Ein Generator erzeugt aus Regenwasser im Fallrohr Strom. Entwickelt haben das Gerät Jugendliche im Programm MINToringSI. So funktioniert’s.
Wilnsdorf/Siegen. Zugegeben, Regen ist nicht bei allen Leuten beliebt. Eine Schülergruppe aus Siegen-Wittgenstein hat im Regenwasser aber ungeahnte Möglichkeiten erkannt. Innerhalb des Coaching-Programms „MINToringSi – Studierende begleiten Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg in ein MINT-Studium“ entwarfen und konstruierten die Jugendlichen aus Wilnsdorf und Bad Laasphe einen Generator, mit dem sich das Regenrohr in ein Wasserkraftwerk für den Heimbedarf verwandelt. Eine Fachjury wählte den Beitrag zum Sieger der jüngsten MintoringSI-Projektphase. Und nicht nur, was den Forschungsstand betrifft, sind die sogenannten MINTees, die sich damit gegen zwei andere Gruppen durchsetzten, am Puls der Zeit, sondern auch bezüglich ihres Kernanliegens, des Umweltschutzes.
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„Nur durch unkonventionelle Ansätze und die Entwicklung neuer Technologien können fatale Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung auf die Weltbevölkerung verhindert oder reduziert werden“, heißt es im Abschlussbericht der Gruppe. Unkonventionell ist das Projekt allemal. Dabei hätten anfangs mehrere Ideen im Raum gestanden, etwa zur Verringerung des Reifenabriebs von Autos auf der Straße. Doch der Ausbau von erneuerbaren Energien sei besonders relevant für unsere Zeit, erklärt Schüler Mohamed Taher Khazuran und fügt hinzu: „Der Energiebedarf steigt und wir haben im Regen ungenutztes Potenzial gesehen, besonders mit Blick auf die Prognose für mögliche Niederschlagsentwicklungen“. Bis zum Ende des Jahrhunderts könne die Niederschlagsmenge im Kreis Siegen-Wittgenstein besonders in den Wintermonaten deutlich zunehmen.
Siegen: So gewinnt der Regenrohrgenerator aus Niederschlagswasser Strom
Oben am Fallrohr, das die Regenrinne mit dem Boden verbindet, wird ein Wassertank angebracht. In diesem wird das Regenwasser gesammelt und in Intervallen abgelassen, um eine geeignete Geschwindigkeit und Kraft für den Generator zu entwickeln. Ist der Behälter randvoll gefüllt, öffnet sich ein Ventil und die Wassermasse strömt das Rohr hinab. Durch diesen Ablauf wird eine Turbine zum Rotieren gebracht, die, angeschlossen an einen Generator, die gewonnene Bewegungsenergie in einen Akku einspeist. Mit dieser Energieleistung werden im Modell zwei LED-Lampen zum Leuchten gebracht, im Originalmaßstab ist eine Lampe mit Bewegungssensor am Haus denkbar.
Gemeinsame Sache
MINToringSI ist ein gemeinsames Programm der Universität Siegen, des Verbands der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM) und der Bezirksregierung Arnsberg.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, das Wasser, das nach Durchlaufen der Turbine in die Kanalisation fließen würde, aufzufangen und beispielsweise für die Gartenbewässerung zweit zu verwerten. Im Gespräch wird die Leidenschaft der Jugendlichen für ihr Projekt deutlich. „Das Schönste war natürlich der Moment, als wir Wasser eingegossen haben und es zum ersten Mal genauso funktioniert hat, wie wir es geplant hatten“, sagt Ole-Samuel Schmitt. Zwar ist mit zwei LED-Lampen noch nicht die Welt gerettet – das wissen auch die Technik-Talente um Gruppenmentor Timo Meyer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fahrzeugleichtbau der Universität Siegen. Doch auch Technologien wie das Smartphone hatten irgendwann mal einen Anfang: Die Technik, die heute in jeder Hosentasche Platz findet, füllte noch vor nicht allzu langer Zeit ganze Räume.
Siegen: Strom aus Regenwasser in der Dachrinne – auch bei Flachdächern möglich
Der Regenrohrgenerator könnte eine sinnvolle Ergänzung zur Solaranlage darstellen – vor allem in den Wintermonaten, wenn der Niederschlag besonders hoch und die Sonnenstrahlung eher gering ausfällt. Und praktisch jedes Hausdach ist geeignet, denn „auch Flachdächer haben eine gewisse Schräge, weil sich das Wasser sonst dort stauen und zur Gefahr werden könnte“, erklärt Ruth Schneider. Und Ole-Samuel Witt ergänzt: „Ob Flachdach oder Schrägdach ist für die Fläche irrelevant, die bleibt ja gleich.“
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Tjark Fischer und Ole-Samuel Witt haben ihr Physikstudium an der Universität Siegen nach dem bestandenen Abitur bereits fest vor Augen. Im Rahmen einer Physik-Facharbeit entwarf das Duo bereits eine Website für den Planetenlehrpfad in Bad Laasphe (www.planetenlehrpfad.space), die sich sehen lassen kann. Ruth Schneider absolviert, angeregt durch ihre ehrenamtliche Arbeit beim Roten Kreuz, zunächst eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin in Siegen. Im Anschluss ist aber auch ein Medizinstudium denkbar, eventuell sogar Medizintechnik an der Universität in Siegen. Mohamed Taher Khazuran hat sich im Bereich Maschinenbauingenieurswesen beworben und wartet nun die Rückmeldungen der Universitäten ab, bevor er sich endgültig festlegt.
Siegen: Programm MINToringSi will junge Menschen für Naturwissenschaft gewinnen
„Bis jetzt ist es immer so gewesen, dass wir alle, die sich beworben haben, auch aufnehmen konnten“, sagt Julia Förster, Programmkoordinatorin vom Verband der Siegerländer Metallindustrien (VdSM). Das Projekt läuft über drei Jahre. In der ersten Phase lernen die MINTees ihre Mentorin oder ihren Mentor kennen, machen sich mit der Uni Siegen vertraut und besichtigen regionale Firmen mit naturwissenschaftlicher Ausrichtung. Im zweiten Jahr geht es in die heiße Phase, ein Prototyp wird gebaut und der Entstehungsprozess in einem Projektbericht festgehalten. Das dritte Jahr richtet sich primär an diejenigen, die nach dem Abitur an der Uni Siegen studieren. Hier soll MINToringSi mit Orientierungsveranstaltungen und Stammtischen unterstützend wirken und Studienabbrüchen entgegensteuern.
Alle Infos und Teilnahmebedingungen auf mintoringsi.de
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