Kreuztal/Hagen. Der Prozess gegen die Hundehändlerfamilie aus Kreuztal geht weiter. Neue Gutachten sind in Arbeit, einen neuen Termin gibt es aber nicht.
Das Publikum spricht von „Hundewelpenmafia“, die Juristen nennen es „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“: Der Prozess gegen eine Kreuztaler Hundehändlerfamilie vor der 1. großen Jugendstrafkammer des Landgerichts Hagen kann weitergehen – nur wann, ist völlig offen.
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Der geplatzte Prozessbeginn: „Größter Fall in Deutschland“
Marcus Teich, stellvertretender Pressesprecher des Landgerichts, lässt durchblicken, dass das Verfahren wieder ziemlich weit hinten auf der Prioritätenliste steht – vor allem Haftsachen, bei denen es um Freiheit oder Nicht-Freiheit von Beschuldigten geht, haben Vorrang. Der Prozess gegen den 70-jährigen Hauptangeklagten und seine Familie war schon einmal weiter. Am 31. März sollte er beginnen – vor der Jugendkammer, weil die jüngste, nun auch schon 26-jährige Mitangeklagte zum Zeitpunkt der Taten noch nicht 21 Jahre alt war. Denn die Vorgänge, für die sich die Familie und weitere Mittäter verantworten sollen, führen zurück in die Jahre 2010 bis 2015. Am 14. Dezember 2016 waren die Behörden eingeschritten, hatten den Betrieb in Buschhütten geschlossen und 105 Hunde in Sicherheit gebracht. Die Stiftung „Vier Pfoten“ spricht vom „größten aufgedeckte Fall illegalen Welpenhandels in Deutschland“.
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Der Ablehnungsantrag: „Unfassbar lasches Urteil“
Die Hauptverhandlung hat nie begonnen. Erst war ein Richter krank, dann blieben Angeklagte fern. Die Kammer trennte ein erstes Verfahren ab und verurteilte eine mitangeklagte Händlerin zu einer Geldbuße. „Ein geradezu unfassbar lasches Urteil“, kritisierte die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“. Gegen die Abtrennung eines weiteren Verfahrens gegen einen Mitangeklagten aus Hagen war eine der Buschhüttener Angeklagten vorgegangen: Sie unterstellte, dass ein dort – gegen ein mildes Urteil – erwirktes Geständnis sich nachteilig für die Angeklagten im Hauptprozess auswirken könnte, und lehnte die Kammer wegen Befangenheit ab.
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Über den Antrag wurde jetzt von einer anderen Kammer des Landgerichts Hagen entschieden: Die Richter sind nicht befangen und dürfen weiter machen. Das tut sie auch schon, sagte Pressesprecher Marcus Teich im Gespräch mit dieser Zeitung: In Auftrag gegeben worden seien weitere Sachverständigengutachten, zum einen zu veterinärmedizinischen Fragen, zum anderen zur Schadenshöhe. Denn über die wurde auch schon in einer frühen Phase der Ermittlungen gestritten: Denn die aus Osteuropa importierten Welpen, die in Kreuztal als eigene Zucht verkauft wurden, hatten ihren eigenen, wenn auch niedrigeren Marktwert. Wann auch immer der Prozess weitergeht: Abgetrennte Verfahren soll es nicht mehr geben, „die Kammer will ein großes Verfahren führen“.
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Die Anklage: 70 Welpen nur angeblich selbst gezüchtet
Zugelassen hatte die 1. große Jugendstrafkammer die Anklage in 70 Fällen, in denen aus Polen, Tschechien oder Ungarn stammende Hundewelpen als aus deutscher Zucht stammend verkauft wurden: Bulldoggen, Labradoodle, Beagle, Golden Retriever, Berner Sennenhunde, Mini-Dackel, West Highland Terrier und mehr, für insgesamt 55.000 Euro. Die Tiere sollen teilweise krank gewesen sein. 101 Hunden sollen Schmerzen zugefügt worden sein, weshalb auch Straftaten gegen das Tierschutzgesetz angeklagt wurden. Die Staatsanwaltschaft hatte auch eine Tierärztin angeklagt, die aber – so das Gericht – selbst von den anderen Angeklagten getäuscht worden sei: Als mögliches Strafmaß nannte das Gericht Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Mehrere Familienmitglieder waren in Untersuchungshaft genommen worden, den, der Hauptangeklagte sogar für vier Monate.
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Das erste Urteil: Elf Klagen gegen den Kreis
Zu Beginn dieses Jahres hatte das Verwaltungsgericht Arnsberg elf Klagen der Kreuztaler Hundehändler gegen den Kreis Siegen-Wittgenstein zurückgewiesen. Der Kreis hatte ihnen die weitere Hundehaltung verboten und von ihnen 90.000 Euro für die anderweitige Unterbringung der Tiere verlangt.
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