Kreuztal/Arnsberg. Die Züchterfamilie muss fast 90.000 Euro bezahlen. Das bestätigt das Verwaltungsgericht. Der Strafprozess gegen die „Welpenmafia“ steht bevor.

Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat elf Klagen einer Hundezüchterin aus Buschhütten, ihres Ehemannes und ihrer volljährigen Kinder gegen tierschutzrechtliche Anordnungen und Maßnahmen des Kreises Siegen-Wittgenstein abgewiesen. Die Familie, gegen die beim Landgericht Hagen Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs beim Verkauf von Hundewelpen erhoben wurde, hatte sich gegen die Beschlagnahmung der Tiere und die sich auf 90.000 Euro summierenden Kostenrechnungen des Kreises gewehrt – und die Zucht auch danach fortgeführt.

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Die Vorgeschichte: Erste Schließung schon 2004

Der Ehemann der Züchterin beschäftigte sich bereits seit längerem mit der Zucht und dem Verkauf von Hunden. Gegen ihn gab es in der Vergangenheit immer wieder zivilrechtliche Klagen von Hundekäufern, nachdem Welpen nach deren Erwerb erkrankt waren, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts In diesem Zusammenhang wurde die Vermutung geäußert, dass es sich bei den verkauften Welpen um solche gehandelt habe, die aus Osteuropa importiert worden seien. 2004 wurde der bis dahin vom Ehemann der Züchterin gewerbsmäßig gehaltene Hundebestand aufgelöst.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein erteilte der Züchterin im April 2006 eine Erlaubnis, gemeinsam mit einer in Hessen wohnenden Tierärztin auf dem Grundstück in Buschhütten Hunde zu halten oder zu züchten. Die Erlaubnis war beschränkt auf 30 Zuchthunde, mit denen die Tätigkeit ausgeübt werden sollte, sowie auf die dort angegebenen Räume und Einrichtungen.

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Die Razzia: 115 Hunde in Sicherheit gebracht

Bei einer Kontrolle im September 2016 wurden 65 Hunde und 18 Welpen aus fünf Würfen vorgefunden. Im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts von Straftaten im Zusammenhang mit der Einfuhr von Welpen aus Osteuropa und deren Weiterverkaufs als eigene Zuchthunde wurde die Zuchtanlage am 14. Dezember 2016 durchsucht. 115 Hunde wurden in teilweise mäßigem bis schlechtem Gesundheits- und Pflegezustand vorgefunden. Sie wurden bei verschiedenen Tierschutzorganisationen oder Tierauffangstationen untergebracht. Gegen die Züchterin, ihren Ehemann und die erwachsenen Kinder wurde Strafverfahren vor dem Landgericht Hagen eröffnet.

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Am 16. und 20. Dezember 2016 erließ der Kreis Siegen-Wittgenstein gegen die Züchterin und die Tierärztin mehrere Ordnungsverfügungen: den Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb einer Hundezucht, die Untersagung des gewerbsmäßigen Haltens und Handelns mit Hunden und der Zucht von Hunden sowie die Bestätigung der Fortnahme und anderweitigen pfleglichen Unterbringung der im Zuchtbetrieb vorgefundenen Hunde.

Darüber hinaus ordnete der Kreis am 29. Dezember 2016 die Veräußerung der fortgenommenen Hunde an.

Am 14. Dezember 2016 wird die Anlage der Hundezüchter in Buschhütten durchsucht. 115 Hunde werden beschlagnahmt und später auf Anordnung des Kreises verkauft.
Am 14. Dezember 2016 wird die Anlage der Hundezüchter in Buschhütten durchsucht. 115 Hunde werden beschlagnahmt und später auf Anordnung des Kreises verkauft. © Jürgen Schade (Archiv)

Familie muss fast 90.000 Euro bezahlen

Die Klagen gegen die die Tierärztin betreffenden Ordnungsverfügungen hat das Verwaltungsgericht bereits im November 2020 abgewiesen; über die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen diese Urteile hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen noch nicht entschieden.

Die Klagen der Züchterin waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 29. November 2021.

Der Züchterin, ihrem Ehemann und dem Sohn wurde im April 2017 – unter Androhung von Zwangsgeldern für den Fall der Zuwiderhandlung – die Haltung und Betreuung von Hunden untersagt, wobei der Sohn noch maximal drei Hunde privat halten durfte. Die gegen diese Verbotsverfügungen gerichteten Klagen hat die Kammer ebenfalls am 29. November 2021 verhandelt.

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Eine weitere vor der Kammer verhandelte Klage der Züchterin richtete sich gegen deren Heranziehung zur Erstattung der im Zusammenhang mit der Fremdunterbringung der im Dezember 2016 von der Anlage verbrachten Hunde entstandenen Gebühren, Kosten und Auslagen in Höhe von insgesamt annähernd 90.000 Euro.

Die zweite Durchsuchung: Verstoß gegen Verbote

Nachdem in den Jahren 2019 und 2020 bei dem Kreis Siegen-Wittgenstein mehrere Anzeigen eingegangen waren, nach deren Inhalt auf dem Grundstück der Familie wieder Hunde gehalten würden, wurde am 12. Februar 2021 erneut eine tierschutzrechtliche Kontrolle vorgenommen, in deren Verlauf neun Hunde in Obhut genommen wurden. Dort verblieben lediglich die im Eigentum der Kinder der Züchterin stehenden Hunde, darunter auch Welpen.

Strafprozess

Die 6. große Strafkammer des Landgerichts Hagen wird voraussichtlich ab April gegen die Kreuztaler Hundezüchter verhandeln.

Insgesamt sieben Personen sind angeklagt. Ihnen wird Tierquälerei, Bandenbetrug und gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen.

Im März 2021 setzte der Kreis gegen die Züchterin und deren Ehemann wegen Verstoßes gegen die in 2017 verfügten Verbote der Hundehaltung Zwangsgelder fest. Auch diese Bescheide wurden in zwei Klageverfahren angegriffen.

Die Tochter der Züchterin beklagte eine nach der Durchsuchung im Februar 2021 ergangene Verfügung, in der Einzelanordnungen zur Haltung und Versorgung der von ihr gehaltenen Hunde gemacht wurden.

Die Urteile: Verstoß gegen Tierschutzrecht

Die Kammer führt in ihren Urteilen aus, die Verbote der Haltung und Betreuung von Hunden seien zu Recht erlassen worden. Ein Großteil der Hunde sei über einen längeren Zeitraum in Zwingern untergebracht worden, die den in der Tierschutzhundeverordnung formulierten Anforderungen „nicht einmal ansatzweise“ entsprochen hätten. Auch sei die Zuchtanlage teilweise überbelegt gewesen.

Ein Großteil der Hundehütten als auch die Ausläufe seien hochgradig verschmutzt gewesen, in Aufenthaltsbereichen der Hunde seien verletzungsträchtige Gegenstände vorgefunden worden. Den hygienischen Missständen in den Holzhütten, Zwingern und Ausläufen im Außenbereich hätten die Zustände der Räumlichkeiten im Wohnhaus, in denen Hunde vorgefunden wurden, teilweise entsprochen. Der Verschmutzungsgrad in den völlig mit Kot verdreckten Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes, in denen zudem starker Ammoniakgeruch vorgeherrscht habe, habe eine Bewegung für die darin gehaltenen Tiere ohne direkten Kontakt mit den Ausscheidungen und damit verbundenen Kot- und Urinverschmutzungen nicht mehr zugelassen.

In einer Garage ohne Lichteinfall seien sechs „im Allgemeinbefinden deutlich reduzierte“ Welpen in Plastikboxen vorgefunden worden. Trinkwasser und Futter seien nicht in ausreichender Menge für alle Hunde vorhanden gewesen. Der Kreis Siegen-Wittgenstein habe auch zu Recht angenommen, dass aufgrund der Vielzahl und Erheblichkeit der vorgefundenen Beeinträchtigungen und Missstände die Annahme gerechtfertigt sei, dass auch zukünftig solche Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen begangen würden.

Sohn und Tochter verlieren ebenfalls

Dies gelte nicht nur für die Hundezüchterin selbst. Ihrem Sohn hätte es freigestanden, seinen Lebensunterhalt anders als durch seine Tätigkeiten in der Hundehaltung seiner Mutter sicherzustellen und sich somit deutlich von den dortigen Entwicklungen zu distanzieren. Auch die Klage der Tochter der Familie wurde abgewiesen. Gegen die Urteile können Anträge auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über welche das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden hätte.

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