Siegen. Ist Siegens Stadtfest klimaneutral? Ja, sagen die einen. Nein, sagen die anderen. Die Stadt werde sich lächerlich machen.
Bürgermeister Steffen Mues will an die Fachbereiche der Stadtverwaltung „appellieren“, über einen passenden Namen für das vom 26. bis 28. August stattfindende Siegener Stadtfest nachzudenken. Der Anspruch „Klimaneutrales Stadtfest“ ist jetzt auch im Hauptausschuss auf Widerspruch gestoßen. „Wir machen uns überregional lächerlich“, findet Michael Groß (Grüne).
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Das Stadtfest, das erstmals nach zwei Jahren Corona-Unterbrechung wieder gefeiert wird, setzt auf Müllvermeidung, den Einsatz von Ökostrom und LED-Beleuchtung und ein umfassendes ÖPNV-Konzept mit kostenlos zu nutzenden Zubringerbussen aus den Umlandkommunen.
Stadt Siegen will Klimaschutzprojekte finanzieren
Darüber hinaus nehmen zwei weitere Punkte Raum im Konzept ein, die nun Anstoß erregen: Zum Thema „Information und Kommunikation“ ist eine Liste mit „Auflagen & Tipps für Standbetreibende“ vorgesehen, die den Einsatz von Plastikgeschirr und Einwegverpackungen verbietet, Besteck aus Holz, Strohhalme aus Papier und kompostierbare Schalen vorschreibt. Darüber hinaus wird zum Beispiel geraten, mit Wasser zu sparen, Mahlzeiten mit wenig oder ohne Fleisch und auch Leitungswasser als Getränk anzubieten, Abfall zu vermeiden, das Personal in Fahrgemeinschaften oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen und im mit Umwelt-Check zertifizierten Hotels übernachten zu lassen.
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Zweiter Punkt: Um das Stadtfest unter dem Strich klimaneutral zu machen, sollen nicht vermiedene CO2-Emissionen ausgeglichen werden, indem die Stadt Klimaschutzprojekte bezahlt. Dies sei der „letzte Schritt des Minderungskonzeptes“, betont die Vorlage der Verwaltung. Diese Kompensation „darf nicht als Greenwashing oder als Freikaufen verstanden werden“.
Grüne: Mehr Wunschkatalog als Bestimmungen
Grünen-Fraktionschef Michael Groß überzeugt das nicht: So entstehe „ganz sicher nicht“ Deutschlands erstes klimaneutrales Stadtfest. Die Handreichung an die Standbetreiber sei ein „Wunschkatalog“, dessen Befolgen kaum kontrolliert werden könne – womit auch nicht zu ermitteln sei, welche CO2-Menge überhaupt kompensiert werden müsse. Zweifelhaft sei das Trinkbecher-Pfandsystem: Letztlich gehe es der Stadt darum, über den Verkauf der als Souvenir bei den Besuchern verbleibenden Trinkgefäße einen Kostenbeitrag zu erwirtschaften, vermutete Michael Groß: „Dann müsste man sich mal die Ökobilanz der Becher ansehen.“ Eher ins Leere führe auch der Hinweis auf die mit dem „Umweltcheck“ des Hotel- und Gaststättenverbandes zertifizierten Hotels. Das von Siegen aus nächstgelegene sei in Bergneustadt. „Das kann man nicht machen.“
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„Im Grunde haben Sie Recht“, räumt der für die Kultur zuständige Stadtrat Arne Fries ein, „aber den eingeschlagenen Weg halte ich für richtig.“ Bürgermeister Steffen Mues kündigt an, dass die Verwaltung bis zur Ratssitzung am Mittwoch, 15. Juni, über einen neuen Titel nachdenken werde. Allerdings: „Es ist ein klimaneutrales Stadtfest“ – eben durch die Ausgleichsleistungen für Klimaschutzprojekte. Dabei könne die Liste der Vorschriften durchaus auch noch verlängert werden: „Heizpilze könnten von mir aus auch verboten werden.“
Bedingungen für „klimaneutral“ werden in Siegen erfüllt
Christian Paul Sondermann (GfS) findet die Skrupel unangebracht: Das Konzept erfülle zusammen mit den Kompensationsleistungen die Bedingungen für das Prädikat „klimaneutral“. „Das ist nun mal so.“ Andere Veranstalter würden genauso vorgehen. Siegen würde die Chance aus der Hand geben, das erste klimaneutrale Stadtfest in Deutschland für sich in Anspruch zu nehmen. „Das wäre doch wirklich schade.“
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