Siegen. In Siegen gibt es Häuser, auf denen wegen einer Gestaltungssatzung keine Solarmodule angebracht werden dürfen.
Bevor die lokale Klimaschutzpolitik zu einem Schildbürgerstreich verkommen könnte, will die Stadt Siegen auf Antrag von CDU und SPD handeln – die Gestaltungssatzungen sollen, da wo es sie gibt, dahingehend geändert werden, dass Solaranlagen auf Dächern künftig möglich sind. Bislang verhindern die Regelwerke nämlich, dass sich in Siegen-Mitte, im Geisweider Wenscht und in Teilen von Eiserfeld Hauseigentümer Photovoltaik-Anlagen aufs Dach montieren. Der Optik wegen.
Drei Bereiche in Siegen sind betroffen
Die Zahl der konkreten Fälle in den drei Bereichen, in denen Hausbesitzer Photovoltaik auf ihren Dächern satzungsbedingt verboten wurde, lässt sich zwar an einer Hand abzählen, sagte Stadtbaurat Henrik Schumann im Rat auf Nachfrage von Samuel Wittenburg (Volt) – zwei im Wenscht –, aber es sei sehr sinnvoll, die Regelwerke hier auf Stand zu bringen. „Als die Gestaltungssatzungen entstanden, hatte das Thema Photovoltaik kaum jemand auf dem Schirm.“ Seinerzeit hatten die Module eine blau-glänzende Oberfläche, heute gebe es Modelle in matt schwarz, die „dachähnlich“ aussähen.
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Dabei sei es gerade hinsichtlich der denkmalgeschützten Häuser vorteilhaft, dass Siegener Dächer regionaltypisch dunkel gehalten sind. Im Münsterland, wo Dächer traditionell rot sind, habe man da wohl ganz andere Probleme. Dennoch müsse man das Denkmalamt des Landschaftsverbands beteiligen, sei aber optimistisch, dass das funktioniere und man das Thema zeitnah hinbekomme.
Maximal nutzen
Im Mai hat der Rat beschlossen, bei allen städtischen Neubauten und Dachsanierungen die „maximal" solar zu nutzen, „wo möglich in Kombination mit einer Dachbegrünung“.
Bei Bedarf soll ein Dienstleister die Anlage betreiben.
Gestaltungssatzungen werden bis 2023 geändert
Dort, wo es die technischen Voraussetzungen gebe, sollten Solaranlagen auf Dächern auch möglich sein, um vor Ort Erneuerbare Energie zu erzeugen: „Das sollte sich auch nicht lange hinziehen“, so Jürgen Schulz (Grüne), die mit einem Ergänzungsantrag aufs Tempo drückten: Bis 2023 sollen die Gestaltungssatzungen geändert sein, so die schließlich einstimmig beschlossene Zielsetzung. „Der Zeithorizont wird immer enger“, warnte Schulz. „Es kann eigentlich nicht wahr sein, dass eine Gestaltungssatzung gegen eine solche Maßnahme spricht“, wunderte sich Hans-Günter Bertelmann (UWG).
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Stadtbaurat Schumann warnte allerdings davor, bei den Änderungen auch noch allerlei andere Themen aufnehmen zu wollen und warb dafür, in den Gestaltungssatzungen ausschließlich das Thema Solaranlagen auf Dächern anzupassen. Gerade die Regelungen für die Innenstadt seien sehr umfangreich, „wenn wir uns auf diese Punkte fokussieren, sollten wir es bis 2023 schaffen.“ Dem schloss sich Bürgermeister Steffen Mues an: Immer wenn man Ausnahmen genehmige – die vermeintlich unbürokratische Anregung war zwischenzeitlich geäußert worden –, werde es schwer, auf die einmal verlassene Linie zurückzukehren, weil weiteren Abweichungen Tür und Tor geöffnet sei. „Besser wir regeln das klipp und klar.“
Gutachten „in keiner Weise brauchbar“
Neben den Modulen auf Dächern sind Module auf Freiflächen eine Möglichkeit, Photovoltaik zur Stromerzeugung zu nutzen. Die Stadt Siegen möchte das am Rothenberg bei Gosenbach tun. Dazu läuft derzeit die Umweltverträglichkeitsuntersuchung. Im Naturschutzbeirat des Kreises liegt dazu jetzt die Stellungnahme der Beiratsvorsitzenden Prof. Dr. Klaudia Witte vor, die die Artenschutzuntersuchung zurückweist: „Das Gutachten ist unseriös und ist für das Planungsvorhaben in keiner Weise brauchbar.“ Der Verfasser sei nur an einem Tag vor Ort gewesen, „absolut notwendig“ gewesen wäre aber eine Beobachtung des Zeitraums von April bis Ende August. Am 20. Mai 2021 sei zudem eine Vegetationsaufnahme nicht möglich gewesen – aufgrund der Witterungslage in diesem Frühjahr sei die Entwicklung der Vegetation etwa 10 bis 14 Tage hinter der normalen Entwicklung zurück geblieben.
„Aus vielerlei Hinsicht unseriös“ sei daher die Folgerung des Gutachters, der dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling komme dort nicht vor. Diese Schmetterlingsart hätte im Mai ohnehin noch nicht beobachtet werden können. Auch die Behauptung, es kämen keine geschützten Pflanzenarten vor, treffe nicht zu – am fraglichen Tag sei überhaupt keine Vegetationsaufnahme möglich gewesen. Schließlich seien die Fledermäuse nicht berücksichtigt worden: Dazu wären Beobachtungen in der Dämmerung oder nachts erforderlich gewesen.
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