Siegen. Vor der 1. Großen Strafkammer in Siegen gibt es keine Einlassung seitens des Angeklagten. Der Überfallene mildert Bedrohung vor Gericht ab.
Fünf Jahre, drei Monate und zwei Wochen Gefängnis. Das ist die Strafe für den Überfall auf ein junges Paar in Siegen am Abend des 31. Oktober 2020. Die 1. Große Strafkammer hat die Aktion des 22-jährigen Angeklagten S. als besonders schweren Fall der räuberischen Erpressung gewertet, in Tateinheit mit einer vorsätzlichen Körperverletzung. Nach Überzeugung von Richterin Elfriede Dreisbach und ihren Kollegen hat der Norddeutsche zu Unrecht 180 Euro gefordert, das männliche Opfer mit einem Messer bedroht und ins Gesicht geschlagen. Eine Einlassung seinerseits gibt es nicht.
Richterin in Siegen: „Uns macht so was auch keinen Spaß“
„Uns macht so was auch keinen Spaß“, versichert die Vorsitzende dem sichtlich mitgenommenen Angeklagten nach der Verkündung der Entscheidung. Aber er habe mit seinem Tun die Voraussetzungen geschaffen, der Einsatz des Messers sei „das große Problem“, fügt sie an und hofft, dass der vorgeblich von ihm eingeschlagene Weg der Besserung auch seine Fortsetzung finde.
+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++
Der vor einer Woche abgetauchte Zeuge ist diesmal von selbst gekommen, hat bestätigt, von S. vor einem guten Jahr überfallen und erpresst worden zu sein. Im Gegensatz zu seiner Ex-Freundin ging seine Angst nicht so weit, „dass ich hier gleich umgebracht werden sollte“. Er zeigt sogar Verständnis für S., mit dem er in Norddeutschland eine Zeit gemeinsam gearbeitet hat, der ihm ein gutes Jahr zuvor „40 oder 50 Euro“ geliehen und dann habe warten müssen. Weil es ihm in der Folgezeit schlecht gegangen sei.
Anklagevertreterin in Siegen: Angeklagter hat große Rücksichtslosigkeit gezeigt
„Ich mochte ihn“, findet der Überfallene und begründet damit auch, dass er nicht direkt die Polizei verständigt oder um Hilfe gebeten habe. Nicht verstehen könne und konnte er allerdings, dass die Sachen seiner Freundin im Wert von gut 1000 Euro als Pfand mitgenommen wurden. Dass es sich um ihre Dinge handelte, will er damals auch deutlich gesagt haben. Ansonsten mildert er die Umstände auch seiner eigenen Bedrohung mit einem Messer vor dem Gesicht spürbar ab.
+++ Lesen Sie auch: Raubüberfall in Siegen: 180 Euro oder Messerstich in Stirn +++
Die Anklagevertreterin hat danach alle Vorwürfe erwiesen gefunden und sechs Jahre beantragt. S. habe sehr genau gewusst, dass die verlangten 180 Euro weit überzogen waren, durch sein Verhalten eine große Rücksichtslosigkeit gezeigt, sei vor allem auch in der Vergangenheit bereits durch ähnliche Taten aufgefallen. Da sei kein Raum für einen minderschweren Fall, der es erlaube, die Strafe unterhalb von fünf Jahren anzusetzen. Immerhin seien der Tat auch längere Planungen vorangegangen, die Fahrt nach Siegen und das Auskundschaften der Wohnung der Freundin. Auch die Mindeststrafe in dieser Höhe wäre aus ihrer Sicht zu wenig. Einbezogen wird mit zwei zusätzlichen Wochen noch ein Strafbefehl vom Sommer für Fahren ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung. S. war kurz nach der Siegener Tat in Norddeutschland ohne Versicherung und Führerschein in einem Auto mit falschen Kennzeichen unterwegs und erwischt worden.
+++ Lesen Sie auch: Acht Fragen und Antworten rund um das Radfahr-Video +++
Das Gericht findet, dass fünf Jahre und drei Monate angesichts aller Umstände ausreichen. Anwalt Menzel will nichts beschönigen, sieht aber die Aussage des Opfers als Anlass, seinen Mandanten weniger hart zu bestrafen. Der Zeuge habe Verständnis für die höhere Forderung gehabt. Sein Mandant wiederum sei aus Hamburg nach Siegen gekommen, was durchaus Kosten verursacht hätte. S. sei noch sehr jung und in der Vergangenheit auf falsche Wege geraten. Jetzt versuche er aber, sein Leben zu ändern.
+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++
+++Täglich wissen, was in Siegen und dem Siegerland passiert: Hier kostenlos für den Newsletter anmelden!+++