Siegen. Zur Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit im Siegener Gläsersaal berichtet Petra Pansch, wie sie „vom Ossi zum Wessi“ wurde.

Siegens Bürgermeister Steffen Mues kann zufrieden auf die gut gefüllten Reihen der auf Abstand positionierten Stühle im Gläsersaal der Siegerlandhalle blicken. Und auch die Zahl der Ehrengäste kann sich sehen lassen. Erstmals dabei: Laura Kraft, die frischgebackene Bundestagsabgeordnete der Grünen. Steffen Mues: „Sie unterstreichen damit einmal mehr, dass Sie nicht gleichgültig sind, die Vergangenheit nicht ruhen lassen… Geschichte muss lebendig bleiben, unbequem, manchmal auch schmerzhaft.“

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Der Ausreiseantrag und seine Folgen

Für diese Lebendigkeit steht der Vortrag der Hauptrednerin des Vormittags, der Autorin und Journalistin Petra Pansch, die aus ihrem Buch „Vom Ossi zum Wessi“ vorliest. Aufgewachsen in Meißen, im Lokaljournalismus beschäftigt, mit Haus, Auto und Kind eher der DDR-Mittelschicht angehörend, stellt sie 1982 einen Antrag auf Ausreise in die Bundesrepublik. Statt einer Antwort erlebt sie Überwachung und andere Schikanen der staatlichen Behörden einschließlich der Vorladung zu einem Verhör.

Erst als sich Petra Pansch direkt an den Ministerrat der DDR wendet, kommt eine staatliche Reaktion und Bewegung in die Sache: Einladung zu einem erneuten Gespräch mit dem späteren Ergebnis: „Wir dürfen raus!“ Ende März dann die Ausreise: Doch vorher der Verlust der Staatsbürgerschaft, Auflösung der Wohnung und Verkauf des Besitzes. Frankfurt am Main ist das Zwischenziel der Bahnfahrt, bevor es zum Aufnahmelager Gießen geht. Ihre neue Heimat findet Familie Pansch dann in Neuwied.

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Bananen und Flieder im März

Doch manches im Bericht der Autorin gerät dann doch etwas klischeehaft: Das Triste und Graue des Ostens setzt sie allzu oft in den Gegensatz zur Buntheit des Westens „Bananen und Flieder im März am Frankfurter Hauptbahnhof“ scheinen sie besonders beeindruckt zu haben. Vorher muss sie noch die unruhige Fahrt über die Schienen in der DDR erwähnen, die sofort nach dem Passieren der Grenze in glattes Dahingleiten des Zuges übergeht. Auch die hessische Landschaft ist sanft und lieblich; dass Thüringen mindestens ebenso schön ist, sagt sie nicht.

Wenn sie über 1989, kurz vor dem Fall der Mauer, über ihren ersten Besuch in der alten Heimat berichtet und natürlich wieder die holprigen Autobahnen und die schwarzen Lederjacken der DDR-Grenzer erwähnt, während im Westen alle Menschen freundlich und aufgeschlossen sind, erscheint das doch des Guten zu viel. Aber auch verständlich: Diese Erfahrungen hat sie, die meisten Besucher der Feierstunde haben sie aber nicht.

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Großartige Musik

Beeindruckende musikalische Erfahrungen dürfen die Besucher der Feierstunde machen: Gleich zwei Mal präsentiert Peter Kilian am gut gestimmten Flügel des Gläsersaals Rhapsodien von Johannes Brahms und zeigt sein großartiges Talent. Noch dazu: Er spielt diese anspruchsvollen Stück völlig auswendig. Und auch Elisa Kiess auf der Oboe und Clara Löbbecke am Klavier zeigen, welche hervorragende Ausbildung junge Musiker an der Siegener Fritz-Busch-Musikschule erhalten. Siegen kann sich glücklich schätzen, neben dem Apollo mit dem Gläsersaal einen Raum mit exzellenter Akustik zu haben.

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