Siegen-Wittgenstein. Der Verband der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM) stellt seine Konjunkturumfrage vor. Einflussfaktoren außer Corona: Lieferketten und A 45.

Eine positive Entwicklung mit ein paar Einschränkungen konstatiert der Verband der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM) nach Auswertung seiner jüngsten Konjunkturumfrage. Aktuelle Einschätzungen und Erwartungen fallen zwar zuversichtlicher aus als ein Jahr zuvor, doch „gewisse Dämpfer sind da, gerade was die Erwartungen für die nächsten sechs Monate angeht“, sagt Geschäftsführer Dr. Thorsten Doublet.

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„Die Unternehmen haben sich vom Corona-Schock im Jahr 2020 erholt“, sagt Christian F. Kocherscheidt, Vorsitzender des Verbands und geschäftsführender Vorsitzender der EJOT Holding GmbH und Co. KG mit Sitz in Bad Berleburg. Das gelte aber einerseits nicht für sämtliche Unternehmen; und andererseits sei Corona zwar auch 2021 das vorherrschende Thema gewesen, sei aber nur einer der Faktoren, die die Rahmenbedingungen derzeit beeinflussen. Was noch hinzukommt: Probleme mit den Lieferketten nicht nur wegen pandemiebedingter Produktionsausfälle sondern auch wegen der Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal, Engpässe bei Mikrochips und Halbleitern und die Sperrung der für die Region so wichtigen A 45 bei Lüdenscheid wegen der maroden Rahmede-Talbrücke.

Siegen und Umgebung: Viele Unternehmen von Sperrung der A 45 betroffen

83 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen hätten angegeben, dass sie von der Sperrung der A 45 betroffen seien. 76 Prozent erwarten deswegen höhere Kosten. Wenn es schnell gehe, schätzt Christian F. Kocherscheidt, würden Abbruch und Neubau der Brücke fünf Jahre in Anspruch nehmen. Wegen der hohen Bedeutung der Verbindung müsse die Umsetzung aber „so schnell wie möglich“ erfolgen. „Es ist wichtig, dass wir Verbände uns bei der Politik für verkürzte Verfahren einsetzen“, betont der VdSM-Vorsitzende.

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Das Problem, dass Bauvorhaben sich aufgrund des Prozederes sehr lange hinziehen, ist seit Jahren ein Thema. Christian F. Kocherscheidt verweist in diesem Zusammenhang auf die Route 57. Ziel sei es, „dahinzukommen, dass Verfahrensschritte gleichzeitig und nicht nacheinander laufen können“. Was das angehe, „setzen wir auch auf die neue Bundesregierung“.

Metallindustrie Siegen-Wittgenstein: Nur wenige Firmen erwarten bessere Geschäfte

53 Prozent der Unternehmen bewerten die aktuelle Geschäftslage als „gut“. Vor einem Jahr waren es nur 26 Prozent. „Gleichbleibend“ sagten beide Male 35 Prozent, der Anteil der „Schlecht“-Bewertungen sank von 39 auf 10 Prozent.

5 Prozent erwarten für die kommenden sechs Monate bessere Geschäfte, 75 Prozent gehen von „gleichbleibend“ aus, 20 Prozent von „schlechter“. In der Umfrage Ende 2020 gingen noch 13 Prozent von einer Besserung aus und 41 Prozent von einer Verschlechterung. Das sei zwar eine positive Entwicklung, wie Thorsten Doublet einordnet; es bedeute aber immer noch, dass ein Fünftel der Unternehmen pessimistisch in die nähere Zukunft blickt.

Siegen und Umgebung: Viele Metallunternehmen befürchten schlechtere Ertragslage

65 Prozent bewerten aktuell die Inlands-, 53 Prozent die Auslandsnachfrage als „gut“. Gegenüber den Antworten ein Jahr zuvor ist das eine deutliche Verbesserung (mit 28 beziehungsweise 19 Prozent). Was noch heraussticht: nur 10 beziehungsweise 11 Prozent stufen die derzeitige Inlands- und Auslands-Auftragslage als „schlecht“ ein, während das zwölf Monate zuvor noch 34 beziehungsweise 56 Prozent waren. Über tatsächliche Umsetzungen sagt die Auftragslage in der momentanen Situation allerdings nicht gezwungenermaßen etwas aus, wie Thorsten Doublet anmerkt: denn wegen der Lieferketten-Probleme „fehlt es an Vorprodukten und Material“. Es sei also abzuwarten.

Große Arbeitgeber

Von den 110 Mitgliedsunternehmen des VdSM haben diesmal 22 an der jährlich stattfindenden Befragung teilgenommen. Diese repräsentieren mit rund 7.500 von insgesamt 16.500 etwas mehr als 45 Prozent der Beschäftigten, wie Thorsten Doublet erläutert.

Dass die Werte bei manchen Fragen in Summe 101 Prozent ergeben, ist Rundungen bei den Einzelwerten geschuldet.

35 Prozent der Umfrage-Teilnehmer beschreiben die Ertragslage als „gut“. Das ist eine Steigerung um 12 Prozentpunkte. „Schlecht“ geben 30 Prozent an, auch wenn dieser Anteil deutlich geringer ausfällt als im Vorjahr (47 Prozent). Die Ertragserwartungen sind mit 40 Prozent „schlechter“-Einschätzungen nur minimal besser geworden (zuvor 41 Prozent). Dieser Wert bleibt allerdings recht hoch. Höhere Erträge im kommenden halben Jahr erwarten übrigens 25 Prozent (Vorjahr: 16 Prozent).

Siegen-Wittgenstein: Metallindustrie will Arbeitsplätze erhalten

65 Prozent der Unternehmen wollen im ersten Halbjahr 2022 ihre Beschäftigtenzahl halten, 35 Prozent gehen von Neueinstellungen aus. In der vorangegangen Umfrage waren es nur 41 beziehungsweise 9 Prozent. Damals gaben außerdem 65 Prozent an, für die folgenden sechs Monate von Kurzarbeit auszugehen. Aktuell tun das nur 5 Prozent. Ebenfalls 5 Prozent befürchten derzeit Entlassungen. Vor einem Jahr waren das noch 21 Prozent.

„Die Beschäftigung ist stabil“, kommentiert Thorsten Doublet. Dabei spiele Kurzarbeit eine wichtige Rolle – bei den 5 Prozent, die Entlassungen ankündigen, sei dieses Instrument ausgeschöpft, ohne den gewünschten Erfolg gebracht zu haben. Ein anderer wichtiger Aspekt sei der nach wie vor herrschende Fachkräftemangel. Dieser sei wegen der Pandemie in der öffentlichen Diskussion etwas in den Hintergrund getreten, aber „die Themen kommen jetzt wieder“, wie Thorsten Doublet betont.

Ausbildung in Siegen-Wittgenstein: Metallindustrie will Kapazitäten ausbauen

85 Prozent der Unternehmen möchten unverändert ausbilden, 15 Prozent wollen die Zahl ihrer Ausbildungsplätze erhöhen, keines der Unternehmen möchte Plätze streichen. Letzteres hatten ein Jahr zuvor noch 25 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Firmen angekündigt.

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Das Engagement „hat auch damit zu tun, dass das Finden von Fachkräften und Auszubildenden schwieriger wird“, wie Thorsten Doublet erklärt. Es gebe weniger Schulabgänger, gleichzeitig scheiden wegen der demografischen Entwicklung mehr Menschen altersbedingt aus dem Arbeitsleben aus. Folglich müssen die Unternehmen Sorge für den eigenen Nachwuchs tragen und dazu auch immer mehr Eigeninitiative bei der Akquise von Auszubildenden zeigen.

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