Siegen. Kein neues Wohngebiet in Siegen soll künftig ohne eigene Kita geplant werden. Das ist allerdings leichter gesagt als getan.

Siegen hat 71 Kitas – demnächst. Im nächsten Jahr kommen noch einmal 120 Plätze dazu. Damit ist in den Kitas ein Betreuungsangebot für alle über Dreijährigen (ü3) vorhanden. Für fast 44 Prozent der Kinder unter drei Jahren (u3) wird ein Angebot in Kitas oder in der Tagespflege bereit gestellt – weniger als die 50 Prozent, die angestrebt werden. Kinder unter einem Jahr werden seltener angemeldet. Für dieses Alter greifen die Elternzeitregelungen. Dagegen sind aber schon um die 60 Prozent der Zweijährigen in der Kita: „Die Eltern kommen früher, weil sie fürchten, dass sie später mit Dreijährigen keinen Platz bekommen“, berichtet Jugendamtsleiter Dr. Raimund Jung.

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„Wir wollen auch in Zukunft eine familienfreundliche Stadt sein“, verspricht Sozialdezernent Andree Schmidt: Allein in diesem Jahr bringt die Stadt fast 30 Millionen Euro für die Kinderbetreuung aus eigenen Mitteln auf, die Elternbeiträge sind niedriger als anderswo „Das Angebot schafft die Nachfrage“, weiß Kita-Planerin Judith Wagener: Wenn Eltern ein neues Angebot in erreichbarer Nähe bekommen, nutzen sie es – und wenn die Kita zu weit weg ist, verzichten sie. „Ziel sind weiter Angebote in Wohnortnähe“, sagt Andree Schmidt.

Das sind die neuen Kitas

Bereits zu Beginn des Jahres eröffnet wurde die neue Drei-Gruppen-Kita „Apfelkern“ des Christofferwerks am Sender auf dem Giersberg.

In der ehemaligen Hüttentalschule in Geisweid wird wohl nun im Frühjahr mit dem Umbau für die künftige DRK-Kita begonnen. Bis dahin werden die Räume für die Übergangslösung der neuen Kita Oase des Vereins für soziale Arbeit und Kultur (VAKS) gebraucht, die dann ihren Neubau auf dem Schießberg umziehen kann.

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In Eiserfeld wird neben dem Hallenbad eine neue Drei-Gruppen-Einrichtung entstehen; die Kommunale Entwicklungsgesellschaft (KEG) baut dort.

Inklusion

2019 gab es in den Kitas 77 „Integrationskinder“, inzwischen sind es 132. In den Lebensjahren bis zur Einschulung „gelingt Integration am besten“, sagt Kita-Planerin Judith Wagener. 49 Kitas in Siegen betreuen mittlerweile auch Kinder mit Behinderung, die heilpädagogische Gruppe mit acht Plätzen in Volnsberg wird aufgelöst.

Die Regel-Kitas, die Kinder mit Behinderung betreuen, dürfen kleinere Gruppen bilden – das tun sie derzeit nicht, weil diese Plätze dann fehlen. Sie haben auch Anspruch auf zusätzliches Personal – das aber auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.

Im August nächsten Jahres soll der Neubau der Kita Am Lohgraben auf dem ehemaligen Roland-Gelände fertig werden. Das Christofferwerk war mit seiner Drei-Gruppen-Kita bis 2018 in der Oranienstraße und ist dann in ein Provisorium bei der ehemaligen Realschule Am Häusling umgezogen. Die Rückkehr in die Oranienstraße, wo eigentlich „nur“ renoviert werden sollte, wurde aufgegeben, weil der Platz für das Haus der Musik der Philharmonie Südwestfalen gebraucht wurde. Am Lohgraben wird die Kapazität auf vier Gruppen erweitert.

Engpässe gibt es in Geisweid, weil dort verstärkt Familien zuziehen. In der Hüttenstraße wurde für zehn Kinder ein zusätzliches Betreuungsangebot geschaffen („Brückenprojekt“). Dort werden im künftigen Wohnquartier am Sportplatz in Geisweid vier Gruppen eingeplant und eine weitere Kita an der Wenschtstraße auf dem bisherigen Elih-Gelände.

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In der Tiergartenstraße auf dem Gelände des ehemaligen Kreiswehrersatzamts entstehen vier Gruppen; die Stadt wartet auf den Verkauf der Fläche durch die Bundesimmobilienanstalt.

Im Neubaugebiet Am Stein in Gosenbach werden zwei bis drei Gruppen eingeplant – später auch auf dem Wellersberg und dem Bürbacher Giersberg. „Wir werden bei den neuen Baugebieten die Kinderbetreuung grundsätzlich mitdenken“, sagt Sozialdezernent Andree Schmidt.

In Eisern wird auf dem alten Friedhof ab 2025 eine Vier- bis Fünf-Gruppen-Kita errichtet; 2024 läuft dort die Ruhefrist für das letzte Grab ab.

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Das macht Sorgen

„Der schönste Raum nutzt nichts, wenn da kein Personal arbeitet“, mahnt Jugendamtsleiter Dr. Raimund Jung. Schon jetzt seien Stellen in den Kitas und den Jugendtreffs nur schwer zu besetzen – die oft nur befristeten, schlecht bezahlten Stellen sind wenig attraktiv. Da brauche es Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexible Arbeitszeitmodelle, eine Bezahlung bereits während der Ausbildung. „Die, die das beeinflussen können, müssen jetzt Gas geben.“ Denn die Träger der Kitas konkurrieren ab 2026 mit den Grundschulen um das knappe Personal – dort gilt dann der neue Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Durch die Pandemie sei die Situation zusätzlich angespannt, viele Kräfte seien ausgefallen. „Was da geleistet wird, ist unglaublich. Das Personal versucht alles,, um handlungsfähig zu bleiben.“

Der Jugendhilfeausschuss berät am Donnerstag, 2. Dezember, ab 17 Uhr im Rathaus Geisweid über die Bedarfsplanung

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