Siegen. Enge Gassen, dichte Bebauung: Wenn es in Siegens Altstadt brennt, ist die Feuerwehr besonders gefordert. Erst recht, wenn Bürger sie behindern.
Wenn es in der Altstadt brennt, steht die Feuerwehr vor so besonderen Herausforderungen, dass sie sich darauf von langer Hand vorbereitet hat. „In manche Straßen kommen wir mit unseren Löschfahrzeugen gar nicht rein“, sagte Matthias Ebertz, Leiter der Feuerwehr Siegen, nun im Aussschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung. Trotzdem lässt sich alles erreichen: Für jedes Haus liegt eine Lösung bereit – sofern die Einsatzkräfte nicht von Falschparkern blockiert werden.
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Die Fläche ist relativ klein, stellt aber „besondere Bedingungen“, wie Matthias Ebertz betonte. Er stellte den Extra-Einsatzplan für die Altstadt, 62 Seiten stark und vor rund zehn Jahren ausgearbeitet, im Ausschuss vor. Beim Brand in der Mauerstraße am 22. März „hat das funktioniert“. Das Haus wurde zwar unbewohnbar, ein 85-Jähriger verletzt – doch das Hauptaugenmerk liege bei Feuer in der Altstadt darauf, „dass keine angrenzenden Häuser in Mitleidenschaft gezogen werden“, wie der Feuerwehrchef erläuterte. In der Mauerstraße sei genau dies auch gelungen, wie Drohnenaufnahmen eindrucksvoll illustrieren. Im Brandfall sind Altstädte generell ein heikles Pflaster, und das seit jeher: Matthias Ebertz nannte die verheerenden Stadtbrände von Magdeburg im 13. und Freudenberg im 17. Jahrhundert als Beispiele.
Feuer in Siegens Altstadt: Gefahren wegen alter Dachstühle und versteckter Hohlräume
Siegen macht, was die kritischen Punkte angeht, keine Ausnahme:
• Die Gebäude stehen extrem nah beieinander, die Straßen sind schmal. Manche Kurven sind für große Löschfahrzeuge nicht zu bewältigen.
• Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem weite Teile der Oberstadt zerstört wurden, verwendeten die Menschen oft leicht brennbare Dämmmaterialien wie Papier oder Schafwolle. Letztere werde heute zwar wieder zu diesem Zweck genutzt, sei aber im Gegensatz zu damals extra dafür behandelt.
• Manche benachbarte Häuser haben gemeinsame Dachstühle. Und die sind noch dazu oft „staubtrocken“, wie Matthias Ebertz anmerkte.
• Im Laufe der Jahrzehnte sei an vielen Häusern in größeren Stil an- und umgebaut worden – „was es für uns nicht einfacher macht“. In den Gebäuden in der Altstadt gebe es sehr viele Hohlräume, erläuterte der Feuerwehrchef, in die die Flammen hineinziehen könnten. Diese verbergen sich häufig an Stellen, wo man sie nicht vermutet. Bei Einsätzen „sind wir lange mit Wärmebildkameras unterwegs, um Glutnester hinter Wänden zu finden“.
Altstadt Siegen: Feuerwehr hat Einsatzplan für jedes Haus in der Schublade
Der Einsatzplan für die Altstadt ist entsprechend komplex. In Übersichtskarten sind jede Straße und jede Gasse erfasst, „wir sind alle Wege mit drei Fahrzeugen abgefahren“. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Fahrzeuge nicht nur in die Altstadt hinein-, sondern auch wieder hinausfahren können müssen. Außerdem dürfen sie sich nicht gegenseitig während des Einsatzes blockieren.
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Extra für solche Gegebenheiten hat die Feuerwehr Siegen vier sogenannte City-Löschfahrzeuge angeschafft. Sie sind 35 Zentimeter schmaler als die üblichen Varianten und „erheblich wendiger. Mit denen kommen wir auch in Straßen rein, wo wir sonst keine Chance haben“, sagt Matthias Ebertz. Auch für andere eng bebaute Bereiche seien diese Autos Mittel der Wahl: „Diese Fahrzeuge haben sich wirklich bewährt.“
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Der Einsatzplan regelt auch, wie sich jedes Gebäude trotz der Bedingungen erreichen lässt (idealerweise von zwei Seiten), wo das Löschwasser herkommt, wie spezielles Gerät zum Einsatzort geschafft werden und wie Menschen gerettet werden können. Beispielsweise sind auf der Karte rund 30 „Patientenübergabestellen“ eingezeichnet, an denen Verletzte an Rettungswagen übergeben werden können, die dann schnell und ohne viel Rangieren die Altstadt verlassen. Außerdem ist ein sogenannter Bereitstellungsraum an der Frankfurter Straße vorgesehen, von wo aus Fahrzeuge und Einsatzkräfte zügig und bedarfsgerecht in die Altstadt geschickt werden können.
Siegen: Falschparker in der Altstadt blockieren im schlimmsten Fall die Feuerwehr
Eine wichtige Voraussetzung für ein Gelingen ist natürlich, dass die sorgsam geplanten Wege überhaupt passierbar sind. „Manchmal parken Autos da, wo sie nicht dürfen. Und dann käme nichts mehr durch“, brachte es Matthias Ebertz auf den Punkt. Nach Aufstellung des Plans seien damals alle Anwohnerinnen und Anwohner der Altstadt kontaktiert und für die Problematik sensibilisiert worden. Damals sei auch eine Infonummer für Bürgerinnen und Bürger angegeben gewesen, ein paar Mal hätte er auf Einladung hin auch Menschen in ihren Häusern in der Altstadt aufgesucht, um Fragen zu klären – vielleicht, so der Experte, sei eine solche Info-Aktion noch einmal angeraten.
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Dem stimmte Timo Kamann (Volt) zu und regte an, die Anwohnerinnen und Anwohner jährlich auf das Thema aufmerksam zu machen. Er begründete das vor allem mit seinen eigenen Beobachtungen in den Abend- und Nachtstunden, in denen immer wieder Straßen mit parkenden Autos zugestellt seien. Ausschussvorsitzender Frank Weber (CDU) sprach sich für regelmäßige Kontrollen seitens des Ordnungsamtes aus. „Gerne zwei Mal am Tag“, weil generell erschreckend viele Zeitgenossinnen und Zeitgenossen „bescheuert parken“.
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