Weidenau. Siegen ist zwar keine Autostadt – und doch arbeitet hier ein Team an einem Fahrzeug, das selbst Supersportwagen im Sprint davonfahren kann.

Mit dem Fuß prüft David Rüb den Reifendruck. „Die 12 hat noch mehr Luft als die 13“, sagt er. In der Halle in Weidenau stehen noch alle neun Rennfahrzeuge, die die „Speeding Scientists Siegen“ seit 2008 gebaut haben. Auch der Wagen von 2012, in dessen Reifen noch erstaunlich viel Druck ist. Einige Meter weiter steht der Renner, mit dem der Verein in diesem Jahr an der „Formula Student“ teilnehmen will. Der Wettbewerb führt die Siegener in die Schweiz, nach Österreich, Ungarn und Kroatien.

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Gegründet 2008 mit damals 29 Mitgliedern, zählt der Verein heute mehr als 130. Vom ersten Tag an das Ziel: Einen konkurrenzfähigen Rennwagen für die Formula Student bauen. Seit 2011 sind die selbst entwickelten Autos des Vereins elektrisch betrieben. Die Mitglieder teilen sich in mehrere Teams auf, die sich um verschiedene Aufgaben rund um das Fahrzeug kümmern: Fahrgestell, Fahrwerk, Elektrotechnik, Antrieb und Aerodynamik, darüber auch Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit. Daher sind bei den Speeding Scientists Siegen nicht nur Studierende aus technischen Studiengängen gefragt: Wer Medien- oder Wirtschaftswissenschaften studiert, ist ebenso herzlich willkommen.

Simeon Halbach (links) und David Rüb stellen den neuen elektrischen Rennwagen der Speeding Scientists Siegen vor.
Simeon Halbach (links) und David Rüb stellen den neuen elektrischen Rennwagen der Speeding Scientists Siegen vor. © WP | Aaron Sayko

Beim Rennen geht es um die gesamte Teamleistung der Speeding Scientists Siegen

Der Verein ist immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern, helfende Hände werden immer gesucht: „Wir sind in Siegen eine kleine Uni mit wenigen Leuten, die ein technisches Studium anfangen. Da so ein Team aufzubauen, ist schon schwierig“, sagt Teamleiter Simeon Halbach. Daher sei es wichtig, zum Beispiel bei der Einführungswoche der Erstsemester Präsenz zu zeigen, ergänzt David Rüb: „Wenn 160 Leute ein technisches Studium anfangen, bekommen wir vielleicht zehn Prozent.“

„Maya“ macht nicht nur auf dem Transportanhänger, sondern auch auf der Rennstrecke eine gute Figur.
„Maya“ macht nicht nur auf dem Transportanhänger, sondern auch auf der Rennstrecke eine gute Figur. © Speeding Scientists Siegen

In den Blick genommen wird bei der Formula Student nicht nur der sportliche Aspekt, die Platzierung des Teams beim Rennen. „Es geht nicht nur um den Fahrer, sondern um die gesamte Teamleistung“, erläutert David Rüb, der die Antriebsgruppe leitet. Es gibt natürlich Disziplinen, in denen die Leistungsfähigkeit der Rennwagen miteinander verglichen wird: Beschleunigung auf gerader Strecke über 75 Meter, Fahren im Kreis in Form einer liegenden Acht. Auch 22 Runden auf einem Rundkurs mit einem Kilometer Länge müssen die Rennteams absolvieren.

Allein mit Technik ist es in der Formula Student für die Speeding Scientists nicht getan

Doch die Herausforderung, die der Wettbewerb an die Studierenden stellt, ist der gesamte Prozess, ein Auto zu bauen. Auch einen Geschäftsplan müssen die Studierenden für die Formula Student entwickeln. „Da merkt man: Dieser Wettbewerb ist schon interdisziplinär aufgebaut“, sagt David Rüb. Ein weiterer Wettbewerb, an dem die Siegener Studierenden in diesem Jahr möglicherweise teilnehmen werden: Ein 25-Stunden-Rennen. Das läuft über zwei Tage, gefahren wird von 8 Uhr morgens bis 20.30 Uhr abends. Bislang größter Erfolg der Speeding Scientists Siegen war 2015 der 15. Platz auf der Weltrangliste der Formula Student.

Auftritt in den Sozialen Medien

Über Aktuelles informieren die Speeding Scientists Siegen regelmäßig auf Instagram unter dem Account „s3racing_team“.

Der Verein sucht neue Mitarbeiter, insbesondere in den Bereichen Elektrotechnik, Wirtschaft und Medien.

Mehr Infos und Kontakt unter s3racing.de

Momentan bauen die Speeding Scientists ihren zehnten Wagen. Noch fehlen einige Komponenten am Fahrgestell, das in diesem Jahr zum dritten Mal komplett aus Aluminium besteht. Bis die Saison der Formula Student im Juli beginnt, hat das Team noch alle Hände voll zu tun. Rund 40 Studierende kümmern sich aktuell in ihren Gruppen um die einzelnen Bestandteile.

Neuer Rennwagen der Speeding Scientists Siegen wiegt 10 Kilo weniger

Verbesserungen zum Wagen „Maya“ aus dem vorigen Jahr: Mit 240 Kilogramm ganze 10 Kilo weniger Gewicht und eine leicht verbesserte Beschleunigung auf 100 km/h in 2,6 Sekunden. Eine volle Akkuladung ist in 50 bis 60 Minuten möglich und reicht für 22 Kilometer im Renntempo. Wichtiger Stichtag ist der 13. Mai, an dem der Rennwagen offiziell vorgestellt wird: „Es wird dann noch nicht rennfertig sein, aber es wird aus der Halle rollen“, versichert David Rüb. Über die aktuelle Rennsaison hinaus hat er auch schon Pläne für den nächsten Rennwagen: „Das nächste Auto soll deutlich schmaler werden und damit leichter.“

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Ziel bei der Mitarbeit bei den Speeding Scientists Siegen sei es, neben dem Studium noch etwas zu lernen, sagt Rüb. „Die Grundlagen lernt man ganz gut in der Uni, aber der Praxisbezug fehlt noch.“ Gerade die praktische Erfahrung sei für Absolventen technischer Studiengänge wertvoll, wenn sie später auf dem Arbeitsmarkt ankommen wollen, betont der Student: „An einem Projekt mitgearbeitet zu haben, ist Voraussetzung, um bei einer Firma anzufangen.“ Die Regeln der Formula Student seien daher auch auf die Automobilindustrie ausgelegt, erklärt Rüb. Für Vertreter von Automobilfirmen seien die studentischen Rennserien immer ein beliebter Ort, nach Talenten Ausschau zu halten: „Da kann man schon gut mit den Firmen in Kontakt kommen.“

Mit diesem Rennwagen – er trägt den Namen „Maya“ – haben die Speeding Scientists 2021 die Formula Student bestritten.
Mit diesem Rennwagen – er trägt den Namen „Maya“ – haben die Speeding Scientists 2021 die Formula Student bestritten. © Aaron Sayko