Siegen. Lisa Neumann aus Siegen entsorgt Bioabfälle in einer Würmerkiste: Die Tiere wandeln den Unrat in Humus um, in dem Pflanzen prächtig gedeihen.

Bei Lisa Neumanns Küchenabfällen ist der Wurm drin. Genau deshalb funktioniert die Sache mit der nachhaltigen Entsorgung bei ihr mustergültig. Ihre Küchenabfälle packt sie in eine sogenannten Würmerkiste – und die kleinen Tiere wandeln die Sachen in erstklassigen Humus um.

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Der Gedanke, dass die Mülltonne zum Leben erwacht, löst bei den meisten Leuten mehr oder minder ausgeprägten Ekel mit Tendenz zum Schauer aus – wenn es nämlich unerwünschterweise passiert. Bei Lisa Neumann ist der Fall völlig anders gelagert, denn sie weiß genau, was sie tut. Und wieso. Es ist gewissermaßen eine Win-Win-Situation: Die Würmer ernähren sich von dem, was Lisa Neumann in die Kiste packt, und sind dabei vor Fressfeinden geschützt. Und Lisa Neumann bekommt im Gegenzug den perfekten Humus.

Siegen: Die Würmerkiste riecht deutlich besser als eine durchschnittliche Biotonne

In der wärmeren Zeit des Jahres steht die Kiste auf dem Balkon, in der kälteren in der Küche. Unterhalb von 10 Grad Celsius stellen die Tiere nämlich das Fressen ein, rollen sich ein und überwintern so; aber sie sollen natürlich im Winter weiter ihren Job machen.

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Auf die Würmerbande vor oder in der Wohnung reagieren Leute, denen die junge Frau davon erzählt, recht unterschiedlich. „Manche finden das prima. Andere finden das merkwürdig.“ Wobei sich einige überzeugen lassen, wenn sie sich näher damit auseinandersetzen. Zunächst einmal ist die Kiste natürlich „ausbruchsicher“. Vor allem aber, und das überrascht Laien, ist sie geruchlich problemlos. Anders, als man es von Biomüll insbesondere aus den Sommermonaten kennt, stinkt es aus der Würmerkiste nämlich nicht; das einzige, was entströmt, ist ein leichter, keineswegs unangenehmer Geruch nach frischer, feuchter Erde.

Siegen: Biomüll in der Würmerkiste – ein natürlicher Kreislauf

Lisa Neumann wurde unter anderem über den Messengerdienst Telegram auf das Thema aufmerksam: „Ich bin dort in verschiedenen Gruppen, die sich auch mit Nachhaltigkeit befassen“ – und dort kamen die Würmerkisten zur Sprache. Sie informierte sich online weiter, unter anderem auf Youtube – „Es gibt ganze Kanäle, die sich nur mit Wurmfarmen beschäftigen“ – und legte ihre erste Kiste an.

Kompost-Expertin

Auch mit Komposthaufen kennt Lisa Neumann sich aus: Sie hat selbst welche im Garten – und kümmert sich zusätzlich um den Komposthaufen im Gemeinschaftsgarten des Heimatvereins Achenbach.

Ressentiments gegen die kriechenden Helferlein hatte sie nicht. „Ich bin so ein Naturtyp“, betont sie. „Ich interessiere mich für Insekten und habe keine Berührungsängste.“ Das gilt auch für andere Bewohnerinnen und Bewohner, die sich in den Boxen ansiedeln, etwa Schnecken: „Es ist ein lebendes Biosystem. Da ist was los!“ Der Kreislauf, den sie so aus erste Hand beobachten und nachvollziehen kann, fasziniert sie: „Gemüse wird zu Erde, daraus wird wieder Gemüse.“

Siegener Expertin gibt Tipps zur Einrichtung einer Würmerkiste

Damit alles funktioniert, sind ein paar Dinge zu beachten. Es ist, wie Lisa Neumann erklärt, nicht damit getan, in irgendeinem Behälter Würmer auszusetzen und dann einfach alles reinzudonnern, was sich nicht wehrt. Damit es gelingt – hier die Basics in der Übersicht:

Die Kiste sollte aus unbehandeltem Holz gebaut sein. Für einen Singlehaushalt sollte eine Größe von 40 mal 40 mal 30 Zentimetern reichen. Das unbehandelte Holz ist atmungsaktiv, beim Öffnen wird der Inhalt zusätzlich jedes Mal gelüftet. Eine Plastikkiste „ist suboptimal, geht aber auch“, sagt Lisa Neumann. Dann sind allerdings Luftlöcher erforderlich, die mit Fliegengittern verschlossen werden.

Die Würmerkiste steht, solange es die Temperaturen zulassen, auf dem Balkon. Wenn Lisa Neumann darauf sitzt, gesellt sich auch Katze Perle dazu – selbst der reinliche Stubentiger nimmt an der Kiste keinen Anstoß.
Die Würmerkiste steht, solange es die Temperaturen zulassen, auf dem Balkon. Wenn Lisa Neumann darauf sitzt, gesellt sich auch Katze Perle dazu – selbst der reinliche Stubentiger nimmt an der Kiste keinen Anstoß. © WP | Florian Adam

Die Würmer – mit dem passenden Namen „Kompost-“ oder „Mistwürmer“ – lassen sich online bestellen. Es gibt sie aber beispielsweise auch im Angelshop. Für ein halbes Kilo werden etwa 30 bis 35 Euro fällig. Die Population „verdoppelt sich alle drei Monate, wenn es gut läuft“, sagt Lisa Neumann. „Die sind echt pflegeleicht.“

Die Anfangsfüllung der Kiste kann aus Blumen- und Kokoserde bestehen, dazu kommen etwa 20 Prozent zerkleinerte Pappe und Papier. Der Inhalt sollte mit einem Stück Sackleinen oder einem Eierkarton abgedeckt werden.

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Nicht alle Bioabfälle dürfen rein: „Fleisch, Milchprodukte und Brot gehören nicht in die Würmerkiste“, erklärt Lisa Neumann. Einerseits soll nichts im Inneren landen, das Ratten anzieht, andererseits soll vermieden werden, dass etwas zu schimmeln beginnt. „Grünes und braunes Zeug“, formuliert die Fachfrau salopp – und sehr plastisch – was für die Kiste geeignet ist.

Zu groß sollten die Reste auch nicht sein. „Der Wurm hat keine Zähne“, sagt Lisa Neumann. Was in die Kiste gepackt wird, sollte deshalb schon leicht angegammelt, vor allem aber kleingeschnitten sein, damit die Tiere damit zurechtkommen. „Ganze Melonen sind schlecht“, scherzt Lisa Neumann. Und: „Zu viel reinwerfen ist ein Fehler.“ Und die Sachen sollten etwas im Kistenbesatz eingegraben werden – das hält Fliegen fern.

Gemörserter Eierschalen oder Kieselgur können hinzugeben werden. Manche Nutzerinnen und Nutzer messen auch Temperatur und PH-Wert in der Kiste. Es geht aber auch anders, wie Lisa Neumann unterstreicht: „Ich bin ja für Anfassen und riechen“, um gelegentlich zu kontrollieren, ob alles wie gewünscht läuft. Was sie außerdem noch empfiehlt: Hin und wieder ein oder zwei Stöße aus dem Wassersprüher.

Würmerkiste: Am Anfang ist etwas Geduld gefragt – aber dann stellen sich Erfolge ein

„Man muss am Anfang etwas Geduld haben“, räumt die Siegenerin ein. Bis zur ersten „Ernte“ sei mit drei bis vier Monaten zu rechnen. An sich aber gehe es schnell: Von einer kleingeschnittenen Gurke etwa sei nach rund einer Woche schon nichts mehr zu sehen. Der fertige Humus lasse sich mit normaler Erde mischen, aber auch pur anwenden. „Darum geht es mir hauptsächlich“, sagt Lisa Neumann. „Alle schwärmten so vom Wurmhumus….“ Sie selbst mittlerweile auch: Diverse Zimmerpflanzen hätte sie damit bereits versorgt – und die Erfolge seien unübersehbar.

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