Siegen. Es hätte ein Theaterstück werden sollen – nun entsteht in Siegen ein Hörspiel: „Der leere Raum“ wird ein Psychotrip mit überraschender Wendung.

Dafür, dass es im Endeffekt „nur“ etwas zu hören gibt, gibt es bei der Probe eine ganze Menge zu sehen. „Wenn Du eine Rolle verkörperst, verkörperst Du sie mit Körper und Stimme“, sagt Torben Föllmer. Der Schauspieler leitet ein Theater-Projekt mit jungen Menschen, an dessen Ende ein Hörspiel stehen wird. Auch für ihn ein neues Feld: „Ich bin ein totaler Theatermensch – oder Film.“

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„Wir sind auf Seite 34 unten: ,Darf ich ehrlich zu Ihnen sein?’“, gibt der 35-Jährige im Kleinen Theater Lyz die Anweisung. Zehn Leute im Alter zwischen 18 und 25 Jahren wirken im Projekt mit. Es hat sich aus einem „Noir“-Kurs des Vereins „Junges Theater Siegen“ entwickelt, in dem junge Erwachsene ans Schauspiel herangeführt werden. Es hätte ein Bühnenstück werden sollen, und irgendwann, so der feste Plan, wird „Der leere Raum“ auch noch als solches und live vor Publikum laufen. Zunächst aber hat sich die Truppe angesichts von Corona für eine Hörspielfassung entschieden. Die Pandemie mag Leute aus dem Theater fernhalten – aber Genuss für die Ohren kann sie nicht verderben.

„Der leere Raum“ hätte ein reines Theaterstück werden sollen. Wegen der Pandemie gibt es zunächst aber eine Hörspielfassung. Für die Proben macht das keinen großen Unterschied, weil die Rollen auf dieselbe Art erarbeitet werden.
„Der leere Raum“ hätte ein reines Theaterstück werden sollen. Wegen der Pandemie gibt es zunächst aber eine Hörspielfassung. Für die Proben macht das keinen großen Unterschied, weil die Rollen auf dieselbe Art erarbeitet werden. © Florian Adam / WP

Siegen: Das Hörspiel „Der leere Raum“ entstand aus Improvisationen

Die jungen Darstellerinnen und Darsteller nehmen ihre Positionen auf der Bühne ein. Die Szene spielt im Behandlungsraum einer Therapeutin. Zum Inhalt lässt sich nicht viel sagen, ohne direkt zu viel über den besonderen Kniff der Handlung zu verraten. „Es sollte etwas sehr Psychologisches werden“, sagt Torben Föllmer – das war der Wunsch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Über Improvisationen entwickelte die Gruppe Figuren und Szenen, auf dieser Grundlage schrieb der Projektleiter dann das Stück.

Neuer „Noir“-Kurs

Das Projekt „Der leere Raum“ wird mit Mitteln aus einem während der Coronakrise aufgelegten Stipendien-Programms des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert.

Seit etwas mehr als einem Monat gibt es außerdem einen neuen „Noir“-Kurs beim Jungen Theater Siegen, ebenfalls unter der Leitung von Torben Föllmer. Mitmachen können junge Erwachsene ab 18 Jahren. Gefördert wird das Angebot vom Jugendkulturfonds des Kreises Siegen-Wittgenstein und der NRW-Bank. Noch sind Plätze frei. Infos und Anmeldung: jungestheatersiegen.de

Psychologisch, soviel lässt sich festhalten, wird es. Für eine Therapiesitzung ist auf der Bühne erstaunlich viel los. Die Figuren sind, jede auf ihre Art, ein wenig (oder ein wenig mehr) überspannt – aber innerhalb der Handlung und ihrer Auflösung ist das absolut plausibel. „Ihr könnt Euch deutlicher angehen“, gibt Torben Föllmer nach einem ersten Durchlauf Rückmeldung. Und „grundsätzlich gilt, dass Ihr ein bisschen mehr Reaktion zeigen solltet als nur das, was Ihr an Text habt.“

Siegen: Hörspiel „Der leere Raum“ soll ab Februar als Download verfügbar sein

Wieso es für ein Hörspiel hilfreich ist, auch nonverbal in der Rolle aufzugehen? „Die Frage ist: Was ist das Rollenbild“, erklärt Torben Föllmer. Es geht um das Verständnis des Charakters; darum, ihn zu durchdringen, auszufüllen und glaubhaft zum Leben zu erwecken. „Dann ist es fast egal, ob das optisch oder akustisch passiert.“ Davon einmal abgesehen birgt das Genre aber doch einige Besonderheiten. Hörspiel sei nicht lediglich Theater für die Ohren. „Ich habe feststellen müssen: Ganz so einfach ist es nicht“, räumt der 35-Jährige ein. Allerdings hat er mit dem Musiker Jakob Rullhusen einen Projektpartner an der Seite, der sich perfekt auf Anforderungen an Tonaufnahmen und alle übrigen technischen Aspekte versteht. „Ich habe für ihn bei einem Streaming als Schauspieler mitgemacht – und er macht dafür bei mir als Techniker mit.“

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Termin für die Aufnahmen ist Mitte Januar. Dafür darf die Truppe ein Wochenende lang zwei Räume im Gemeindehaus der Martini-Gemeinde schräg gegenüber des Lyz’ nutzen: Einen mit Hall, einen mit guter Dämmung. Ob es Geräuscheffekte braucht, wird sich noch zeigen. Jedenfalls gibt es Musik von der Metal-Band „Battlecat“. Im Februar soll „Der leere Raum“ fertig sein und auf verschiedenen Portalen zum Download bereitstehen. Ob er weiterhin (auch) beim Hörspiel bleibt, kann Torben Föllmer noch nicht sagen. „Es ist ein spannendes Projekt, aber ich glaube, Theater liegt mir mehr. Aber wer weiß, was sich noch so ergibt?“

Torben Föllmer (vorne), ausgebildeter Schauspieler, leitete den Schauspielkurs, aus dem das Projekt „Der leere Raum“ hervorging. Er schrieb das Script und arbeitete dabei Beiträge der Darstellerinnen und Darsteller ein.
Torben Föllmer (vorne), ausgebildeter Schauspieler, leitete den Schauspielkurs, aus dem das Projekt „Der leere Raum“ hervorging. Er schrieb das Script und arbeitete dabei Beiträge der Darstellerinnen und Darsteller ein. © WP | Florian Adam

Lyz in Siegen: Improvisationen zum Ausklang der Hörspiel-Probe

Die Probe endet mit Improvisationen. Jeweils zu zweit gehen die Schauspielerinnen und Schauspieler auf die Bühne und sollen im Dialog Aufgaben lösen, die auf zufällig gezogenen Zetteln stehen – den anderen zu einer Entschuldigung bewegen etwa. Oder ihn oder sie über den gerade stattfindenden Weltuntergang unterrichten. Dabei sollen sie exakt in der Rolle bleiben, die sie in „Der leere Raum“ haben, und die „auf sehr unterschiedliche Arten an diese Aufgaben herangehen werden“, wie Torben Föllmer prognostiziert. Er hat Recht – und in manchen Konstellationen wird es ziemlich intensiv. „Nehmt die Energie des anderen auf“, rät er. „Und dann klettert das einfach hoch.“ Der Effekt ist zu sehen. Und zu hören.

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