Siegen. An einem Samstagabend treffen in Freudenberg junge Leute aufeinander. Auf einmal kommt es zur Bluttat an der Treppe zum Freudenberger Kurpark.

Für die Folgen einer Messerstecherei in Freudenberg im März dieses Jahres muss sich ein 20-jähriger Mann vor dem Landgericht Siegen verantworten. Ein 26-Jähriger erlag nach langer Behandlung im Krankenhaus den Verletzungen, die ihm der Beschuldigte zugefügt haben soll. Ein anderer ebenfalls 26-Jähriger erlitt eine zehn Zentimeter breite Stichwunde am Oberarm. Die Verhandlung vor der Jugendkammer hat am Donnerstag begonnen.

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Zuerst ein Spaziergang durch den Kurpark

Es soll an jenem Samstagabend gegen 18.40 Uhr gewesen sein, als der Beschuldigte am Hitmarkt in Freudenberg vorbeilief. Vorher habe er mit seinem Bruder im Kurpark Musik gehört und sei spazieren gegangen. Da es ihm aber „nicht gut ging“, wie Richterin Sabine Metz-Horst beschrieb, machte er sich auf den Weg nach Hause, um eine Kleinigkeit zu essen und eine Jacke zu holen. Auf dem Heimweg soll er dann auf eine Gruppe von zwei bis drei Mittzwanzigern am Hitmarkt getroffen sein, die unter Alkoholeinfluss standen.

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Laut Zeugenaussagen hatten die Männer den 20-Jährigen schon öfter in Freudenberg rumlaufen sehen. Einer von ihnen soll den vorbeilaufenden Beschuldigten dann angesprochen haben: „Hey, ich kenne dich doch.“ Dieser reagierte, laut Zeugenaussagen, „aggressiv, nervös und aufgebracht“. „Ich kenn’ dich nicht“, habe der 20-Jährige geantwortet. Er soll die Gruppe zudem aufgefordert haben, sich bei ihm zu entschuldigen. Der 22-jährige Zeuge aus Freudenberg erklärt, dass sie der Aufforderung nachgekommen seien. Danach sei es zunächst zu keinen Gesprächen mehr gekommen.

Staatsanwalt: Beschuldigter „für die Allgemeinheit gefährlich“

Auch vor dem Vorfall soll der Beschuldigte sich auffällig verhalten haben. „Er ist im Haus schon paranoid gewesen“, sagt Sabine Metz-Horst. Der 20-Jährige leidet unter Schizophrenie und wird zurzeit in der LWL-Klinik in Lippstadt bei seinem psychischen Problem unterstützt. Am 25. November 2021 in Frankfurt, seinem vorherigen Wohnsitz, verstieß der Beschuldigte zudem gegen das Waffengesetz, als bei ihm eine halbautomatische Selbstladepistole entdeckt wurde. „Er ist für die Allgemeinheit gefährlich“, sagt der Staatsanwalt.

Ein 20-jähriger Mann muss sich vor der Jugendkammer des Landgerichts Siegen wegen Totschlags verantworten..
Ein 20-jähriger Mann muss sich vor der Jugendkammer des Landgerichts Siegen wegen Totschlags verantworten.. © WP | Philipp Drößler

Gegen 19.30 Uhr habe sich der Beschuldigte wieder auf den Weg zum Kurpark gemacht, fährt die Richterin fort. Die Begegnung mit den Männern sei ihm nicht aus dem Kopf gegangen. Er habe Angst gehabt, dass die Freundesgruppe ihm wehtun möchte. Daraufhin soll ihm eine Stimme in seinem Kopf gesagt haben: „Verletz’ ihn“. Die Jungsgruppe sei zu dem Zeitpunkt schon zusammen mit anderen Freundinnen und Freunden im Kurpark gewesen.

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„Wie auf Droge“ mit Messer umhergesprungen

Die Lichtverhältnisse sollen laut Zeugenaussagen schlecht gewesen sein – es war schon fast dunkel. Eine 18-jährige Zeugin, die den Zwischenfall beim Hitmarkt nicht miterlebt haben soll, beschreibt, dass der Beschuldigte den Treppenaufgang zum Bürgerpark hochgerannt sei. Am Ende der Treppe soll sich die Freundesgruppe auf einem Plateau aufgehalten haben. Als sie den 20-Jährigen sahen, habe der 26-jährige Mann dem Beschuldigten ein Bier angeboten. Der Beschuldigte berichtet zudem, dass das Opfer gesagt habe, „da bist du ja wieder“.

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Außerdem soll die Gruppe ihn ausgelacht haben, berichtet der 20-Jährige. Daraufhin habe er dem nahe an der Treppe stehenden Mann mit einem Klappmesser eine Schnittwunde am Oberarm verpasst. Anschließend sprang er „wie auf Droge“ rum und „fuchtelte mit seinem Messer hin und her, um alle auf Abstand halten“, berichtet die 18-jährige Zeugin. Nur ein paar Sekunden später soll der Beschuldigte ein einziges Mal auf den 26-jährigen Mann eingestochen haben. „Wer will noch?“, habe er daraufhin gesagt, beschreibt eine 19-jährige Zeugin, die auch über einen „komischen Geruch“ berichtet – möglicherweise Pfefferspray. Anschließend sei der Täter Richtung Kurpark geflüchtet.

Verletzter stirbt nach wochenlangem Krankenhausaufenthalt

Die Freundesgruppe habe schnell einen Krankenwagen gerufen und versucht, die Wunde des 26-Jährigen abzudrücken, der sieben Wochen später den Folgen des Angriffs erlag. Der Beschuldigte konnte nach kurzer Zeit in seiner Wohnung widerstandslos festgenommen werden. An Einzelheiten des Angriffs könne er sich nicht mehr erinnern, sagte er später der Polizei.

Die Verhandlung wird am Montag, den 15. August, fortgesetzt.