Siegen-Wittgenstein. Eiserfeld mit Potenzial: Der Haltepunkt wird barrierefrei ausgebaut. Die Gegenwart für Bahn und Busse sieht allerdings weniger rosig aus.
Die Deutsche Bahn AG will Ende 2024 die Unterführung zum Mittelbahnsteig des Eiserfelder Bahnhofs erneuern. Der Zugang wird dann vom Bahnhofsvorplatz erfolgen, denn das sanierungsbedürftige Empfangsgebäude wird dann abgerissen. Der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) legt 1,5 Millionen Euro drauf, damit der Zugang zum Bahnsteig barrierefrei wird. Die Kosten für den Aufzug und eine Rampe zum Vorplatz will die DB nämlich nicht tragen: Dazu ist sie bei Fahrgastzahlen von weniger als 1000 pro Tag nicht verpflichtet.
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Zukunft: Auch von Eiserfeld direkt nach Köln
Der NWL sieht in dem barrierefreien Umbau zusammen mit der Tunnelsanierung eine „große Chance“,wie es in der Vorlage zur Verbandsversammlung heißt: Die Station habe „hohes Potenzial“: Die Stadtmitte werde in fünf Minuten erreicht, schneller als mit dem Auto, Schon jetzt werde die Bahn von Schülerinnen und Schülern der Grundschulen, Gesamt-, Realschule und Gymnasium genutzt. Auch für Berufspendler zum IHW-Park wäre die Bahn eine Alternative. Für Pendler aus Eiserfeld und dem übrigen südlichen Stadtgebiet würde der Umstieg auf die Bahn attraktiv, wenn dort ein Parkplatz angelegt würde.
In Eiserfeld halten die Rothaarbahn (Betzdorf-Bad Berleburg) und die Westerwald-Sieg-Bahn (Siegen-Altenkirchen), nicht aber der Rhein-Sieg-Express (RE 9) nach Köln, den Pendler erst in Brachbach erreichen. Ändern wird sich das erst in gut zehn Jahren: Nach der „Zielnetzplanung 2032“, die gerade den Gremien vorgelegt wird, wird der RE 9 zum „Flügelzug“ umgewandelt. Der Zug wird in Eitorf in Richtung Siegen geteilt beziehungsweise aus Richtung Siegen in Eitorf zusammengeführt. Der „langsame“ Teil wird dann an allen Stationen, auch in Niederschelden und Eiserfeld, halten und bis Kreuztal durchfahren, der schnelle dagegen sieben Minuten schneller als bisher in Köln ankommen.
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Gegenwart: Viele Verspätungen, zu viele Ausfälle
In der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) wurde auch über die Gegenwart gesprochen:
Siegstrecke: Der RE 9 (Siegen-Köln-Aachen) kommt noch mit 76,7 Prozent der Fahrten pünktlich in Siegen an, fast jeder vierte Zug hat also mehr als vier Minuten Verspätung. 5,59 Prozent der Fahrten fallen ganz aus: Von einer festgelegten Verspätungszeit an bekommt ab Betzdorf die Rothaarbahn Vorfahrt nach Siegen, der RE 9 wendet unter Umständen sogar schon in Betzdorf. Die RB 90 (Siegen-Altenkirchen) ist zu 87,6 Prozent pünktlich, die Ausfallquote beträgt 1,16 Prozent. Die Siegstrecke wird auch von der Rothaarbahn befahren (Bad Berleburg-Betzdorf). Sie fährt derzeit nur von und bis Erndtebrück, Gleisbauarbeiten auf dem Abschnitt nach Bad Berleburg verzögern sich wegen Lieferschwierigkeiten um mehrere Wochen. Die Pünktlichkeit: 85,5 Prozent, die Ausfallquote: 1,28 Prozent. Auch die Rothaarbahn ist im Zielnetz 2032 als Flügelzug vorgesehen: Start ist dann erst in Siegen, ab Erndtebrück fährt ein Zugteil nach Bad Berleburg, der andere über Bad Laasphe nach Marburg.
„Eezy“ nicht nach Köln
Zum Monatsbeginn ist „Eezy“ gestartet, die Nahverkehrs-App, bei der Fahrgäste nur eine Check-In-Schaltfläche beim Einsteigen bedienen müssen und beim Aussteigen am Zielort auschecken. Der Fahrpreis wird abgebucht, ohne dass die Fahrgäste sich selbst um die Wahl der richtigen und günstigsten Tickets bemühen müssen.
Auf der Strecke Siegen-Köln funktioniert Eezy nicht, teilte Markus Menn, Leiter der Stabsstelle für Wirtschaftsförderung, Klimaschutz und Mobilität beim Kreis Siegen-Wittgenstein, jetzt im Wirtschaftsausschuss mit: Die Siegstrecke führt über rheinland-pfälzisches Gebiet. Für Einsätze außerhalb Nordrhein-Westfalens sei Eezy aber noch nicht einsetzbar. Eine Arbeitsgruppe mit dem Nachbar-Zweckverband arbeite daran.
Ruhr-Sieg-Strecke: Dort fahren noch bis Ende Januar die Züge der insolventen Abellio, danach soll DB Regio die beiden Linien übernehmen. Nach außen ändert sich womöglich nichts: Die Triebwagen sind geleast; die DB, die in der Region nur noch mit dem RE 9 und neuerdings mit dem Intercity unterwegs ist, steigt möglicherweise in die Verträge ein. Die RB 91(Hagen-Siegen) erreicht derzeit eine Pünktlichkeit 89,9 Prozent, der RE 16 (Essen-Siegen) von 90,9 Prozent. 1,31 Prozent der Fahrten der Regionalbahn und 1,13 Prozent der Fahrten des Regionalexpress fallen aus – abgesehen vom Schienensatzverkehr mit dem Bus zwischen Werdohl und Hagen seit der Hochwasserkatastrophe.
Dillstrecke: Die RB 95 (Siegen-Dillenburg) ist zu 93,7 Prozent pünktlich, Ausfallquote 0,78 Prozent, der RE 99 (Siegen-Frankfurt) zu 87,5 Prozent. Die Ausfallquote des Main-Sieg-Express liegt bei 0,53 Prozent; das ist in dieser Statistik einer von nur zwei „grünen“ Werten.
Hellertalbahn: Die RB 96 (Dillenburg-Betzdorf) ist mit 97,4 Prozent Pünktlichkeit und 0.36 Prozent Ausfällen die zuverlässigste Linie im ZWS-Gebiet.
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Busse: Im Jahresschnitt sind in Siegen 95,4 Prozent, in Weidenau 85,5 Prozent und in Kreuztal 87 Prozent der Busse pünktlich. „Die Tendenz geht allerdings stark nach unten“, stellt ZWS-Geschäftsführer Günter Padt fest: In Weidenau waren im November nur noch 77,8 Prozent der Busse pünktlich: „Wir wissen noch nicht so richtig, was da los ist.“ Eine Schwachstelle scheint der dichte Verkehr aus Richtung Netphen zu sein. In Kreuztal wurde im November der Tiefpunkt von 71,4 Prozent erreicht. Dort stehen die Busse in Eichen und zwischen Krombach und Littfeld in den Baustellen-Staus.
Ärger über den Nahverkehr Westfalen-Lippe
Als Dach-Zweckverband hat der NWL Zug um Zug die Zuständigkeit für den Bahn-Nahverkehr von der örtlichen Zweckverbänden übernommen. Seit Anfang 2020 wurde auch das Personal, das vor Ort für den Schienenpersonennahverkehr arbeitet, direkt dem NWL zugeordnet. Vor Ort, also auch beim ZWS, bleibt die Verantwortung für den Busverkehr.
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Anmerkungen des Wirtschaftsprüfers zum NWL-Jahresabschluss 2020 haben jetzt in der ZWS-Versammlung verärgerte Reaktionen ausgelöst. Eine „Verbesserung des Planungswesens“ empfiehlt der Prüfbericht, die „bisherige personelle Ausstattung in diesen Bereichen der kaufmännischen Verwaltung“ sei „nicht ausreichend.“ Auf dem Tisch lag allerdings auch der Entwurf eines Stellenplans für 2022, der eine Erweiterung von 99 auf 112 Stellen vorsieht. Und ein Nachtragshaushalt für 2021, in dem 150 Millionen Euro Rückzahlung nicht verwendeter Landesmittel verbucht werden – dem ZWS, der etwa 10 Prozent des Etatvolumens bestreitet, sind somit 15 Millionen Euro entgangen.
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