Siegen. Mann aus Norddeutschland bedroht junges Paar in Siegen-Geisweid. Inzwischen ist er verhaftet – aber jetzt fehlt vor Gericht der Überfallene...
In manchen Verfahren läuft von Beginn an fast alles schief. Nachdem bereits am 31. August der Prozess gegen einen Mann aus Uetersen, Kreis Pinneberg, beginnen sollte und der es vorzog, dort zu bleiben, wurde er Ende September verhaftet. Dienstag, 26. Oktober, sitzt er vor der 1. Großen Strafkammer in Siegen – aber diesmal ist die nicht komplett.
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Die Schöffen werden gesucht und nach einiger Zeit auch gefunden – sie können nicht. Terminquerelen, einer sei gerade in Thüringen, die andere als Lehrerin in der Schule unabkömmlich. Ersatz trifft nach gut 90 Minuten im Gericht ein. Die Anklage kann verlesen werden.
Norddeutscher droht Siegener: 180 Euro oder Messerstich in die Stirn
Der Angeklagte, ein 22-jähriger Norddeutscher, soll am 31. Oktober 2020 mit einem unbekannten Komplizen in die Wohnung eines jungen Paars in Geisweid eingedrungen sein. Er habe den Zeugen ins Gesicht geschlagen, ihn aufgefordert, 180 Euro Schulden zu begleichen. Falls er das nicht tue, habe der Angeklagte ein Messer gezogen, es dem anderen an die Stirn gehalten und mit Zustechen gedroht. Der Mann ist mehrfach in Erscheinung getreten: Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Nötigung.
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Der Komplize, bestätigt auch die Besitzerin der Wohnung später, habe derweil ihre Wertsachen gestapelt – Playstation plus Spiele, Laptop, Spiegelreflexkamera. Der Angeklagte habe seine Nummer hinterlassen und die Sachen mitgenommen, auch die Handys.
Die Geschädigten fuhren zur Mutter des Bedrohten, versuchten vergeblich den Täter anzurufen. „Da wusste ich, meine Sachen sind weg“, sagt die Zeugin (20). Sie rief die Polizei. Zurückbekommen hat sie nichts: Der Angeklagte beschloss, die „Pfandgegenstände“ zu behalten. Ein Recht dazu gab es laut Anklage nicht.
Der Vater des Angeklagten verspricht: Bringe Sohn zum Prozess nach Siegen
Der Verteidiger erklärt, dass sein Mandant keine Angaben mache, vielleicht später. Jörn Menzel beantragt, die Haft aufzuheben: Der Vater ist aus dem Norden gekommen und verspricht, den Sohn beim nächsten Mal persönlich abzuliefern. Das verspricht auch der Angeklagte. „Wir können auch ohne Sie verhandeln und Sie verurteilen“, warnt Richterin Elfriede Dreisbach.
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Ein Polizeibeamter, extra aus Pinneberg angereist, hatte die Wohnung des Angeklagten durchsucht, aber keine Spur der mitgenommenen Dinge gefunden. Dafür aber gut zwei Kilo Marihuana. Und ein Klappmesser. Der Angeklagte habe im Bett gelegen und nichts sagen wollen. Zumindest sei es aber gelungen, „festzustellen, dass es der Richtige war, der da vor uns lag“.
Die Ex-Freundin des mutmaßlichen Opfers erkennt den Angeklagten als den Mann wieder, der ihren Partner bedroht und beschimpft habe. Er schulde ihm das Geld, vor Ort sei erst von 40 oder 80 Euro die Rede gewesen, aus der gemeinsamen Zeit in Hamburg vor zwei Jahren. Ihr Freund, von dem sie sich vor vier Wochen getrennt hat, habe ihr den Namen des Täters gesagt. Sie selbst kannte beide Männer nicht, die plötzlich in der unverschlossenen Wohnung standen und das Licht einschalteten. Sie beide hätten bereits im Bett gelegen.
Mutmaßlicher Täter soll jungen Siegener über Instagram nachher bedroht haben
Die junge Frau war danach in psychologischer Betreuung, wirkt immer noch mitgenommen. Sie habe damals gebeten, zumindest die Kamera behalten zu dürfen. „Er wurde sehr aggressiv“, sagt sie. Ihr Freund sei im Nachhinein vom Angeklagten bedroht worden, über Instagram. Er könne froh sein, nicht direkt umgebracht worden zu sein und darüber, dass er ihr nicht gezeigt habe, was ihr Freund für ein Dreckskerl sei“, habe sie dort gelesen.
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Ein Mitbewohner hatte die beiden Eindringlinge hereingelassen, dieser habe nichts Verdächtiges geahnt. Er beschreibt sie als „arabische Typen“ und ist sicher, dass der Angeklagte nicht dabei war.
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Der Überfallene kann nichts Erhellendes beitragen – er fehlt vor Gericht. Er habe ihr gesagt, lieber nicht kommen zu wollen, sagt seine Ex-Freundin. Er soll von der Polizei geholt werden, was nicht gelingt. Freitag, 5. November, geht es weiter, mit einem weiteren Vorführbefehl für den Abwesenden.