Siegen. Landgericht Siegen verurteilt Vergewaltiger zu drei Jahren Haft. Der Mann habe narzisstische Züge: „Ihre Wünsche bedeuten ihm überhaupt nichts“.
Vor dem Urteil bekommt der Angeklagte noch eine Umarmung seiner aktuellen Lebensgefährtin. Danach hat er wenig Grund zur Freude. Drei Fälle der Vergewaltigung wurden ihm vorgeworfen. Für zwei Taten hat die Kammer aus ihrer Sicht genug Beweise gehört. Drei Jahre soll der 47-Jährige ins Gefängnis.
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Allerdings gibt es auch einen Freispruch. Der bezieht sich auf den ersten Punkt aus der Anklageschrift: Im Juni 2017 sollte der Mann seine damalige Freundin in der gemeinsamen Wohnung bedrängt und den Geschlechtsverkehr mit ihr erzwungen haben. Er selbst hatte seinen Frust über ihre damalige Unwilligkeit eingeräumt, letzteres aber bestritten. Rund um die Tat habe die Zeugin sich sehr gut erinnern können, zum eigentlichen Geschehen aber sehr wenig gesagt. Nicht genug, um zu einer Verurteilung zu kommen, stellt Richterin Elfriede Dreisbach fest.
Landgericht Siegen: Verurteilter versuchte, seiner Freundin seinen Willen aufzuzwingen
Insgesamt jedoch hat das Gericht die Betroffene als glaubwürdig eingestuft. Obgleich es auch Abweichungen bei den Schilderungen der anderen beiden Taten gegeben habe, sei die Frau im Kerngeschehen doch über die Jahre konstant geblieben. Zusätzlich habe die Kammer nach Bekanntwerden einer psychiatrischen Erkrankung ein Gutachten in Auftrag gegeben. „Sie ist aussagefähig, da gibt es nichts“, betont die Vorsitzende und verweist nebenher darauf, dass der Angeklagte die Vorfälle mit Ausnahme der sexuellen Komponente ganz ähnlich erzählt, in einem Brief und diversen Chats seine Grenzverletzungen auch selbst eingeräumt und versichert habe, dass gewisse Dinge künftig nicht mehr geschähen.
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Die Kammer ist folglich überzeugt, dass der Mann sein Opfer am 25. Dezember 2017 sowie im Sommer des Folgejahres jeweils gewürgt und zum Sex gezwungen hat. Elfriede Dreisbach beschreibt den nunmehr Verurteilten nach den Ergebnissen der nur teilweise öffentlichen Verhandlung als einen sehr vereinnahmenden Menschen, der sehr viel Zeit und Energie auf die Verfolgung eigener Wünsche und Ziele gesetzt und versucht habe, die Frau davon zu überzeugen, sich diese ebenfalls zu eigen zu machen. Zu ihrem Besten.
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Die Anzeige sei am Ende nur erfolgt, „weil er sie nicht in Ruhe gelassen hat, ihr Blumen ins Fenster geworden und sie gestalkt hat“. Die Zeugin hätte sicher einfachere Vorwürfe erfinden können, um ihn loszuwerden, findet die Vorsitzende, wenn deren Aussagen bezweifelt würden. Von diesem Prozess habe die Frau keinen Vorteil, „nur Ärger, Anfeindungen und Belastungen“.
Landgericht Siegen: „Ihr ihre Erniedrigung und Hilflosigkeit deutlich klargemacht“
Der Beschuldigte habe bisher ein recht normales Leben geführt, sei Vater von fünf Kindern und nicht vorbestraft. Das hätte bei den Beratungen durchaus die Frage nach der Möglichkeit einer geringeren Bestrafung aufgeworfen, weil insgesamt so wenig gegen den Mann spreche.
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Die Taten seien im unmittelbaren Schutzbereich des Opfers erfolgt: In ihrer Wohnung in seinem Haus, die durch ein beiderseitig vereinbartes „symbolisches Schloss“ gegen ihn gesichert worden sei; und dann auch in ihrer neuen Wohnung. Wenngleich der Mann da einen Schlüssel gehabt hätte, sei doch das Betreten ohne Klingeln und gegen ihren erkennbaren Willen schon Ausdruck seiner Einstellung, dass ihre Wünsche ihm überhaupt nichts bedeutet hätten. „Deutlicher hätte er ihr ihre Erniedrigung und Hilflosigkeit nicht klarmachen können“, sagt die Richterin. Außerdem sei der Regelfall der vollendeten Vergewaltigung gleich zweimal erfüllt. Damit sei eine Anwendung des normalen Strafrahmens zwingend gewesen.