen mit der Jugendleitercard (Juleica) eine hohe Priorität beigemessen, heißt es im Kinder- und Jugendförderplan. 85 Prozent wünschen eine Förderung von Referentenkosten bei Bildungsveranstaltungen,

Dort kommt Verstärkung

In den offenen Einrichtungen sollen Ergänzungskräfte eingesetzt werden, es soll ein Budget für mobile Arbeit geben. Vereine und Verbände sollen auch Tagesveranstaltungen gefördert bekommen. Außerdem sollen die Förderung bei längeren Freizeiten erhöht werden, Bildungsmaßnahmen deutlich höher gefördert werden, die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus finanzschwachen Familien bei Freizeiten erhöht sowie die Vorteile der Jugendgruppenleiter-Card (Juleica) intensiviert werden.

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Aufgestockt werden die Mittel für die Jugendsozialarbeit, um das Projekt „2. Chance - Schulverweigerung“ fortzuführen. In diesem Projekt werden Schüler und Schülerinnen ab 12 Jahren an allgemeinbildenden Schulen betreut, deren Schulabschluss entweder aufgrund von aktiver oder passiver Schulverweigerung kurz- oder langfristig gefährdet ist. Eine aktive Schulverweigerung liegt dann vor, wenn Schüler entweder wiederholt oder seit längerem ohne Entschuldigung dem Unterricht fernbleiben. Bei der passiven Schulverweigerung erfolgt eine Teilnahme am Unterricht, „jedoch mit ausgeprägter Verweigerungshaltung“, erklärt das Jugendamt. Im Schnitt werden jährlich 35 junge Menschen mit diesem Programm unterstützt.

Die Corona-Pandemie habe sich als besondere Herausforderung herausgestellt. Nicht stattfindende Schulpraktika und notwendige Quarantäne-Zeiten hätten dazu geführt, dass sich aufgrund zusätzlicher Aufgaben wie zum Beispiel Nachhilfe und engere Begleitung im Bewerbungsprozess und durch komplexere Fälle, zum Beispiel mit psychischen Auffälligkeiten,wie etwa Schulängsten, die Betreuungsdauer auf häufig mehr als zwei Jahre erhöht habe. Zusätzlich soll die Jugendsozialarbeit um die Themen „Wohnen“ und „Wohnen lernen“ erweitert werden, die mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert werden.

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