Hilchenbach. Die Gerichte werden sich weiter mit dem rechtsextremen „3. Weg“ in Hilchenbach befassen. Es geht nicht nur ums Vorkaufsrecht für das „Bürgerbüro“.
Ob die rechtsextreme Partei „Der 3. Weg“ das Haus Dammstraße 5 nun wirksam in ihr Eigentum übernehmen kann, ist nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts Arnsberg fraglich. Zwar hat das Gericht – wie berichtet – die „aufschiebende Wirkung“ eines Bescheids wiederhergestellt, mit dem die Stadt Hilchenbach ein Vorkaufsrecht ausüben will. Im Umkehrschluss bedeutet der Eilentscheid aber womöglich nicht, dass der neue Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden kann, sagte Silke Camen, Pressesprecherin des Verwaltungsgerichts Arnsberg, dieser Zeitung auf Nachfrage.
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Das sagt das Gericht
Denn das Hauptsacheverfahren über die beiden Klagen des 3. Weg-Landesvorsitzenden, das auf das Eilverfahren folgt, ist noch anhängig. Darin geht es zum einen darum, der Stadt das Vorkaufsrecht abzusprechen, zum anderen aber auch um die Abgabe eines „Testats“, mit dem die Stadt erklärt, dass sie kein Vorkaufsrecht ausübt. Zu dieser Erklärung wurde die Stadt aber im Eilverfahren nicht verpflichtet. Allerdings hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts durchblicken lassen, dass der nachträgliche Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung und die Einleitung einer Bebauungsplanänderung in der Dammstraße keine Rolle mehr spielen werden: „Das war einfach zu spät“, sagt Silke Camen, „das hätte vor dem 14. Dezember 2021 geschehen müssen.“ An diesem Tag wurde bei einem Notar der Kaufvertrag abgeschlossen, von dem die Stadt erst zwei Monate später erfuhr. In diesem Vertrag hatte der Käufer das Testat der Stadt zur Bedingung für die Eintragung ins Grundbuch gemacht – das es nun aber nach wie vor nicht gibt. Stattdessen aber eine „Sicherungshypothek“ der Stadt Hilchenbach. Auf ihrer Homepage berichtet die Partei „Der 3. Weg“ am Mittwoch , sie werde von der Stadt Schadenersatz verlangen, weil sie das Testat nicht ausstelle.
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So wehrt sich die Stadt Hilchenbach
Die Stadt Hilchenbach bemüht sich nach wie vor darum, das nunmehr gemietete „Parteibüro“ aus der Dammstraße zu verbannen. Diese weiteren Verfahren sind öffentlich geworden:
Prozess gegen Bürgermeister: Verloren hat die rechtsextreme Partei „Der 3. Weg“ einen Prozess um die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Hilchenbach. Das Verwaltungsgerichts Arnsberg hat entschieden, dass Hilchenbachs Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis zu Recht auf der städtischen Homepage über eine Petition gegen die Eröffnung des 3.Weg-Büros in der Dammstraße informiert hat. Die Partei habe Eilbeschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt, sagte Silke Camen, Pressesprecherin des Verwaltungsgerichts Arnsberg, dieser Zeitung auf Anfrage. Die Beschwerde sei am 27. Juli eingegangen, bestätigt Gudrun Dahme, Pressesprecherin des Oberverwaltungsgerichts: „Sie ist noch nicht begründet. Die Begründungsfrist endet mit dem 12. August 2022.“
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Die Partei hatte den Online-Beitrag beanstandet, weil der Bürgermeister damit das Neutralitätsgebot seines Amtes verletzt habe. Das habe das Gericht nicht so gesehen, sagte Silke Camen: „Das ist sicherlich eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, zu der der Bürgermeister sich äußern darf.“ Die Stadt hatte es abgelehnt, gegenüber dem 3. Weg die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben.
„Die Petition sieht Kyrillos Kaioglidis als Auftrag, sich als Mensch und Bürgermeister Hilchenbachs mit allen verfügbaren Mitteln für Toleranz und Hilfsbereitschaft als hohe Güter einzusetzen", heißt es in dem vom 3. Weg beanstandeten Beitrag „.Praktisch wird die Stadt Hilchenbach alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das Vorkaufsrecht für das Gebäude auszuüben.“
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Zulässig ist nach Auffassung des Gerichts auch die Verlinkung zu der Online-Petition, die inzwischen von mehr als 8800 Unterzeichnern unterstützt wird. „Mit der Einrichtung des ‘Bürgerbüros’ durch die rechtsradikale Partei ‘Der III. Weg’ stehen alle demokratischen Werte in Frage und werden von den Angehörigen dieser Kleinstpartei mit den Füßen getreten“, heißt es in der Petition, die den Bürgermeister auffordert „Lassen Sie das nicht zu! Geben Sie diesem braunen Mob keine Chance, ihre braunen Lügen in unserer schönen Stadt zu verbreiten.“
3. Weg klagt gegen Ordnungsverfügung
Werbeanlagen: Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat den 3. Weg mit einer Ordnungsverfügung aufgefordert, „Werbeanlagen“ an seinem Büro in der Dammstraße anzubringen. Die Bauaufsicht des Kreises sah darin einen Verstoß gegen die „örtlichen Bauvorschriften“ der Stadt Hilchenbach, die die Gestaltung von Werbeanlagen in der Stadtmitte regeln. Gegen diese Ordnungsverfügung seien am 20. Juni ein Eilantrag und eine Klage beim Verwaltungsgericht Arnsberg eingegangen, sagte die Sprecherin des Gerichts dieser Zeitung auf Anfrage.
Bauaufsicht prüft Nutzungsänderung
Nutzungsänderung: Noch bei der Bauaufsicht des Kreises anhängig ist die Prüfung, ob das ehemalige Ladenlokal, das zuletzt von der Geschäftsstelle einer Krankenkasse genutzt wurde, als Parteibüro genutzt werden darf. „Wir haben deutlich gemacht, dass wir die jetzige Nutzung nicht für zulässig halten“, sagte Stadt-Sprecher Hans-Jürgen Klein dieser Zeitung auf Anfrage. Zuletzt waren für Umnutzungen in der Stadtmitte – zum Beispiel des ehemaligen Sparkassen-Immobilienbüros auf dem Marktplatz, das nun städtisches Verkehrsbüro ist – Nutzungsänderungsanträge verlangt worden. „Hier beabsichtigt die Bauaufsichtsbehörde im Laufe des Augusts eine Entscheidung zu treffen“, teilt die Kreisverwaltung dieser Zeitung auf Anfrage mit.
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Das steht bevor: Veranstaltung und Gegenveranstaltung
Für Samstag, 3. September, lädt das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage Hilchenbach zum Straßenfest auf den Kirchplatz vor der evangelischen Kirche ein, unter dem Motto „Hilchenbach feiert Vielfalt“. Außerdem wird „Hilchenbach gegen Rechts“ eine Kundgebung veranstalten. Anlass ist der für den gleichen Tag angekündigten „Tag der Heimattreue“, den der 3. Weg auf der Gerichtswiese begehen will. Neben einer Demonstration sind „Selbstverteidigungskurs und Kampfsportvorführung“ angekündigt. „Das ist öffentliches Gelände“, sagt Stadt-Sprecher Hans-Jürgen Klein, „wir haben keine Möglichkeit, das zu unterbinden.“
Die Chronik: Vom Kauf bis zur Klage
Das ist die Chronik der Auseinandersetzung um das Haus Dammstraße 5, wie sie sich aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ergibt:
Am 14. Dezember 2021 schließen der Eigentümer des Grundstücks und der Landesvorsitzende des 3. Wegs bei einem Notar einen Kaufvertrag. Ab 17. Februar 2022 finden Telefonate zwischen dem Notar und der Hilchenbacher Stadtkasse statt, am 24. Februar ruft Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis den bisherigen Eigentümer an. Am 1. März beantragt der Notar „ein Zeugnis über die Nichtausübung oder das Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts“.
Am 3. März fordert die Stadt Hilchenbach den Notar zur Übersendung des Kaufvertrags auf. „Ohne Glaubhaftmachung, dass ein Vorkaufsrecht bestehe, könne die Gemeinde keine Abschrift des Kaufvertrages verlangen“, erwiderte daraufhin die Anwältin des Käufers. Am 10. März verlangte die Stadt die Angabe der Urkundennummer des Grundstückskaufvertrags. Am 11. März wies die Stadt darauf hin, dass sie „hinreichend bestimmt über die wesentlichen Inhalte des Kaufgeschäftes“ informiert werden müsse.
Am 13. März schreibt der Käufer der Stadt, „dass diese bereits seit spätestens 24. Februar 2022 Kenntnis über den Kaufvertrag, die Vertragsparteien, die Flurstücke und den weiteren Inhalt des Vertrages gehabt habe, weil ihr Bürgermeister an diesem Tag beim Verkäufer angerufen und mitgeteilt habe, den Vollzug des Kaufvertrages mit allen Mitteln verhindern zu wollen“. Die gesetzte Frist für die Negativbescheinigung wurde bis 14. März verlängert, am 15. März Klage erhoben.
Am 6. April beschloss der Rat die Änderung des Bebauungsplans und die Vorkaufsrechtssatzung. Am 8. April forderte die Stadt von dem Käufer „die unverzügliche Hereingabe des vollständig zugrunde liegenden Kaufvertrages“, sie erneuerte diese Forderung am 28. April. Am 12. Mai schickte die Stadt ein Einschreiben mit Rückschein an den bisherigen Eigentümer und kündigte ihre Ausübung eines Vorkaufsrechts an. „Da das Schriftstück bis zum 2. Juni 2022 nicht abgeholt wurde, wurde es an die Antragsgegnerin zurückgesandt.“ Am 19. Mai wurde der Anspruch der Stadt im Grundbuch vorgemerkt. Am 30. Mai teilte die Stadt dem bisherigen Eigentümer mit, dass sie ihr Vorkaufsrecht ausübt. Dagegen kündigte der Käufer am 8. Juni Klage an.
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