Siegen. Der Schlosshof ist voll, als Ulrich Tukur und seine Band, die Rhythmus Boys, in Siegen spielen. Das Publikum wird nicht enttäuscht.

Dass Ulrich Tukur und seine Band nach Siegen kommen, hatte sich schon lange herumgesprochen. Entsprechend voll war es im Schlosshof und alle ließen sich einfangen von einem Schauspieler, seinen abstrusen Geschichten, seinem Gesang, Klavierspiel… und seiner Combo.

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„1492 fuhr der Genuesische Seemann Christopher Kolumbus über die Nordsee den Rhein hinunter, bog in Hennef in die Sieg ab, stieg in Boote um und entdeckte Siegen. Lernte dann auch Bürgermeister Peter Paul Rubens kennen, der bis zu seinem Lebensende in Siegen lebte und dessen sieben Gemälde hier in The Castle ausgestellt werden.“ In etwa so leitet Ulrich Tukur einen Pop-Song über den großen Seefahrer und Amerika-Entdecker ein, nicht ohne vorher die sangesfreudigen Einheimischen zum Lied „Ein Mann, der sich Kolumbus nennt“ einzuladen.

Kalauernd betreten Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys die Siegener Bühne

Auch andere Titel des Abends verbindet er mit einer schrägen Einleitung, wie etwa herrlich schwäbelnd – Tukurs Mutter stammt von dort – die Geschichte eines gewissen Mühlenbesitzers Gerhard Müller, der aus dem Schwabenland nach Amerika auswanderte, sich in Glenn Miller umbenannte und dann das berühmte „In the mood“ komponierte, das Ulrich Tukur dann mit seinen Band-Kollegen luftig-leicht in den Schlosshof swingt.

Ulrich Tukur (am Klavier) und die Rhythmus Boys: Gitarrist Ulrich Mayer, Bassist Günter Märtens und Schlagzeuger Karl-Friedrich Mews (von links): Inzwischen schöner spielen als aussehen.
Ulrich Tukur (am Klavier) und die Rhythmus Boys: Gitarrist Ulrich Mayer, Bassist Günter Märtens und Schlagzeuger Karl-Friedrich Mews (von links): Inzwischen schöner spielen als aussehen. © Wolfgang Leipold

Das sind Ulrich Tukur und seine „Rhythmus Boys“. Er als sicht- und hörbarer Chef der Combo, der riesengroße Schlacks Günter Märtens als bewegungsfreudiger Bassist (Tukur: „Ein anerkannter Spezialist für Paarungstänze, die er weltweit studiert hat“), der Gitarrist Ulrich Mayer („Ein Musikwissenschaftler mit seiner bekannten Veröffentlichung ‘Das Metronom als Taktgeber sexueller Entgleisungen’) und der kleine, am Schlagzeug aber ganz große Karl-Friedrich Mews („Quadratisch, praktisch, gut“). Schon wie sie ihren Arbeitsplatz betreten, ist sehenswert: Erst einmal hintereinander wie eine Entenfamilie an der Bühne vorbeilaufend, weil sie die Treppe zum Aufgang übersehen haben und dann von dort erstaunt in die Runde schauend. So hat selten jemand einen Konzertabend eröffnet.

Liebeslieder bestimmen das Programm der Rhythmus Boys in Siegen – aber nicht nur

Kenner vermuten, Tukur habe seine Combo auch nach ihrem Aussehen zusammengestellt. Tukur klärt auf: „Lange haben wir schöner ausgesehen als wir spielen konnten. Heute ist es umgekehrt.“

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Natürlich sind es Liebeslieder, die das Programm bestimmen. Geglückte Beziehungen wie „Senor und Senorita“, weiland durch Rudi Schuricke bekannt geworden, oder auch missglückte, wie das Lied des verlassenen Liebhabers („Ich lieb dich so, drum werd ich dich erschlagen“) und auch Melancholisches wie „So wird’s nie wieder sein“ von Ilse Werner („Meiner Freundin“). Wer meint, dies oder ähnliches brächten auch Götz Alsmann oder Max Raabe auf die Bühne, irrt. Denn neben Musik der 20er und 30er Jahre steht auch Internationales auf der Setliste: Etwa „Goody, Goody“ des Bandleaders Teddy Staufer oder „Tuxedo Junction“, bei dem die Band die bekannten Posaunen-Riffs vokal einstreut. Und Tukur wäre nicht Tukur, wenn er nicht den Swing-Klassiker „Puttin’ on the Ritz“ über „Putin on the Ritz“ in „Wladimir in der Klemme“ durchkalauern würde.

Ulrich Tukur brilliert im Schlosshof in Siegen auch als Rezitator

Und selbst wenn es im überfüllten Schlosshof Musikverächter gegeben hätte, auch die wären auf ihre Kosten gekommen, denn Ulrich Tukur brilliert auch als Rezitator: Ob Texte von Shakespeare, Wilhelm Busch, Erich Kästner oder anderen bekannten oder auch unbekannten Autoren: Er macht selbst aus Kleinem Großes und das immer mit seiner typischen hintergründigen Ironie und seinem unschlagbaren Talent, ratzfatz und souverän sich auf das Glatteis unterschiedlichster Dialekte zu wagen. Auch die musikalische Zugabe nach fast 90 Minuten ohne Pause passt: „Let‘s spend the night together“ der Rolling Stones. Da kann auch der lange Bassist seine Forschungen auf dem Gebiet exotischer Fruchtbarkeitstänze auf der Siegener Bühne präsentieren und selbst einen Mick Jagger vergessen machen.

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Die nächsten Termine von „Das Beste kommt zum Schloss“: Freitag, 8. Juli, 21 Uhr: Duo Luna Tic – Musik-Kabarett vmit Claire aus Berlin und Olli aus Ost-Paris; Samstag, 9. Juli, 21 Uhr: Vokal-Quartett Ringmasters aus Schweden.