Kreuztal/Hagen. Gut vier Jahre nach der Razzia in Buschhütten steht die Anklage vor dem Hagener Landgericht gegen eine Hundehändlerfamilie aus Kreuztal.

Die 6. große Strafkammer des Landgerichts Hagen hat die Anklage der Staatsanwaltschaft Hagen wegen gewerbsmäßigen Betrugs beim Verkauf von Hundewelpen überwiegend zugelassen. Das hat das Landgericht Hagen am Dienstag mitgeteilt. Am 14. Dezember 2016 war der Betrieb in Buschhütten durchsucht und stillgelegt worden, 105 lebende Tiere wurden in Sicherheit gebracht, auch tote Tiere wurden aufgefunden.

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Darum geht es: 70 Fälle illegal importierter Hundewelpen und Betrug

Die sieben Angeklagten, die bereits als „Welpenmafia“ Schlagzeilen gemacht haben, sollen im Zeitraum von 2010 bis 2015 in insgesamt 70 Fällen aus dem Ausland, insbesondere aus Polen, Tschechien oder Ungarn stammende Hundewelpen als aus deutscher Zucht stammend verkauft haben. Da der Wert der verkauften Welpen aufgrund ihrer tatsächlichen Herkunft geringer gewesen sein soll als der Wert nach ihrer vorgespiegelten Herkunft, sollen die Käufer einen Schaden erlitten haben. Teilweise sollen die verkauften Hunde auch krank gewesen sein.

Es sollen Welpen der Rassen Französische Bulldogge, Englische Bulldogge, Labradoodle, Beagle, Labrador, Golden Retriever, Berner Sennenhund, Cane Corso, Minidoodle, Goldendoodle, Do-Khyi, Shorty Bull, Mini-Dackel, West Highland Terrier und Shitzu an Käufer aus ganz Deutschland zu Preisen zwischen 250 und 1200 Euro verkauft worden sein. Insgesamt sollen die Angeklagten hierdurch gut 55.000 Euro an Einnahmen erzielt haben.

Großverfahren

In einem nächsten Schritt soll die anstehende umfangreiche Hauptverhandlung entsprechend den Vorgaben der Strafprozessordnung für Großverfahren in einem Vorgespräch mit den Verteidigern der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft erörtert und geplant werden.

Termine für die Hauptverhandlung sind noch nicht anberaumt, da die Staatsanwaltschaft Hagen noch ein Rechtsmittel einlegen kann, soweit das Gericht die Anklage nicht zugelassen hat.

Sie sind angeklagt: Vater, Mutter, Tochter

Der Angeklagte Karl F. (69) aus Kreuztal soll am Verkauf von 55 Welpen, seine Ehefrau Sabine J. (56) als offizielle Betreiberin der Zucht am Verkauf von 46 Welpen, ihre gemeinsame Tochter Victoria F. (26 ) am Verkauf von 27 Welpen, ihr Sohn Michael F. (32) am Verkauf eines Welpen und dessen damalige Lebensgefährtin Elisabeth N. (30) am Verkauf von sieben Welpen beteiligt gewesen sein. Sie sollen gewerbsmäßig und als „Mitglieder einer Betrugsbande“ gehandelt haben, teilt das Gericht mit.

Die Hunde sollen überwiegend aus Polen stammen und dabei mindestens teilweise über den damals in Hagen lebenden Roman G. (47 Jahre) bezogen worden sein. Ihm wird ein betrügerischer Verkauf von Hundewelpen in sieben Fällen vorgeworfen.

Die weitere Angeklagte Gabriele B. (64) aus Mömbris soll als Vermittlerin von Hunden in 19 Fällen am betrügerischen Verkauf von Hundewelpen beteiligt gewesen sein, wobei sie die Hunde teils direkt von Roman G. und teils von Karl F. bezogen haben soll.

Karl F. soll im Jahr 2016 bereits wegen Betruges verurteilt worden sein. Die anderen Angeklagten sind nicht vorbestraft. Alle Angeklagten befinden sich auf freiem Fuß. Das Verfahren wird vor der großen Jugendstrafkammer geführt, da die heute 26-jährige Mitangeklagte Victoria F. bei einem Teil der ihr vorgeworfenen Taten noch nicht 21 Jahre alt war.

Das sind die Anklagepunkte gegen die Kreuztaler Hundehändler

Tierquälerei: Aufgrund der Haltungsbedingungen der Hunde wird Karl F. und Sabine J. in 25 Fällen sowie Michael F. in 17 Fällen vorgeworfen, einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt zu haben. Das ist strafbar als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Diese Taten sollen sich auf insgesamt 101 Hunde bezogen haben. Für die Straftaten nach dem Tierschutzgesetz sieht das Gesetz in der Regel eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor.

Bandenbetrug: Den Angeklagten Karl F., Sabine J., Victoria F., Michael F. und Elisabeth N. wird als schwerste Straftat jeweils gewerbsmäßiger Bandenbetrug vorgeworfen. Hierfür ist – so die Darstellung des Gerichts – nach dem Gesetz in der Regel eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zehn Jahren vorgesehen.

Gewerbsmäßiger Betrug: Roman G. und Gabriele B. droht bei einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betruges in der Regel eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren.

Das ist bisher geschehen: Anklage gegen Tierärztin abgelehnt

Der Entscheidung sei „eine aufwändige Prüfung der erhobenen Anklage vorausgegangen“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Auf Antrag eines Angeklagten wurde ein Sachverständigengutachten zum jeweiligen Wert der Hundewelpen eingeholt.

Neben den 70 zugelassenen Fällen führt die Anklageschrift weitere 31 Fälle an, deren Zulassung das Gericht abgelehnt hat. Außerdem hat das Landgericht die Zulassung der Anklage gegen eine 52-jährige Tierärztin abgelehnt, die offizielle Mitbetreiberin der Zucht in Kreuztal gewesen und in den meisten Fällen als Bandenmitglied an den Taten beteiligt gewesen sein soll. Das Gericht gehe davon aus, dass die Tierärztin zwar offizielle Mitbetreiberin der Zucht war, jedoch nicht zum Kreis der Täter gehörte, sondern selbst von den anderen Angeklagten über deren betrügerisches Vorgehen getäuscht wurde, heißt es in der Pressemitteilung des Landgerichts Hagen.

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