Siegen-Wittgenstein. Öffentlicher Nahverkehr wird für die öffentliche Hand teuer: Siegen-Wittgenstein richtet sich auf weitere 7,5 Millionen Euro pro Jahr ein.

Die Zahl ist auf dem Tisch: 7,5 Millionen Euro wird der Kreis Siegen-Wittgenstein im nächsten Jahr an die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) überweisen, damit die Busse weiter durchs Kreisgebiet fahren. Zusammen mit den 4,2 Millionen Euro für die Schülertickets, die der Kreis den Verkehrsunternehmen abkauft und kostenlos weitergibt, steigt die jährliche Subvention des öffentlichen Nahverkehrs damit auf die Summe von 11,7 Millionen Euro, die der Kreis selbst aufbringen muss.

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2018 haben die VWS die Konzessionen für alle Buslinien im Kreis bekommen: „Eigenwirtschaftlich“ sollten diese betrieben werden, so wie es die Fahrpläne des vom Kreistag beschlossenen Nahverkehrsplans vorgeben – die Kosten sollten durch die Fahrgeldeinnahmen gedeckt werden. Das hat spätestens seit dem Ausbruch der Pandemie nicht mehr funktioniert. Die Bezirksregierung hat die VWS von der Betriebspflicht entbunden. Seitdem fahren die Busse im Auftrag des Kreises, der dafür Geld aus dem Corona-Rettungsschirm weiterleitet. Diese „Notvergabe“ ist längstens bis 31. August 2022 möglich.

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Kreis Siegen-Wittgenstein will Zeit gewinnen

Wie der ÖPNV im Kreisgebiet langfristig aussehen soll, hat der Kreistag bisher nicht entschieden; Gutachter arbeiten an Vorschlägen. Für die nächsten Jahre soll nun der „Höchsttarif“ angewendet werden. Das, so die Vorlage der Verwaltung an den Ausschuss für Wirtschaft, Mobilität und Verkehrsinfrastruktur, werde „dem Kreistag die Zeit verschaffen, über die Optionen der langfristigen Gestaltung des ÖPNV zu beraten und zu entscheiden“.

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Konkret heißt das, dass die Differenz zwischen den Fahrgeldeinnahmen, die nach dem gültigen Tarif zu erzielen sind, und den Kosten „eines durchschnittlich gut geführten Unternehmens“ errechnet wird – diese Formel wird von der EU akzeptiert, ohne dass sie eine verbotene staatliche „Beihilfe“ unterstellt und dagegen vorgeht.

Keine Rückkehr zu Vor-Corona-Zeiten

Die Vorlage prüft auch Alternativen. Eine wäre die Rückkehr zum „eigenwirtschaftlichen“ Betrieb – den hält der Kreis nicht mehr für realistisch. Zum einen seien die Kosten seit 2019 weiter gestiegen, zum anderen seien im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit „nach wie vor eine geringere Nachfrage und damit auch geringere Erlöse zu verzeichnen“. Ohne den Höchsttarif, so die Annahme, würden sich die VWS „dauerhaft von der Betriebspflicht entbinden lassen“. Das heißt: Die Konzessionen würden zurückgegeben, der Kreis müsste sich in einer EU-weiten Ausschreibung ein Busunternehmen suchen, das er dann auch direkt bezahlt.

OVG könnte Linienkonzessionen endgültig kassieren

Im Raum steht nach wie vor auch ein Gerichtsverfahren: Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat die Vergabe der Linienkonzessionen im Linienbündel Mitte – dazu gehören Siegen, Kreuztal, Hilchenbach, Netphen und Freudenberg – aufgehoben: Die Anträge der VWS und ihres klagenden Mitbewerbers, eine Tochterfirma des Omnibusunternehmens Wiedenhoff aus Burscheid, seien beide nicht „genehmigungsfähig“ gewesen. Dagegen wiederum klagen Bezirksregierung, VWS und der Zweckverband Personennahverkehr (ZWS). Sollte das Oberverwaltungsgericht ihnen nicht Recht geben, müsste der Kreis die Linien ebenfalls EU-weit ausschreiben.

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