Siegen. In Siegen wird viel an Peter Paul Rubens erinnert, mit der Erinnerung an Geiger Adolf Busch tut man sich schwerer. Doch sie ist es wert.

Siegen nennt sich Rubens­stadt, auch wenn der weltbekannte Barockmaler hier nur sein erstes Lebensjahr verbracht und seine Geburtsstadt nie mehr wiedergesehen hat. Vieles in Siegen erinnert an ihn: ein Gymnasium, eine Straße, sein vermeintliches Geburtshaus in der Altstadt, ein renommierter Preis, der auch in diesem Jahr wieder verliehen wird, und sogar eine Torte, die Siegens bekanntester Schokoladenzauberer kreiert hat. Mit Adolf Busch tut sich Siegen etwas schwerer. Vor 70 Jahren starb der aus Siegen stammende Geiger und Komponist. Ihm zum Gedenken hat das Apollo-Theater ein Konzert mit der Philharmonie Südwestfalen ausgerichtet.

Adolf Busch

Die Musikschule ist nach Adolfs älterem Bruder Fritz, einem berühmten Dirigenten, benannt, lebensgroße Skulpturen von beiden am Siegufer wurden mehrfach Opfer von sinnlosem Vandalismus. Adolf Buschs Leben verdient es, nicht vergessen zu werden. 1891 in Siegen geboren, ging er schon mit elf Jahren zum Studium nach Köln und wurde mit 21 Konzertmeister in Wien.

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Seine Spielkunst machte ihn zu einem der größten Geiger des vergangenen Jahrhunderts, seine Geradlinigkeit und Prinzipientreue zu einem Mann mit Charakter. Er verzichtete lieber auf eine glänzende Karriere im deutschen Musikleben, als dass er sich zwingen ließ, nicht mehr mit jüdischen Musikern zusammenzuarbeiten. Er zog mit seiner Familie in die Schweiz.

Am 1. April 1933 gab Adolf Busch sein letztes Konzert in Deutschland, nachdem Adolf Hitler zwei Monate zuvor vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt worden war. 1939, als die Nazis den Zweiten Weltkrieg starteten, emigrierte Busch in die USA, wo er dann im Juni 1952 im Alter von nur 61 Jahren starb.

Die Busch-Brüder

Den fünf Busch-Brüdern ist ihr Geburtsort Siegen gemeinsam, aber ihre Lebensmittelpunkte waren woanders. Hilchenbach ist der erste Ort im Siegerland, der an die Brüder erinnerte. Der Kulturförderer Wolfgang Burbach gründete 1961 im Deutschen Hof den Gebrüder-Busch-Kreis und später die „Brüder-Busch-Gesellschaft“. Das Dahlbrucher Theater ist nach den Buschs benannt.

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In Siegen machte es sich vor allem Magnus Reitschuster zur Aufgabe, das Leben der Busch-Brüder nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Erstmals schon 2001, als er sein Theaterstück „Busch-Brüder oder die Heimkehr“ im alten Apollo-Kino veranstaltete.

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Besonders beeindruckend war 2007 ein Konzert des weltbekannten Klavier-Virtuosen Peter Serkin im Apollo Theater: Denn dieser ist der Sohn des jüdischen Pianisten Rudolf Serkin und der wiederum der Schwiegersohn von Adolf Busch. Rudolf Serkin war 1933 zum Hamburger Brahmsfest eingeladen, wurde aber wieder ausgeladen, weil er Jude war. Darauf hatte Adolf Busch beschlossen, mit seinem Quartett in Hamburg nicht aufzutreten. Sein Telegramm an den Veranstalter: „Empört über Zumutung. Selbstverständlich spiele ich nicht. Busch.“ Eben ein Mann mit Prinzipien.

Das Konzert

Im Mittelpunkt des Abends im Apollo-Theater stehen nach dem Aufwärmstück, der Oberon-Ouvertüre von Carl Maria von Weber, Adolf Buschs Capriccio für kleines Orchester. 1931 komponiert, als er schon in der Schweiz wohnte, wurde es ein Jahr später beim internationalen Musikfest in Venedig uraufgeführt. Einfalls- und abwechslungsreich, musikalisch zwischen Klassik und Neuzeit angesiedelt, gibt es für keine Instrumentengruppe Ruhepausen, schließt sich ein kompositorischer Einfall an den nächsten an. Was aber auch bedeutet, dass sich kein musikalisches Motiv beim Zuhörer so richtig einprägt.

Leonor Amaral und Nabil Shehata brillieren auf der Apollo-Bühne in Siegen.
Leonor Amaral und Nabil Shehata brillieren auf der Apollo-Bühne in Siegen. © Wolfgang Leipold | Wolfgang Leipold

Das ändert sich nach der Pause, als eine Uraufführung ansteht: In die vier Sätze der Sinfonie Nr. 4 G-Dur von Gustav Mahler hat der Schweizer Komponist Andrea Lorenzo Scartazzini sein „Incantesimo“ eingefügt, was Zauber oder Verzauberung bedeutet, wobei die Silbe „cant“ von cantare (singen) kommt.

Geige im Wert von mehr als fünf Millionen Euro

Die fünf Busch-Brüder: Fritz (Dirigent) 1890 – 1951 (London), Adolf (Geiger) 1891 – 1952 (USA), Willi (Schauspieler) 1893 – 1951 (Köln), Hermann (Cellist) 1897 – 1975 (USA), Heinrich (Pianist) 1900 – 1929 (Duisburg).

Die Stradivari: Adolf Busch spielte eine 1716 gebaute Geige aus dem Hause Stradivari, dem berühmtesten Geigenbauer der Welt. Stradivari baute etwa 1000 Geigen, von denen heute noch 600 gespielt werden. Inzwischen befindet sich Adolf Buschs Instrument im Besitz des Geigenvirtuosen David Garrett. Dieser geriet vor einiger Zeit bei der RTL-Sendung „5 gegen Jauch“ in helle Aufregung, als die Geige bei einer Wette in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der Wert des Instruments: mehr als fünf Millionen Euro.

Konzerte Adolf Buschs und des Busch-Quartetts aus den Jahren 1929 bis 1949 sind auf einer Box mit 16 CD’s zu hören. Titel: Adolf Busch und Busch-Quartett.

Dafür haben die Verantwortlichen die Portugiesin Leonor Amaral engagiert. Ausdrucksstark und dynamisch zeigt sie, dass sie auch im Musiktheater wie Oper und Musical zu Hause ist, und verzaubert damit das Publikum, das die Sängerin und die Philharmonie Südwestfalen mit ihrem Chefdirigenten Nabil Shehata mit Klatschen feiert und in die wohlverdiente Sommerpause entlässt.

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