Hilchenbach. Aus dem Journalismus über den Film zurück zum gedruckten Wort: Zur Buchmesse legt der Hilchenbacher Frank Dommel seinen ersten Kriminalroman vor.
Ein Polizist schießt in einem Kaufhaus in München drei Terroristen nieder und fährt von da, ohne noch irgendein Gespräch über den Vorfall abzuwarten, nach Norwegen. Dort leben seine Ex-Frau, Tochter eines Möbelfabrikanten, die gemeinsame Tochter und die drogenabhängige Geliebte, für die Falk Sebastiani – so heißt der Polizist – seine Familie verlassen hat. Und dann ist da noch eine Familie, die über Russland aus Syrien geflüchtet ist. Ihre Wege treffen sich. Es fließt Blut. Menschen sterben. „Gott aus Stroh“ heißt Frank Dommels erster Kriminalroman, der zur Frankfurter Buchmesse in die Läden kommt.
Hilchenbach: Der Lebensweg des Hilchenbacher Autors Frank Dommel
Hilchenbacher ist Frank Dommel eigentlich nicht mehr. Er kam als Kind mit seiner Familie aus Düsseldorf nach Dahlbruch, ging in Hilchenbach zur Schule, lernte in Weidenau Kfz-Mechaniker, arbeitete für ein paar Jahre als freier Journalist für die Westfälische Rundschau in Kreuztal, ging dann, vor nun auch schon 27 Jahren, nach München.
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„Ich gucke, wo das Leben mich hinführt“, sagt der heute 57-Jährige, „München hat mich wegen seiner Medienlandschaft interessiert.“ Und lag auf dem Weg nach Garmisch-Partenkirchen, wo er Zivildienst gemacht hat.
Hilchenbacher Autor Frank Dommel: Vom Journalismus über Film bis hin zur Literatur
Frank Dommels Weg zu dem Krimi, bei dem es um Drogen und Erpressung, um persönliche Spurensuche und vor allem um Schuld geht, dauert ein paar Jahre. In München sucht er Kontakt zum Film. „Reportage hat mich immer mehr interessiert als die Nachricht.“ Und noch mehr als die Reportage, die nichts als das wahre Leben abbildet, die von Anfang bis Ende frei erfundene Geschichte. Er arbeitet als Produktionsfahrer, Hilfsbeleuchter, Standfotograf, Set-Aufnahmeassistent, in der Low-Budget-Produktion, deren Regisseur er kennen lernt, als der ihn als Kellner in einer Bar bedient, alles auf einmal.
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Der Neu-Münchner sammelt Kontakte, landet bei einem Filmproduzenten, für den er Drehbuch-Vorschläge lektoriert. Das heißt: vorgeschlagene Stoffe sichten, Exposés verfassen, die Geschichte verkaufsreif machen, bis sie ein Sender übernimmt und einen Drehbuchautor dransetzt. Im Laufe der Jahre gehen Fernsehfilme wie der Öko-Thriller „Gletscherblut“ über seinen Tisch, für Sat 1 „Die Hochzeitsverplaner“ mit Christoph M. Orth („Der wird sogar noch in Frankreich gesendet“), oder die „Tödliche Versuchung“, in der Julia Koschitz eine Bäuerin spielt, die ihren Mann betrügt, der wiederum den Lover um die Ecke bringt. „Eine düstere Geschichte“, sagt Frank Dommel.
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Natürlich hat er zwischendurch auch selbst geschrieben, ein Kurzfilm nach seinem Buch hat es immerhin schon in den Wettbewerb um den Max-Ophüls-Preis gebracht. Am Ende entscheidet er sich doch für das gedruckte Buch. Mit einem „Maximum an Freiheit", sagt er. „Bei Film und Fernsehen wird dir zu viel reingeredet.“ Viele Leute in verschiedenen Funktionen, die Bedenken haben. Oder Vorgesetzte. Oder beides. „Sehr angstgesteuert“ gingen die dann zuweilen vor, erzählt Frank Dommel. Allzu oft komme dann „gepflegte Langeweile“ heraus. Das ändere sich gerade, mit Netflix & Co. Aber nun ist er nicht mehr dabei.
Hilchenbacher Autor Frank Dommel: In jeder Figur ein Aspekt von Schuld
„Die Idee hatte ich schon vor vier bis fünf Jahren“, berichtet Frank Dommel über den „Gott aus Stroh". Nach und nach trägt er die Elemente zu seiner Geschichte zusammen: Das Flüchtlingsthema, mit dem er schon als Reporter in Kreuztal in Berührung kam, als er eine Familie auf dem Weg heraus aus dem Bürgerkrieg auf dem Balkan begleitete. Der Syrien-Krieg und die Prozesse gegen Flüchtlinge, die als Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes enttarnt werden. Nordnorwegen als Schauplatz? „Da habe ich schon mal als Jugendlicher ein Dreivierteljahr verbracht.“
Das Buch
Frank Dommel, Gott aus Stroh, Kriminalroman, 432 Seiten. 14 Euro. Erschienen bei Grafit in der Emons Verlag GmbH. Auch als E-Book.
Schließlich die Figuren: „In jeder Figur ist ein Aspekt von Schuld.“ Bei Falk, dem Titelhelden, persönlich wie beruflich. Haidar, der Geheimdienstmann, der Frau und Tochter bei einem Verkehrsunfall verlieren wird, ist vielleicht nur ein Mitläufer, bietet Frank Dommel an: „Leute, die vielleicht mal Idealisten waren und die Kurve nicht gekriegt haben.“ Liv, die Geliebte, und Hannah, die gerade 18-jährige Tochter: „Sie lassen im Grunde die Männer für das zahlen, was sie erleiden mussten.“ Schwarz und Weiß gibt es im „Gott aus Stroh“ nicht, eher ganz viel Grau. Aber scharf gezeichnete Interieurs, Landschaften, Menschen. Da ist dann doch noch ein bisschen Film.
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Die Details holt der Autor schon mit ein bisschen Anstrengung aus dem Gedächtnis. Das Buch ist schließlich schon seit einem Jahr fertig. Eine Agentin finden, die wiederum muss einen Verlag suchen: „Große Verlage sind bei einer Erstlingsgeschichte vorsichtig.“ Frank Dommel landet bei grafit in Köln. Lektorat in drei Durchgängen, damit auch alle Anschlüsse und Verknüpfungen stimmen – das Auto eben da abfährt, wo es 50 Seiten vorher geparkt worden ist, und nicht woanders, zum Beispiel. Schließlich das Korrektorat, von wegen Buchstaben und Kommas in der richtigen Reihenfolge. Ein bisschen Diskussion über das Genre: „Das Leben ist kein Genrestück, wenn man es in seiner Vielschichtigkeit abbilden will.“ Aber im Buchladen haben die Regale nun einmal Überschriften.
Hilchenbach: Was macht der Autor Frank Dommel gerade?
Was er gerade macht? Frank Dommel arbeitet an einem Öko-Thriller mit weiblicher Hauptrolle. Und an einer natürlich frei erfundenen Reiseerzählung, die er großzügig mit eigenen Impressionen von seinen viereinhalb Monaten Wanderung auf dem Pacific Crest Trail speisen wird. Ach ja. Haidar, der Syrer aus dem „Gott aus Stroh“? „Den lasse ich einfach verschwinden.“ Schriftsteller dürfen das.