Siegen. Der Mann, der einen Polizisten in Siegen brutal ins Gesicht trat, verweist auf Nachtblindheit. Das aber passt schlecht zu seinen Verkehrsdelikten.

Wie kam es dazu, dass ein 27-jähriger Dortmunder einem Siegener Polizisten am 20. Juli 2019 mit Anlauf ins Gesicht trat und dem Beamten dabei schwere Verletzungen zufügte? Das wird auch am dritten Verhandlungstag der Berufung nicht weiter aufgehellt, der ohnehin nur zehn Minuten dauert. Ein „Schiebtermin“, wie es im inoffiziellen Sprachgebrauch heißt.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Immerhin gibt es durch die Verlesung von Vorstrafen und Verkehrsdelikten einen gewissen unabhängigen Einblick in die Psyche des jungen Mannes, der die Tat als solche gestanden hat, allerdings nicht mit Absicht das Gesicht getroffen und auch nicht gewusst haben will, dass es sich um einen Polizeibeamten handelte. Mit der Justiz ist er vorher noch nicht in Berührung gekommen, jedenfalls nicht verurteilt worden. Dafür gibt es seit 2017 ein gutes halbes Dutzend an Ordnungswidrigkeiten hinter dem Steuer.

Polizist in Siegen-Geisweid ins Gesicht getreten: Angeklagter sagt, er sei nachtblind

Das erste Mal ist er in einer 50er Zone mit 112 km/h geblitzt worden, nicht lange danach waren es bei einem weiteren Fall immer noch 98. Danach sind die Abstände zur erlaubten Geschwindigkeit etwas geringer geworden. Es hat aber insgesamt für fünf oder sechs Geldbußen und Fahrverbote gereicht.

+++ Lesen Sie hier:Siegen: Selbsternannter Allah Gefahr für alle – Psychiatrie+++

Der Verteidiger kündigt für den nächsten Verhandlungstag, der erst für den 19. April angesetzt ist – ohne die Sitzung am Freitag hätten die Fristen also nicht eingehalten werden können – ein Attest über die Nachtblindheit seines Mandanten an. Der hatte sich in seiner Aussage darauf berufen, in der Tatnacht vor der Geisweider Discothek lediglich eine dunkle Gestalt auf dem Rücken seines Freundes wahrgenommen zu haben. Der Beamte habe keine Uniform getragen, vom Eintreffen der Polizei hätte er nichts bemerkt. Und schließlich sei er ohnehin nachtblind und damit stark eingeschränkt.

Siegen: Angeklagter will Attest bringen – das könnte mit „Nachtfahrverbot“ enden

„Das wäre gut“, kommentiert die Vorsitzende Richterin Sabine Metz-Horst die Ankündigung, ist aber zugleich auch irritiert. Fast alle der verlesenen Ordnungswidrigkeiten seien in der Nacht geschehen. Wenn das Attest komme, „ist Schluss mit Nachtfahren!“ Darüber müsse sich der Angeklagte im Klaren sein. Sie wundere sich zudem, warum er ein solches Papier bei den Vorwürfen nicht schon eher vorgelegt habe.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++