Hilchenbach/Düsseldorf. Seit zehn Jahren nicht mehr hatte die SMS group so viele Aufträge wie heute. Mit dem Jobverlust hat allerdings vor allem Hilchenbach bezahlt.

Die SMS group verbreitet Zuversicht: 3,5 Milliarden Euro betrug der Auftragseingang im Jahr 2021 – so viel wie in den letzten zehn Jahren nicht mehr. Die für 2022 vorsichtig – wegen Krieg, Inflation und Lieferkettenproblemen – angepeilten 3,4 Milliarden Euro „werden wir überbieten“, sagt Vorstandschef Burkhard Dahmen und kalkuliert ab 2023 auch mit einer „deutlichen Gewinnsteigerung“.

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Das sind die Zahlen: 400 Jobs weniger in Hilchenbach

Finanzvorstand Torsten Heising stellte am Donnerstag Zahlen aus der Bilanz 2021 vor: plus 86 Prozent Auftragseingang, plus 30 Prozent Auftragsbestand, 207 Millionen Euro Gewinn – mehr als doppelt so viel wie die 87 Millionen im Vorjahr. Durch die Covid-Pandemie „sind wir gut durchgekommen“, sagte Heising. Auch die „Restrukturierung“ gilt nun als abgeschlossen, sie habe „eine erhebliche Senkung der Arbeits- und Personalkosten ermöglicht“ . Bisher 75 der angepeilten 100 Millionen Euro Personalkostenverringerung wurden erreicht, bis Ende 2023 werden weitere Mitarbeitende in Altersteilzeit oder Vorruhestand ausscheiden. „In Deutschland haben wir abgebaut, im Ausland dagegen massiv aufgebaut“, erklärt Burkhard Dahmen, wie es zum unveränderten weltweiten Personalbestand von fast 14.000 Beschäftigten kommt. In Deutschland wurden 600 Stellen gestrichen, davon allein in Hilchenbach 400.

Bilanz und Campus

Der Auftragseingang ist von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2021 gestiegen. Der Auftragsbestand wuchs von 2,0 auf 3,9 Milliarden Euro. Der Umsatz ging dagegen von 2,7 auf 2,6 Milliarden Euro zurück, weil wegen der Pandemie Anlagen-Abnahmen verschoben wurden. 2020 machte die SMS group, auch wegen der Rückstellungen für den Personalabbau, 120 Millionen Euro Verlust, 2021 dagegen wieder 87 Millionen Euro Gewinn. Investiert wurden 151 Millionen Euro (Vorjahr: 83 Millionen), darunter auch in den Erwerb der restlichen Anteile an Paul Wurth.

Im Spätsommer oder Frühherbst 2023 wird der Campus Mönchengladbach eröffnet, an dem die Standorte der Rheinschiene (vor allem: Düsseldorf) zusammengezogen werden. „Wir rechnen weiter mit einer hohen Quote an Home Office und mobilem Arbeiten“, sagt Torsten Heising: Für 2070 Beschäftigte werden 1050 Arbeitsplätze eingerichtet.

So geht es durch die Krisen: Der nächste Winter ist gesichert

Während der Pandemie hat die SMS group an allen Standorten durchgehend weiterarbeiten können – und so soll es auch in der nächsten Krise sein, wenn es in Deutschland zu Energieknappheit kommen sollte. „Wir sparen Energie, so weit es geht“, sagte Torsten Heising. Ein Notfallbetrieb sei gesichert, sodass auf jeden Fall alle Fabriken und Werkstätten weiterarbeiten können. „Wir werden uns mit alternativen Energien über die Heizperiode retten.“

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Steigende Kosten drücken den Maschinen- und Anlagenbau allemal: China reduziert seinen Stahlexport. die Stahlherstellung wird teuer: Allein die Kosten für Strom sind um über 300, für Gas um über 400 Prozent gestiegen. Burkhard Dahmen: „Das wird die Investitionsbereitschaft unserer Kunden bremsen.“ Als „Aufbauthema“ bezeichnet Burkhard Dahmen den mit den SMS-Anlagen zu verbindenden Service bei Instandhaltung, Betrieb und Modernisierung Jährlich will die SMS group diesen Geschäftszweig um zehn Prozent ausbauen, am Ende soll er 50 Prozent des Umsatzes ausmachen und damit den konjunkturabhängigen Anlagenbau abfedern. „Service ist rentabler als das Anlagengeschäft.“ Wobei eins ohne das andere nicht läuft.

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Das ist die Zukunft

Das ganz große Thema der SMS group ist die „Dekarbonisierung“-- getrieben davon, dass die meisten Länder früher oder später CO2-neutral wirtschaften wollen.

Grüner Stahl: Der Hochofenspezialist Paul Würth gehört nun zu 100 Prozent zur SMS group. Entwickelt werden Anlagen, die die CO2--Erzeugung bei der Stahlherstellung verringern.

Kreislaufwirtschaft, bei SMS auch „turning metals green“ genannt: In Hilchenbach in Betrieb gegangen ist in diesem Jahr die erste Anlage zum Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Primobius, ein Gemeinschaftsunternehmen mit der australischen Neometals, wird jetzt bei Mercedes Benz eine erste industrielle Anlage bauen. Aurus – in Russland – hat die weltweit erste Anlage zum Elektro- und Elektroschrottrecycling. Und Aurubis in Hamburg baut in den USA eine – ebenfalls welterste – Anlage zum Multimetallrecycling. Gold, Silber, Platin und Kupfer aus dem Schritt herauszuholen, lohne immer mehr, sagt Burkhard Dahmen: Die steigenden Rohstoffpreise „sind ein Wahnsinnstreiber für unser Geschäft.“

Grüne Energie: In Wien steht eine Anlage, die aus Müll Gas macht – Schlagwort: „Waste to Value“. Synhelion heißt die Firma, die aus Sonnenenergie synthetischen Kraftstoff herstellt. Noch in diesem Jahr soll der erste Solartreibstoff in Jülich hergestellt werden. „Denkbar“, so Burkhard Dahmen, werde der unmittelbare Einsatz dieses Energieträgers bei der Stahlherstellung. Schließlich: Norsk e-Fuel. 2024 soll die erste Anlage zur Herstellung eines Kerosin-Ersatzes aus erneuerbaren Brennstoffen in Betrieb gehen. Damit können Flugzeuge fliegen.

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